Die Fragestunden zum NSA-Skandal verliefen für die Parlamentarier der Linken enttäuschend. Nun haken sie mit weiteren Vorstössen nach. Ihr Ziel ist es, den Druck auf Verteidigungsminister Ueli Maurer zu erhöhen. Dessen Position zur aktuellen Debatte soll – dem Vernehmen nach – auch im Gesamtbundesrat nicht besonders gut ankommen.
Zweite Fragestunde zu den Beziehungen zwischen dem Schweizer Nachrichtendienst NDB und den amerikanischen Spionen vom NSA, zweiter Misserfolg für die Linken und Grünen. Weder beantwortete Verteidigungsminister Ueli Maurer die Fragen direkt (er war in New York), noch hatten die schriftlichen Antworten genug Gehalt, um die Fragesteller zufrieden zu stellen.
Die Fragen von Balthasar Glättli (Grüne, ZH) nach der Zusammenarbeit zwischen den Geheimdiensten und der Aufsicht über die nachrichtendienstlichen Tätigkeiten beantwortete Maurer in seiner schriftlichen Stellungnahme zweimal mit folgendem Satz: «Die Dokumente und allfällige Beschlüsse zu diesem Geschäft sind klassifiziert.» Will heissen geheim. Glättli will das nicht hinnehmen. Es gelte nun mit aller Macht die «Stasimentalität» im Bundesrat und bei den Geheimdiensten zu brechen. «In einem Rechtsstaat bestimmt nicht der Geheimdienst, was das Parlament kontrollieren darf.»
Alles geheim
Der Verteidigungsminister beruft sich in der Überwachungsaffäre auf drei Argumente: Die Geheimhaltung, die Kontrolltätigkeit und damit die Verantwortung der Geschäftsprüfungsdelegation GPDel (die Kommission sieht das etwas anders) und am wichtigsten: Es gebe gar keinen Austausch zwischen den beiden Diensten. Was der NDB bereits der «Schweiz am Sonntag» mitgeteilt hatte, ist nun auch in den Antworten des Verteidigungsdepartements zu lesen: «Die NSA tauscht nach Kenntnis des Nachrichtendienst des Bundes nur Daten mit Institutionen aus, mit welchen sie ein spezielles Abkommen abgeschlossen hat. Der Nachrichtendienst des Bundes gehört nicht dazu», hiess es auf die Frage von Susanne Leutenegger Oberholzer (SP, BL), die eine Suspendierung der Beziehungen der beiden Dienste fordert.
Eine Suspendierung, die laut Bundesrat gar nicht nötig ist (weil man ja nicht miteinander arbeitet) und eine Suspendierung, die darüber hinaus (hier wird die Argumentation etwas wacklig) auch nicht sinnvoll sei: «Soweit gegenseitige Interessen, namentlich im Bereich der Terrorabwehr und der Nonproliferation vorliegen, erachtet der Bundesrat es nicht als sinnvoll, eine Zusammenarbeit mit einem ausländischen Partnerdienst grundsätzlich zu suspendieren.»
Krach im Bundesrat
Nun ja, deutlich ist anders. Für Leutenegger Oberholzer ist es schleierhaft, warum sich Ueli Maurer beim Thema Überwachung derart ziert. Anscheinend ist das eine Haltung, die auch im Gesamtbundesrat selber für Diskussionen sorgt. So heisst es in der Wandelhalle, dass die Bundesratssitzung vom vergangenen Freitag, in deren Nachgang sich Sprecher André Simonazzi im Namen der Regierung erstmals zum Snowden-Skandal äusserte, ziemlich turbulent verlaufen sei. «Der Gesamtbundesrat war mit der mangelnden Tiefe von Maurers Antworten nicht zufrieden», erzählt man sich im Bundeshaus.
Nach den eher ernüchternden Resultaten der Fragestunde wollen die Fraktionen der Grünen und der SP nun per Motion nachhaken. In beiden geplanten Vorstössen wird eine Sistierung der Zusammenarbeit zwischen NSA und NDB gefordert. Zudem will Glättli eine ganze Reihe möglichst präziser Fragen nachreichen – «Wir müssen die Hoheit über dieses Thema gewinnen.»
«Maurer ist ein Opportunist»
Die zusätzlichen Fragen und Vorstösse richten sich in erster Linie direkt an Ueli Maurer, den die Vertreter der Linken und Grünen als Hauptverantwortlichen für die mangelnde Transparenz sehen.
Der Maurer schlängle sich halt immer überall irgendwie durch, sagt Leutenegger. Und er warte immer auf den letzten Moment, um etwas zu entscheiden. «Ein typischer Opportunist, bei dem man nie weiss, woran man ist.» Das gelte beileibe nicht nur für Geheimdienstaffären, sagt Leutenegger: «Die Gemeinde Muttenz hat Maurer vor Urzeiten für eine 1. August-Ansprache angefragt. Auf eine Antwort warten die Muttenzer noch heute. Das ist typisch Maurer.»
Eine Antwort vom Montag war erstaunlich deutlich: Die SWIFT, die den internationalen Zahlungsverkehr regelt, sei nicht von einer Geheimdienstattacke betroffen gewesen. In der Antwort auf eine Frage von Susanne Leutenegger Oberholzer heisst es: «Die Swift hat bisher keine Hinweise auf eine Kompromittierung ihres geschützten Datennetzes gefunden. Einzelne Berichte lassen den möglichen Schluss zu, dass der behauptete Datenabfluss nicht über einen Angriff auf das geschützte Datennetz der Swift erfolgt ist, sondern indirekt über eine Infiltration der Bankennetzwerke.» Mehr zum Thema gibt es bei Heise.de zu lesen.