Und was, wenn die Güterstrasse autofrei wäre?

Ein Quartierverein überlegt, die Güterstrasse im Gundeli von Autos und Töffs zu befreien. Dies zugunsten eines Boulevards mit Geschäften und netten Cafés. Beim Kanton ist man skeptisch.

Wie wärs ohne Autos und Motorräder? Eine Ahnung davon erhält man in der Güterstrasse morgens, wenn das Gundeli erwacht.

Fausi Marti, der Präsident des neutralen Quartiervereins Gundeldingen, nennt es eine «kühne Überlegung»: die Hauptachse durchs Gundeli zu einem Boulevard machen, wobei die Strasse verkehrsfrei würde. «Das würde die Strasse attraktiv machen für Cafés, Geschäfte und natürlich die Anwohner», so Marti.

Verkehrsfrei hiesse in diesem Fall in erster Linie keine Autos und Motorräder. Zulieferer wären jedoch wie in der Innenstadt erlaubt, wenn sie eine Bewilligung haben. Die Trams würden ohne Einschränkungen weiterfahren, ebenso die Velofahrer.

Kein Boulevard mit Trams und Velos

Die Güterstrasse ist seit diesem März eine Tempo-30-Zone. Marti sagt, es gebe seither ein paar Rowdies weniger, aber die Verkehrsdichte sei immer noch sehr hoch. «Die Reduktion auf Tempo 30 ist gut, aber noch keine ausreichende Lösung im Sinne einer anwohnergerechten Gestaltung.»

Deshalb will der Quartiervereins-Präsident auch die Idee einer radikalen Verkehrsberuhigung prüfen. Ihm ist durchaus bewusst, «dass dieses Unterfangen einigermassen schwierig umzusetzen wäre». Entscheidend wird aus seiner Sicht vor allem sein, wie die Bevölkerung die Idee aufnehme. «Es hat keinen Sinn, eine Politik zu machen ohne den Rückhalt der Bevölkerung», weiss er.

Bereits jetzt ist klar, dass ein politischer Vorstoss einige Gegner hätte. FDP-Grossrat Christophe Haller, der auf dem Bruderholz wohnt, wäre einer davon. Für ihn ist ein solch radikales Verkehrskonzept im Gundeli «kein gescheiter Vorschlag».

Die Güterstrasse sei zu eng, um daraus einen echten Boulevard zu machen:  «Wozu das Aufeinandertreffen von Trams, Velofahrern und Fussgängern führt, sehen wir zum Beispiel in der Greifengasse», sagt Haller. Dort, zwischen Mittlerer Brücke und Claraplatz, sei die Situation gerade für Velofahrende nicht zufriedenstellend. Dies unter anderem wegen der hohen Bordsteinkanten, die einen hürdenfreien ÖV-Zugang ermöglichen.

An der Güterstrasse gibt es zwar erst eine Stelle, wo diese 27 Zentimeter hohen Bordsteine verbaut wurden. Doch in naher Zukunft wird das an sämtlichen Haltestellen so sein.

Wo parkieren?

Haller sieht noch ein anderes Problem: «Die Geschäfte sind darauf angewiesen, dass Kunden mit dem Auto kommen. Das wäre mit einem verkehrsfreien Strassenabschnitt nicht mehr gewährleistet.»

Dieses Argument will jedoch SP-Grossrat Jörg Vitelli nicht gelten lassen. Er lebt selber im Gundeli und sagt: Die meisten Leute gingen ohnehin nicht mit dem Auto an der Güterstrasse einkaufen, sondern mit dem Velo oder Tram.

Vitelli begrüsst die Idee einer autofreien Güterstrasse. Aus seiner Sicht müsste aber zuerst die Quartierkoordination die Sache anpacken und in einem Mitwirkungsprozess mit der Bevölkerung prüfen. «Danach muss man aber auch den Mut haben, die Vorschläge weiterzuverfolgen und allenfalls mit der Verwaltung nach Lösungen suchen.»

Kanton ist skeptisch

Das Bau- und Verkehrsdepartement (BVD) gibt den Befürwortern einer autofreien Güterstrasse allerdings wenig Grund zur Hoffnung. Ob es möglich sei oder nicht, lasse sich heute nicht abschliessend beurteilen, sagt BVD-Mediensprecher Marc Keller. «Wir erachten dies aber als sehr schwierig.»

Die Strasse erschliesse zahlreiche Geschäfte, Restaurants, Wohnungen und den Bahnhof. «Wir denken nicht, dass es zielführend wäre, Einschränkungen beim Verkehr einzuführen», so Keller. Er mahnt ausserdem zur Geduld: Zuerst müsse doch erhoben werden, was die Einführung von Tempo 30 tatsächlich verändere.

In den Basler Quartieren wäre eine verkehrsfreie Strasse ein Novum. Bislang gibt es diese Situation allein in der Innenstadt.

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