Am nächsten Dienstag besucht der israelische Aussenminister Avigdor Lieberman (53) in Bern Bundesrat Didier Burkhalter. Das gibt Streit: Lieberman gilt als Extremist, der in wenigen Hauptstädten willkommen ist.
Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) gibt sich auf Nachfrage wortkarg: «Das ist nur ein kurzes Treffen», sagt der offizielle EDA-Sprecher, Jean-Marc Crevoisier. Er betont: «Wir wollen mit allen Seiten gute Kontakte pflegen.»
Auch mit dem israelischen Aussenminister Avigdor Lieberman, der seinen Schweizer Amtskollegen Didier Burkhalter am nächsten Dienstag in Bern besuchen kommt. In den meisten anderen Hauptstädten weltweit ist der Mann kein gern gesehener Gast. Internationale Beobachter stellen gar fest: Seit Lieberman Aussenminister sei, müsse Israels Premier Benyamin Netanyahu «die Aussenpolitik des Landes grösstenteils selber machen.»
Ethnische Säuberungen
Der Grund dafür: Lieberman vertritt derart extreme Positionen, dass er sogar in Israel selber mitunter als Rassist und Faschist bezeichnet wird. Er verlangte etwa ethnische Säuberungen: Arabische Staatsbürger Israels möchte er im grossen Stil deportiert sehen. Ihre Abgeordneten im israelischen Parlament Knesset möchte Lieberman vor Gericht stellen. Gerichtsverfahren drohen ihm inzwischen jedoch selber: Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln gegen Lieberman wegen Verdachts auf Korruption in Millionen-Höhe.
Doch der Mann, der aus Moldawien stammt und ostentativ in einer illegalen Siedlung südlich von Jerusalem wohnt, bleibt Aussenminister Israels. Der Grund: Liebermans rechtsextreme Partei «Israel Beitanu (Israel unser Zuhause)», die er präsidiert, hat inzwischen in der Knesset 15 Sitze. Ohne sie verliert Netanyahu schnell seine Mehrheit.
Politiker protestieren…
Die extremen Ansichten und Forderungen Liebermans haben aber auch in Europa für Aufsehen gesorgt. «Dass ein solcher Extremist in Bern empfangen wird, ist skandalös», ärgert sich denn auch der Vizepräsident der Aussenpolitischen Kommission (APK), Carlo Sommaruga (SP,GE). «Das diskreditiert die neutrale Position der Schweiz als Vermittlerin im heiklen Nahost-Konflikt.» Der Grüne Zürcher Nationalrat Daniel Vischer, der die Gesellschaft Schweiz Palästina präsidiert, findet Liebermans Besuch «völlig daneben». Das werde Proteste provozieren, sagt er. Und: «Bundesrat Burkhalter hat da erheblichen Erklärungsbedarf.»
…und beschwichtigen
Andere Aussenpolitiker nehmen sie die Sache gelassener: «Der Mann ist gewählt – und darum sehe ich kein Problem», meint etwa der APK-Präsident, Nationalrat Andreas Aebi (SVP, BE). Sein Partei- und Kommissionskollege Maximilian Reimann (AG) hält fest: «Der mag ein extremistischer Kauz sein – aber man muss auch mit solchen reden.» Und der Schaffhauser SP-Nationalrat Hans-Jürg Fehr gibt zu bedenken: «Extremisten gibt es auch in anderen Regierungen.» Fehr verlangt aber: «Bundesrat Burkhalter muss Lieberman die Meinung über die Verletzungen des Menschen- und Völkerrechts durch Israesl Besatzungstruppen in Palästina klar und deutlich sagen.»
Mehr zum Thema morgen in der gedruckten TagesWoche: Der Israel-Graben. Wie eine Frage das Parlament spaltet wie kaum eine andere.