Seit Jahresbeginn dürfen Frauen aus Drittstaaten in der Schweiz nicht mehr als Cabarettänzerinnen arbeiten. Darüber freuen sich weder die Tänzerinnen noch die Cabaretbetreiber.
Die Idee war mehr Schutz für die Frauen, als der Bundesrat Mitte der 90er-Jahre das Tänzerinnen-Statut einführte. Mit der Sonderbewilligung durften Frauen aus Drittstaaten, also Staaten ausserhalb der EU, für acht Monate pro Jahr in der Schweiz in Striplokalen als Tänzerinnen arbeiten. Seit dem 1. Januar ist Schluss damit, Cabarettänzerinnen aus Nicht-EU-Ländern erhalten hierzulande keine Arbeitsbewilligung mehr.
Begründung: Die Regelung habe ihre Schutzwirkung nie entfaltet. Viele Frauen hätten nicht nur als Tänzerin gearbeitet, sondern seien versteckt zur Prostitution und zur Animation gedrängt worden. Konkret: «Frauen aus Drittstaaten dürfen in der Schweiz nicht mehr legal in Cabarets als Tänzerinnen arbeiten», sagt Martin Schütz, Sprecher des Justiz- und Sicherheitsdepartementes in Basel. «Ausser wenn diese Frauen über einen legalen Aufenthaltstitel oder eine Arbeitsbewilligung verfügen.» Für ein Engagement in einem Basler Striplokal könne eine solche jedoch nicht mehr erteilt werden.
Von 461 Tänzerinnen auf Null
2015 stellte der Kanton Basel-Stadt noch 461 solche Arbeitsbewilligungen aus. Über 300 davon gingen an Frauen aus der Ukraine, jeweils etwa 40 an Frauen aus Russland und der Dominikanischen Republik.
Die ungefähr 15 Cabarets in Basel sind auf diese Tänzerinnen angewiesen, denn innerhalb der EU finden sich kaum Frauen, die gewillt sind, sich in Schweizer Lokalen vor Publikum auszuziehen. Das merkt auch Sara Miggiano, die in Bern mit ihrer Agentur «Atlas GmbH» Tänzerinnen an Cabarets in der ganzen Schweiz vermittelt.
Gemäss eigener Aussage sei ihre Agentur eine der «grössten in der Schweiz» gewesen, sagt Miggiano. «Letztes Jahr habe ich rund 100 Tänzerinnen pro Monat vermitteln können, jetzt sind es noch knapp 25», klagt Miggiano.
Drei Viertel weniger Umsatz, diese Einbusse bleibt nicht ohne Folgen. Miggiano, die ihre Agentur während vieler Jahre zusammen mit ihrer Schwester betrieben hat, kann sich heute keine weitere Arbeitskraft mehr leisten. Ihre Schwester hat die Agentur auf Ende Jahr verlassen.
Frauenschutzorganisationen warnen davor, dass Frauen in die Illegalität gedrängt werden.
«Ich weiss von zahlreichen Cabarets, die ihren Betrieb nun einstellen mussten», sagt Miggiano. Dazu gehört etwa der «Gasthof zum Löwen» in Balsthal, wie das SRF-Nachrichtenmagazin «10vor10» am Dienstag berichtete. In den Zimmern, in denen zuvor die meist osteuropäischen Frauen logierten, wohnen heute Asylsuchende.
Während Vermittlungsagenturen und Cabarets wirtschaftliche Sorgen plagen, fürchten Frauenschutzorganisationen, Beratungsstellen für Sexarbeiterinnen und Präventionsexperten um die Sicherheit der Frauen. Sie haben sich im Vorfeld vehement gegen die Abschaffung des Tänzerinnen-Statuts ausgesprochen.
So warnte etwa Daniel Stolz, ehemaliger Basler Nationalrat und Geschäftsleiter der Aidshilfe beider Basel, bereits 2014 gegenüber der «Basler Zeitung» vor den fatalen Folgen des Bundesratsentscheides. Dieser würde die Frauen in die Illegalität treiben, etwa indem sie sich ohne Arbeitsbewilligung in Kontaktbars prostituieren würden. Doch ohne legalen Status seien sie im Milieu noch stärkererem Druck ausgesetzt. Die gleichen Befürchtungen werden derzeit in Zürich auf politischer Ebene diskutiert.
Druck im Milieu nimmt zu
Im Milieu geht es bereits rau zu und her, daran wird auch die Abschaffung des Tänzerinnen-Statuts nichts ändern. Gleich noch einmal verschärfen dürfte sich das Klima im Sexgewerbe ab kommendem Juni. Ab dann gilt die Personenfreizügigkeit auch für die beiden EU-Staaten Rumänien und Bulgarien. Frauen aus diesen beiden Ländern dürfen dann per Meldeverfahren für 90 Tage in der Schweiz arbeiten.
JSD-Sprecher Schütz blickt mit Besorgnis in die Zukunft. «Wir gehen davon aus, dass ab Frühjahr die Meldungen von Frauen aus Rumänien und Bulgarien stark zunehmen.» Dadurch werde dank höherem Preis- und Konkurrenzdruck auch der Druck auf die Frauen steigen, riskante Praktiken wie Verkehr ohne Kondom anzubieten», ist Schütz überzeugt.