BastA!-Grossrat Urs Müller hat die Räumung des Gezi-Parks beobachtet. Er bestätigt Medienberichte, wonach die Demonstranten friedlich waren und die Polizei brutal. Die Basler Delegation musste den Stadtteil verlassen, weil es am Sonntag noch gefährlicher werden könnte.
Als er am Donnerstag in Istanbul landete, ahnte er noch nicht, was er zwei Tage später mit eigenen Augen beobachten würde. BastA!-Grossrat Urs Müller war zusammen mit Hansueli Scheidegger von der Unia und SP-Grossrätin Ursula Metzger nach Istanbul gereist, um die Geschehnisse rund um den Taskim-Platz und den Gezi-Park zu beobachten.
Seit zwei Wochen wird dieser von Gegnern eines Bauprojekts, das in der grünen Oase geplant ist, besetzt. Türkisch-kurdische Basler hatten die Politiker-Gruppe um Solidarität gebeten. Diese zeigten sie bereits an den drei Demos in Basel, doch im Vergleich zu dem, was Müller am Samstag in Istanbul zu Gesicht bekam, waren die Basler Demos bloss ein kleines Zusammentreffen einiger Leute.
Es flog kein Stein
«Hunderte Menschen sassen friedlich beisammen im Zeltlage im Gezi-Park, es lag überhaupt keine Aggression in der Luft», sagt Müller. Den Leuten sei es einzig und allein darum gegangen, auf diese Art ihr demokratisches Grundrecht einzufordern. «Die Stimmung erinnerte mich an die Demonstrationen gegen das AKW in Kaiseraugst in den Siebzigern.»
Doch dann fuhren Polizei und Militär ein – und die Stimmung kippte innert Sekunden. Allerdings nicht von Seiten der Demonstranten, wie Müller sagt. «Es lagen lose Steine herum, doch kein einziger Demonstrant nahm einen in die Hand.»
Flucht nach Asien
Die Basler Delegation befand sich nur wenige Meter vom Park entfernt beim Hotel, in dem sie wohnte. «Ich vergleiche ungern mit Kriegen, doch die Räumung durch die Polizei erinnerte tatsächlich an einen Krieg.» Der Einsatz mit Tränengas und Wasserwerfern sei «nicht nachvollziehbar». Auch rund um den besetzten Park habe sich die Situation derart verschlechtert, dass man sich plötzlich nirgends mehr sicher gefühlt habe. «Auf Anraten der Einheimischen haben wir unser Hotel dann verlassen.»
Eine einstündige Reise innerhalb Istanbuls führte die Delegation schliesslich auf die asiatische Seite, wo sie sich jetzt noch befindet. In den Bars werden jeweils zwei Fernsehsender gleichzeitig gezeigt: Auf dem einen Bildschirm ist der Aufmarsch der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP für eine für Sonntagabend geplante Demonstration zu sehen, über den anderen Bildschirm flimmern Bilder der Protestierenden.
Diese hätten inziwschen allerdings nur noch eingeschränkt die Möglichkeit, zum Ort des Geschehens vorzudringen, sagt Müller: «Die Schifffahrt wurde inzwischen gesperrt. Einzig Erdogans Anhänger werden noch mit Schiffen transportiert – und das erst noch gratis.» Er sage es zwar ungern, befürchte aber, dass die Lage bald weiter eskaliert.
Öffentlichkeit wird informiert
Müller und seine Begleiter haben für morgen Montag einen Rückflug gebucht, sie versuchen nun aber, bereits heute Sonntagabend nach Basel zurückzufliegen. Wegen des raschen Weggangs vom Zentrum haben sie inzwischen keine Hotelzimmer mehr.
Am kommenden Dienstag wollen sie die Medien über das Erlebte informieren.