Am 25. November stimmen wir über die Revision des Tierseuchen-Gesetzes ab. Das ist nur halb so langweilig, wie es klingt. Hier in aller Kürze die wichtigsten Fakten zur Abstimmung.
Um was geht es überhaupt?
Der Bund will die Prävention gegen Tierseuchen verbessern. Der «globale Tierverkehr» und die Klimaerwärmung begünstigten die Ausbreitung von mehr und von exotischeren Tierseuchen (beispielsweise die Pferdepest oder das West-Nil-Fieber), sagte Bundesrat Johann Schneider-Ammann bei der Präsentation der Vorlage.
Was wird geändert?
- Der Bund erhält eine gesetzliche Grundlage, um Impfstoffe gegen Tierseuchen zu beschaffen und diese verbilligt oder gratis an die Tierhalter weiterzugeben. Ausserdem kann er Impfstoffbanken betreiben.
- Der Bundesrat kann bei länderübergreifenden Seuchen völkerrechtliche Verträge mit anderen betroffenen Ländern abschliessen.
- Der Haushierhandel mit Tieren wird verboten. Hundewelpen bekommt man in Zukunft nicht mehr auf der Autobahnraststätte, sondern in der gut sortierten Tierhandlung.
Wie wurde die Vorlage im Parlament beurteilt?
Überaus positiv. Der Nationalrat hat die Vorlage mit 192 zu 1 Stimme bei 3 Enthaltungen gutgeheissen, der Ständerat mit 43 zu 0 Stimmen.
Warum stimmen wir trotzdem darüber ab?
Hier wird es interessant. Hinter dem Referendum steht Daniel Trappitsch, Präsident des Vereins «Netzwerk Impfentscheid» und mit ihm eine ganze Reihe von mehr oder minder obskuren Organisationen, die eines gemeinsam haben: Sie sind fundamental gegen das Impfen. Die drei Hauptargumente für das Referendum (übernommen von ihrer offiziellen Seite):
- Entmündigung
- Impfzwang
- Impfschäden
Geht es denn bei der Revision des Tierseuchen-Gesetzes ums Impfen?
Nein. Johann Schneider-Ammann hat es während seiner Medienkonferenz dreimal wiederholt (und zwar ganz bewusst und einmal sogar auf französisch): «Ein Impfobligatorium ist nicht Gegenstand dieser Vorlage.» Seine dreifache Aussage wird im Gesetzestext bestätigt – der Bund will tatsächlich kein Obligatorium einführen.
Woher kommt der fundamentale Widerstand?
Impfgegner führen ihren Kampf mit missionarischer Härte. Bei der Abstimmung über das Tierseuchen-Gesetz führen sie aber eine Stellvertreter-Debatte: Eigentlich geht es den Impfgegnern um das revidierte Epidemie-Gesetz, das in Ausnahmefällen tatsächlich ein Impfobligatorium für gewisse Gruppen (von Menschen) vorsieht. Im Moment sammeln die Impfgegner rund um Daniel Trappitsch noch für ein Referendum gegen das Gesetz.
Warum erhalten die Impfgegner Unterstützung von vielen Bauern?
Gewisse Bauern in gewissen Kantonen haben während des Ausbruchs der Blauzungenkrankheit im Jahr 2009 schlechte Erfahrungen mit der Obrigkeit gemacht. Beispielsweise in Graubünden: Weil sich ein Bauern geweigert hatte, seine Schafe gegen die Krankheit zu impfen, wurden die Tiere vom Kantonstierarzt in einer Nacht-und-Nebel-Aktion und unter Polizeischutz abtransportiert. Das hat Spuren hinterlassen.
Wie stehen die Parteien zur Abstimmung?
Mit Ausnahme der SVP haben alle Parteien die Ja-Parole gefasst.
Im Parlament war die SVP noch für die Vorlage. Warum ist sie jetzt dagegen?
Anscheinend verschafften sich Impfgegner innerhalb der Partei «in grossem Stil» Zugang zur Delegiertenversammlung. Aufgeschrieben hat die Geschichte der «Tages-Anzeiger».
Wie geht die Abstimmung aus?
Können wir leider nicht sagen (uns fehlt ein Nate Silver). Ausserdem gibt es für einmal keine Vorbefragung und darum nur Spekulationen. Zum Beispiel jene von Claude Longchamp. Er rechnet mit einer Annahme der Revision – nur wenige und gut informierte Bürger würden überhaupt abstimmen und die würden aus Erfahrung den Behörden und ihren Informationen trauen.
Artikelgeschichte
Die Medienkonferenz zum Kampagnenstart von Johann Schneider-Ammann
Übersichtsseite auch ch.ch
Übersichtsseite des Parlaments, inklusive Parolen der Parteien
Übersichtsseite bei Vimentis
Website der Gegner des Gesetzes
Website der Befürworter des Gesetzes
Das «Echo der Zeit» über Daniel Trappitsch, die treibende Kraft hinter dem Referendum
Ein Beitrag in der Sendung «Schweiz aktuell» des Schweizer Fernsehens über die Beschlagnahmung von Graubündner Schafen
Ein Interview mit Hans Wyss, Direktor des Bundesamts für Veterinärwesen, in der «NZZ»
Wie die Parole der SVP entstand; Text im «Tages-Anzeiger»
Claude Longchamp spekuliert
Das Nein-Referat von SVP-Nationalrätin Yvette Estermann an der Delegiertenversammlung der SVP
Das Ja-Referat von SVP-Nationalrat Hansjörg Walter an der Delegiertenversammlung der SVP