Ueli Maurers erster Flugversuch im Bundesrat

Heute Mittwoch startet Verteidigungsminister Ueli Maurer die erste Debatte über das neue Kampfflugzeug im Bundesrat. Im Vorfeld gab es erhebliche Störmanöver. Ob jetzt schon ein Entscheid fällt, ist unklar.

Ueli Maurer redet zwar gerne über seine Kampfjets, setzt sich selbst aber nicht gerne in ein Flugzeug. (Bild: Keystone)

Heute Mittwoch startet Verteidigungsminister Ueli Maurer die erste Debatte über das neue Kampfflugzeug im Bundesrat. Im Vorfeld gab es erhebliche Störmanöver. Ob jetzt schon ein Entscheid fällt, ist unklar

Inoffiziell steht heute Mittwoch das Thema «TTE» auf der Traktandenliste der Bundesratssitzung. «TTE» heisst «Tiger-Teil-Ersatz». Es geht um die Beschaffung eines neuen Kampfflugzeugs, das in der Schweizer Luftwaffe den veralteten aber durchaus noch brauchbaren Schönwetter-Jäger Tiger F-5 ersetzen soll, von dem die Schweiz jetzt noch 54 Stück besitzt.

Das Parlament hat beschlossen, ab 2013 die Ausgaben für die gesamte Armee bei maximal 5 Milliarden im Jahr zu plafonieren. Mit diesem Geld müsse dann auch der neue Kampfjet finanziert werden. Wann genau, lässt der Beschluss offen. Der langen Beschaffungsfristen wegen, möchte der Schweizer Verteidigungsminister Ueli Maurer (SVP) den Gesamtbundesrat jedoch jetzt schon für einen Flugzeug-Typ votieren lassen. Zur Auswahl stehen die drei Modelle Eurofighter von EADS, Rafale von der Französischen Waffenschmiede Dassault und Gripen von Saab aus Schweden.

Die Schweizer Kampfpiloten sind Feuer und Flamme für den Rafale. Denn: Bezüglich Flugeigenschaften, Kampfkraft und Ausrüstung ist es das beste der drei Flugzeuge. Aber mit über 100 Millionen Euro pro System auch das teuerste. Schon weniger leistungsstark – aber immer noch gut und mit ebenfalls fast 100 Millionen auch ziemlich teuer wäre der Eurofighter. Leistungsmässig fällt der Gripen dagegen eher ab. Dafür gilt er mit maximal 70 Millionen Systempreis als veritables Schnäppchen. Alle drei Modelle würden die Anforderungen der neutralen Schweiz problemlos erfüllen.

Kampfpiloten fürchten Gripen

Doch so wie der Bundesratsbeschluss für den Rafale ein wunderbares Weihnachtsgeschenk für die Piloten der Luftwaffe wäre, würde sie der Typenentscheid für den Gripen arg enttäuschen. Sie fürchten nämlich, dass sie mit diesem Flugzeug in der «International Fighter-Pilots-Community» nicht mehr zur allerersten Garde zählen würden, wie jetzt noch mit dem US-Jäger F/A-18 Hornet – oder künftig mit dem Rafale oder dem Eurofighter. Neben Schweden haben bisher vorab Länder wie Südafrika, Ungarn oder Tschechien den Günstigflieger Gripen aus Schweden beschafft.

In den letzten Tagen kam es darum zu Störmanövern gegen den ungeliebten Schweden-Jet: Bisher geheime Testberichte wurden der «Basler Zeitung» zugespielt, die zeigen sollten, dass der Gripen den Schweizer Anforderungen nicht genügen würde. Zuvor hatte die Westschweizer Zeitung «Le Temps» vorgerechnet, dass gerade der Gripen seiner tiefen Kosten wegen im Bundesrat gute Chancen haben könnte. Die Landesregierung hat nämlich auch die knappen Bundesfinanzen im Auge, und sie misst dem neuen Kampfjet nicht oberste Priorität bei.

Ruag und Maurer wollen Gripen

Kommt hinzu, dass die bundeseigene Waffenschmiede Ruag mit ihrem Flugzeugwerk in Emmen vom Entscheid für den Gripen profitieren würde. Ruag arbeitet jetzt schon mit den Schweden zusammen. Emmen könnte über die starke Beteiligung am Bau der 22 Maschinen für die Schweizer Luftwaffe sogar zu einer permanenten Basis für Wartung und Nachrüstung der gesamten Gripen-Flotte in Europa werden.

Das alles soll vorab Verteidigungsminister Ueli Maurer selber vom Gripen überzeugt haben. Er hat schon mal vorgerechnet, dass der neue Flieger so oder so jedes Jahr fast 300 Millionen Betriebskosten verursachen würde. Geld, das er mit jedem Jahr Verzögerung der Milliarden-Beschaffung sparen kann. Auf ein Luxusprodukt wird er erst recht verzichten wollen.

Piloten wollen wieder Bomben werfen

Nicht verzichten möchte Maurer hingegen auf die Bomberkapazität des neuen Flugzeugs. Das ist neu. Der F/A-18, der bei der US-Marine als Jagd-Bomber (Fighter/Attacker) im Einsatz steht, wurde von der Schweiz nur als Aufklärer und Abfangjäger beschafft. Auf die teure Erdkampf-Kapazität wurde damals bewusst verzichtet. Für die Verteidigung eines neutralen Landes erschien ein Bomber wenig sinnvoll.

Inzwischen gibt es aber starke Kräfte im Militär- (VBS) und im Aussenministerium (EDA) in Bern, die meinen, auch die Schweiz werde in der internationalen Kooperation der Staatengemeinschaft bei humanitären Einsätzen zur Friedensförderung auch mit Kampfflugzeugen teilnehmen. Die Schweizer Piloten haben zudem die schmerzliche Erfahrung machen müssen, dass fast alle kooperativen Luftwaffenübungen im Rahmen der Nato-Partnerschaft auch Erdkampf-Element mit Angriffen auf Bodenziele enthalten. Da mussten sie mit ihren F/A-18 passen. Eines ihrer wichtigsten Ziele mit dem neuen Kampfflugzeug heisst darum: «Wiederaufbau der Erdkampffähigkeit.»

Volk soll abstimmen können

Offen ist nicht nur der Entscheid über die Bombenfähigkeit, offen ist auch die Finanzierung. Denn das Volk soll indirekt über den Kauf der Kampfjets, die bis zu 4 Milliarden kosten könnten, abstimmen dürfen: Mehrere Bundesräte möchte die Finanzierung des TTE und entsprechende Einsparungen bei anderen Bundesaufgaben in einen referendumsfähigen Finanzbeschluss packen. Das Parlament hatte dies im Herbst noch abgelehnt.  

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