Haben Guy Morin, Baschi Dürr, Lorenz Nägelin oder Elia Rediger schon einmal an einer illegalen Party getanzt? Wird die Literatur in Basel genügend gefördert? In welchem Kulturbereich könnte man sparen? Vor der Wahl haben vier Kandidaten die Qual.
Guy Morin sieht den Wahlen gelassen entgegen. Anders können wir es uns nicht erklären, dass sich der Basler Regierungspräsident diese Woche, mitten im Wahlkampf, eine Auszeit gönnt und Ferien nimmt.
Die Ausgangslage für den Grünen ist tatsächlich günstig, wie die soeben zugestellten Wahlunterlagen zeigen: Morin ist auf der prominenten Liste 1 eingebettet, kann auf Unterstützung von SP und BastA! zählen. Im Unterschied zu 2008, als er in stiller Wahl zum ersten Regierungspräsidenten des Stadtkantons aufstieg, kann das Volk bei der Departementsverteilung diesmal ein Wörtchen mitreden: Wer soll künftig das Präsidialdepartement leiten? Ein Departement, dessen grösster Budgetposten die Kultur ausmacht? Rund 114 Millionen von insgesamt 145 Millionen Franken, sprich über drei Viertel der Nettokosten, fliessen in Kultur-Institutionen und -förderung.
Sind diese Gelder richtig verteilt? Das wollten wir von Amtsinhaber Guy Morin sowie von drei Herausforderern wissen: Baschi Dürr (FDP), Lorenz Nägelin (SVP) und dem parteilosen Kulturschaffenden Elia Rediger. Aus diesem Grund haben wir insgesamt 19 mehrheitlich kulturpolitische Fragen zusammengestellt und Antworten eingefordert. So können Sie sich ein Bild machen – und vielleicht auch leichter entscheiden, wem Sie Ihre Stimme geben möchten.
1. Welche drei Kulturveranstaltungen haben Sie zuletzt besucht?
Guy Morin: 1. Vernissage der Ausstellung im Historischen Museum Basel «Schuldig – Verbrechen – Strafen – Menschen».
2. Eröffnung Kunstkredit.
3. Orgelkonzert von Felix Pach- latko und Konzert von La Cetra.
Baschi Dürr: Die Vernissage von «Expeditionen. Und die Welt im Gepäck» im Museum der Kulturen, die Ausstellung «Take A Seat» von Depot Basel – und aktuell klebe ich mit meinem Sohn den Bastelbogen «Spalentor» zusammen.
Lorenz Nägelin: Ein Konzert im barocken Musiksaal des Stadtcasinos, eine Ausstellung im Beyeler Museum und Young Stage, mit den weltbesten jugendlichen Nachwuchsartistinnen und -artisten. Einfach sensationell, diese jungen Talente.
Elia Rediger: FCB-Match, Vernissage in der Kunsthalle und Woody Allen im Kino (meiner Freundin zuliebe).
2. Angenommen, Sie müssten beim Kulturbudget zehn Millionen Franken einsparen: Wo würden Sie den Rotstift ansetzen?
Guy Morin: Die Kulturausgaben sind gut investiertes Geld. Unser Kulturangebot, so wie es sich jetzt präsentiert, trägt massgeb- lich zur Standort- und Lebensqualität bei. Ich würde und werde mich also dafür einsetzen, dass es nicht zu Einsparungen kommt.
Baschi Dürr: Ich würde aus der Not eine Tugend machen: Wir reduzieren sämtliche Subventionsverhältnisse und schaffen einen Kulturkredit, der bestimmte Funktionen ausschreibt: Vermittlung, Archivierung, Strahlkraft, Integration, Bildung, etc. Um diesen Kredit können sich subventionierte und andere Institutionen bewerben.
Lorenz Nägelin: Wenn man gezwungen ist, zehn Millionen einzusparen, stellt sich für mich die Frage, ob der Dreispartenbetrieb des Theaters weitergeführt werden kann. Die Auswirkungen gehören sorgfältig geprüft.
Elia Rediger: Zuerst würde ich zehn Millionen Franken drauflegen oder es im Notfall mit Crowdfunding probieren!
3. Sind Sie zufrieden mit der Aufteilung der Kulturgelder – oder gibt es einen Bereich, der mehr Geld verdient hätte?
Guy Morin: Grundsätzlich ja. Wenn Mittel fehlen, dann für die freie Szene, Off-Spaces, fürs Design und auch für die Jugendkultur und die Vermittlung.
Baschi Dürr: Heute dominiert die Frage, welche Institution wie viel Geld erhält – und nicht, welche Funktionen wir damit wahr- genommen sehen wollen. Auch sollte der Kanton selbst keine Kulturinstitutionen führen.
Lorenz Nägelin: Der Kanton Basel-Stadt gibt schweizweit mit Abstand am meisten Geld für die Kultur aus. Eine andere Auf- teilung ohne Einbezug und Verhandlung mit den Nachbarkantonen sehe ich nicht. Die Nachbarkantone sollten bei regionaler Kultur ein Mitspracherecht haben – aber auch in die Verantwortung miteinbezogen werden.
Elia Rediger: Vorfreude ist wissentlich die grösste Freude. Ich schlage darum ein Drei-Jahres-Plan-Wirtschaftmodell vor, ähn- lich der Landwirtschaft, mit immer zwei brachliegenden Sparten. Wird während eines Jahres voll auf die Sparte gesetzt, heisst es danach wieder zwei Jahre warten. So würde die Spannung bestimmt steigen.
4. Wenn Sie unverhofft mehr Geld zur Verfügung hätten: Würden bestehende Subventionen erhöht – oder ganz neue Institutionen und Bereiche berücksichtigt?
Guy Morin: Ich denke, diese Chance müsste genutzt werden, um die von mir bereits erwähnten Bereiche verstärkt unterstützen zu können: die freie Szene, Off-Spaces, Design, Jugendkultur und die Vermittlung.
Baschi Dürr: Auch dann würde ich den genannten Kulturkredit ins Leben rufen – und wäre gespannt, wer sich in welcher Funktion profilieren möchte.
Lorenz Nägelin: Vom Nachfolger erwarte ich, dass die Zuschauerzahl erneut gesteigert wird und er mit den bestehenden Mitteln auskommt. Das Programm muss sich nach den Zuschauern richten. Klassische Stücke haben oft mehr Erfolg als skurrile Experimente oder deren spezielle Modernisierung.
Elia Rediger: Ich stelle mir Kulturförderung je länger je mehr ganzheitlich vor. Mit noch verstärkterem Austausch zwischen den Institutionen. Deshalb würde ich das in den grossen gemeinsamen Topf werfen.
5. Georges Delnon wird in Ihrer Amtsperiode das Theater Basel verlassen. Was erwarten Sie von seiner Nachfolgerin, seinem Nachfolger?
Guy Morin: Mindestens die gleiche Qualität. Das Programm kann aber auch gerne noch aktueller werden. Das Schauspiel muss an Bedeutung und Resonanz deutlich gewinnen. Wichtig ist aber auch die weiterhin gute Verankerung in der Stadt und die breite Akzeptanz in der Bevölkerung.
Baschi Dürr: Georges Delnon hat dem Theater gutgetan. Auch als Person fand er den Draht zu vielen Kreisen. Dies täte auch seinem Nachfolger gut.
Lorenz Nägelin: Vom Nachfolger erwarte ich, dass die Zuschauerzahl erneut gesteigert wird und er mit den bestehenden Mitteln auskommt. Das Programm muss sich nach den Zuschauern richten. Klassische Stücke haben oft mehr Erfolg als skurrile Experimente oder deren spezielle Modernisierung.
Elia Rediger: Dass sich das Theater Basel seiner Verantwortung bewusst ist, mehr als im Finanziellen auch in seiner Mög- lichkeit als Speakers Corner einer aufgeweckten und wachen Bevölkerung.
6. Dem Theater Basel fehlen Gelder aus Baselland: Ihr Lösungsansatz für die Zukunft?
Guy Morin: Selbstverständlich setze ich mich innerhalb der Parnterschaftsverhandlungen weiterhin dafür ein, dass sich Baselland am Bestehen des Theater Basels finanziell stärker beteiligt. Immerhin ist ein Drittel der Besucher aus der Landschaft.
Baschi Dürr: Dem Theater Basel soll mehr Innovation eingeräumt werden, auch mit den vorhandenen Mitteln seine Leuchtturmfunktion weiter wahrzunehmen. Der Leistungsauftrag des Kantons ist zu eng gefasst.
Lorenz Nägelin: Die Lösung ist nicht, dass Basel-Stadt wie kürzlich auf Antrag von Guy Morin geschehen, die Beiträge aus Baselland übernimmt. Der grosse Besucherstrom aus Baselland gehört durch dessen Kanton adäquat mitfinanziert. Ansonsten muss man die Finanzierung und den Dreispartenbetrieb überdenken.
Elia Rediger: Das Theater macht eine alljährliche bombastische Inszenierung über die Schlacht an der Hülftenschanz, bei der die Städter der Unwahrheit gemäss jedesmal gewinnen. Ich schätze es ginge 3 Jahre und das Budget wäre geregelt.
7. Braucht Basel zwei Dreispartenhäuser – die Kaserne und das Theater Basel?
Guy Morin: Ja. Weil die von den beiden Häusern abgedeckten Bereiche inhaltlich sehr unterschiedlich sind: Theater Basel macht Musiktheater, Ballett/Tanz und Schauspiel mit Ensemble und Repertoirebetrieb. Demgegenüber steht die Kaserne mit Populärmusik, zeitgenössischem Tanz und Performance/Theater. Natürlich gibt es inhaltliche Verbindungen und Annäherungen. Die Strukturen sind jedoch sehr unterschiedlich, wie das Publikum übrigens auch. Für die Zukunft ist es wichtig, die Aufträge und Profile scharf zu halten und bei beiden Institutionen die Kernaufträge klar definiert zu haben.
Baschi Dürr: Beide Institutionen haben ihre Berechtigung. Die Kaserne und das Theater Basel definieren die Dreispartigkeit unterschiedlich.
Lorenz Nägelin: Nein, braucht Basel nicht. Kultur sollte sich selbst finanzieren. Experimente, welche finanzielle Fiaskos verursachen, darf der Kanton nicht mitfinanzieren. Das Angebot muss ansonsten überdenkt werden. Das Angebot sollte sich nach dem Angebot und Bedürfnis richten.
Elia Rediger: Dieses Spartendenken stösst so langsam an seine Grenzen. Für mich sind sie beide eher Aktionshäuser mit weitreichender Wirkungskraft. Wenn ich im Theater sehe, dass Schauspieler mit Musikern ein Konzert spielen und Tänzer auf der Bühne stehen, wo im Programm soll ich da nachschauen? Ich glaube die einzelnen Sparten liegen heutzutage näher beieinander als vor zehn Jahren. Und dem sollte man Rechnung tragen… Nebenbei: Das Hirschi ist mit Restaurant, Konzert und Gassenküche auch ein Dreispartenhaus.
8. Welche Sparte würden Sie am ehesten streichen, wenn Sie müssten?
Guy Morin: Wie Sie wissen, ist der Regierungsrat für den Dreispartenbetrieb. Dafür haben wir uns eingesetzt und werden dies auch in Zukunft tun.
Baschi Dürr: Nun das Ballett zu nennen, wäre nicht nur wegen der weiblichen Wählerschaft falsch. Die Artenvielfalt der Bühnenkunst hat sich und wird sich weiterentwickeln. An exakt den aktuellen Definitionen festhalten zu wollen, scheint mir etwas gar bürgerlich.
Lorenz Nägelin: Wenn ich gezwungen wäre, am ehesten das Schauspiel. Es wird durch zahlreiche Kleintheater abgedeckt, welche keine Subventionen empfangen und trotzdem vollbesetzte Reihen haben. Das Publikum wird durch dortige volksnahe Stücke angesprochen.
Elia Rediger: Wenn dann bitte alle drei, dann merkt man schnell was man vermisst.
9. Der Grossteil der Subventionsgelder fliesst in die Museen. Begrüssen Sie das – oder finden Sie diese Verteilung im eigentlichen Sinn «konservativ»?
Guy Morin: Die Verteilung ist konservativ, was aber nicht wertend ist. Die Tradition der Stadt ist entsprechend: Museen bauen auf das Amerbachkabinett, das die erste öffentliche Kunstsammlung darstellte. Auf ihr beruht der Grundsatz, unser kulturelles Erbe zu pflegen und zu vermitteln. Ausserdem sind unsere Museen grosse Betriebe mit den Aufträgen zu sammeln und zu forschen. Das führt logischerweise zu hohen Betriebskosten.
Baschi Dürr: Das begrüsse ich, denn ich bin überzeugt, dass die Archive des Lebens, des Menschen, des Gemachten zu den wichtigen öffentlichen Gütern und zu den wichtigsten Funktionen der Kulturpolitik zählen.
Lorenz Nägelin: Museen sind sehr kostenintensiv und dienen vor allem den Touristen. Will man diese weiterhin in unsere Stadt locken, braucht es diese Verteilung. Sie tragen zu einem wesentlichen Teil dazu bei, dass Basel international als Kulturstadt erkannt wird. Unter den verschiedenen Museen könnte es mehr Synergien geben.
Elia Rediger: «Konservativ!» Vor allem wenn ein Museumseintritt leider immer noch 25 Franken kostet. Kultur ist Gemeingut und damit mit grossem Aufwand an die breite Öffentlichkeit zu tragen. Davon profitieren über längere Zeit alle.
10. Wird Literatur genügend gefördert in Basel?
Guy Morin: Zur Zeit gibt es klare Zeichen einer wachsenden Szene. Der Fachausschuss zeigt an, dass die Mittel nicht mehr ausreichen. Es muss aber auch erwähnt werden, dass das Literaturhaus und das Festival BuchBasel bereits gefördert werden.
Baschi Dürr: Unter den Nischen der aktuellen Kulturpolitik würde ich tendenziell eher auf Literatur als etwa auf Neue Medien setzen.
Lorenz Nägelin: Ja, im Zeitalter der elektronischen Vielfalt müssen spezifische Förderungen wohl überlegt sein. Das Resultat von Förderungen muss messbar sein und ein Mehrwert entstehen, ansonsten sollten diese eingestellt werden.
Elia Rediger: Ich persönlich sehne mich nach noch mehr Poesie!
11. Basel setzt den Schwerpunkt auf kulturelle Leuchttürme. Auch Ihr Fördermodell?
Guy Morin: Es braucht die Verbindung von so genannten Leuchttürmen und von der Förderung einer Freien Szene, beziehungsweise von kleineren Kulturformen- und formaten.
Baschi Dürr: Ja. Basel-Stadt kann und soll nicht von Staates wegen ein kulturelles «Vollprogramm» zu finanzieren versuchen.
Lorenz Nägelin: Kulturelle Leuchttürme sind Anziehungspunkte, welche dazu beitragen, dass Basel über die Kantonsgrenzen hinweg als Kulturstadt wahrgenommen wird. In diesem Sinne finde ich dieses Fördermodell sinnvoll. Es zieht einen weiteren Personenkreis an, von welchem auch andere Kulturbereiche profitieren.
Elia Rediger: Nein, ich würde eher auf ein kulturelles Publikum setzen, nicht auf die einzelnen Institutionen.
12. Das Sinfonieorchester erhält fast 14 Millionen Franken mehr als Sinfonietta und Kammerorchester. Ist diese Aufteilung auch in Ihrem Sinne?
Guy Morin: Das Sinfonieorchester ist unser Leitorchester für Konzerte, Oper und Vermittlung. Die Sinfonietta und das Kammerorchester werden als wichtige Ergänzungen unterstützt.
Baschi Dürr: Ja. Die finanzielle Konzentration auf ein Leitorchester zielt richtig. Mit der neuen Ausrichtung des Sinfonieorchesters muss sich dieses nun aber bewähren.
Lorenz Nägelin: Eine Aufteilung wird aus der Sicht der verschiedenen Anbieter nie als gerecht empfunden. Eine Ausspielung zwischen den Subventionsempfängern ist nicht in meinem Sinn. Die drei Orchester sollten nach Synergien überprüft werden.
Elia Rediger: Um diese Frage beantworten zu können, müsste ich zuerst mit den Musikern reden.
13. Was verstehen Sie unter Jugendkultur – und welchen Stellenwert hat sie?
Guy Morin: Die Jugendkultur ist ein sehr wichtiger Aspekt des kulturellen Lebens. Hier entstehen neue und innovative Kunstformen und sie ist Ausdrucks- und Kommunikationsmittel einer Generation, die wir hören und sehen MÜSSEN!
Baschi Dürr: «Jugendkultur» ist wohl mehr ein Begriff von Politikern und anderen Berufsjugendlichen. Junge Menschen, so sie denn Neues ausprobieren wollen, kann der Freiraum kaum zur Verfügung gestellt werden. Diesen gilt es, immer wieder zu erstreiten.
Lorenz Nägelin: Jugendkultur hat in unserem Kanton einen hohen Stellenwert, was mir richtig erscheint. Nicht vergeblich finden Events, wie das Jugendkulturfestival und ähnliche Veranstaltungen in Basel statt. Jugendkultur sollte nicht mit Subventionen assoziiert werden, sondern günstige Rahmenbedingungen erscheinen mir als sinnvoll.
Elia Rediger: Jugendkultur ist, wenn die Stadt Kopf steht, der Barfi bis 12 Uhr nachts gefüllt ist mit lauter Musik und bei der Polizei das Telefon stumm bleibt.
14. Finden Sie es notwendig, dass Popmusik gefördert wird?
Guy Morin: Ja. Der Rockförderverein ist ein gutes und erfolgreiches Modell. Wünschenswert wäre noch mehr Export, also die Unterstützung von Bands, die im Ausland auftreten. Denn wir haben eine reiche und farbige Musikszene.
Baschi Dürr: Notwendig nicht, aber im aktuellen Umfang richtig.
Lorenz Nägelin: Musik lebt und ist einem steten Wandel unterzogen. Musikstile entstehen und verschwinden wieder. Es ist meiner Meinung nach nicht sinnvoll, einseitig gewisse Musikstile zu fördern. Andere werden dadurch vernachlässigt.
Elia Rediger: Ja, ich find das wichtig. Ich hab am eigenen Leib erlebt, was für eine grosse Starthilfe das sein kann.
15. Waren Sie schon einmal an einer illegalen Party?
Guy Morin: Nein.
Baschi Dürr: Ich mag mich zumindest nicht erinnern. Wobei dies immer auch eine Frage der Definition ist – oder auch einfach ein Marketing-Trick.
Lorenz Nägelin: Nein, diese unterstütze ich nicht. Teilweise finden diese Partys in Abbruchobjekten statt (Kinderspital, Grosspeter etc.) und die Sicherheit kann nicht gewährleistet werden. Zudem gehören Zerstörungen von fremdem Eigentum zur Tagesordnung. Verantwortung trägt niemand.
Elia Rediger: Eine Party ist eine Party und an sich etwas Wunderbares! Entscheidend ist, ob es mehr Party oder mehr illegal drin hat.
16. Hat das Basel Tattoo ebenso seine Berechtigung wie eine illegale Party?
Guy Morin: Diese Frage erübrigt sich mit in Kraft treten einer vereinfachten Jugendbewilligung. Tatsache ist aber, dass das Tattoo sehr viele Menschen anspricht.
Lorenz Nägelin: Eine illegale Party hat keine Berechtigung. Ausschreitungen gehören zur Tagesordnung. Menschen kommen zu Schaden. Das Basler Tattoo hat eine offizielle Bewilligung und trägt unsere Stadt in die Welt hinaus. Schade, dass es politische Gruppierungen gibt, die solch einen Anlass versuchen zu verhindern.
Baschi Dürr: Ja.
Elia Rediger: Diese Frage verstehe ich nicht. Siehe Antwort 15.
17. Finden Sie es okay, dass die nicht kommerzielle Veranstaltung Jungle Street Groove in diesem Jahr Polizei- und Verkehrskosten übernehmen musste – und im Gegenzug die Marschroute beschnitten wurde?
Guy Morin: Der Kanton hat den Gebührenerlass für kulturelle Veranstaltungen ausgeweitet. Alle von Swisslos unterstützten Veranstaltungen erhalten einen Gebührenerlass.
Baschi Dürr: Gebühren sollen Kosten decken und nicht den Gewinn abschöpfen. Die Kommerzialität hat deshalb nicht direkt mit der Frage zu tun, ob Gebühren anzufallen haben. Ich kann den Entscheid der Behörden 2012 nachvollziehen, finde es aber vor allem gut, dass man sich ab 2013 geeinigt hat.
Lorenz Nägelin: Es ist nicht im Sinne des Steuerzahlers, sämtliche Kosten für Polizei und Verkehr zu übernehmen, ohne dass für den Kanton einen Mehrwert zurückkommt.
Elia Rediger: Nein, ich finde man sollte auf keinen Fall solchen Ereignisse weitere Steine vor die Füsse legen. Eine Stadt sollte solche Non-Profit-Events genauso wie ein lukratives Tattoo fördern.
18. Während die Welt über die Inhaftierung von Pussy Riot berichtete, dinierte das offizielle Basel mit dem russischen Establishment in Moskau. Richtige Entscheidung?
Guy Morin: Das harte Urteil über die drei Künstlerinnen und Punksängerinnen ist mit unserem Verständnis von Meinungsäusserungsfreiheit, einem wichtigen Pfeiler der Demokratie, nicht vereinbar. Aussenpolitik ist Sache des Bundes und wir vertrauen darauf, dass der Bundesrat diese Kritik gegenüber den Behörden der russischen Föderation (Russlands) äussern wird. Auch in anderen Ländern, mit denen Basel-Stadt Kontakte pflegt, gibt es Fakten, welche bei uns Unverständnis auslösen. Und auch die Schweiz ist in den Augen unserer Nachbarn nicht über jede Kritik erhaben. Deshalb sind der kulturelle und wirtschaftliche Austausch sowie der Dialog so wichtig. Diesen Herbst werden wir mit dem Festival Culturescapes in Moskau und der Schweiz, auch mit kritischen Kunstschaffenden, einen regen Kulturaustausch pflegen.
Baschi Dürr: Nein.
Lorenz Nägelin: Zensur und Inhaftierung wie im Fall von Pussy Riot widersprechen meinem Verständnis der freien Meinungsäusserung. Es dinierte nicht das offizielle Basel, sondern unser Regierungspräsident Guy Morin pflegt den Kontakt zu Russland und auch China. Menschenrechtsfragen kümmern offenbar wenig.
Elia Rediger: Die Basler Delegation hat in Moscow bestimmt mit klaren Worten Stellung zu diesem Fall bezogen.
19. Welches Kulturhappening in Basel verpassen Sie nie?
Guy Morin: Wann immer möglich besuche ich die Ausstellungseröffnungen unserer Museen und wenn es die Agenda zu lässt, sieht man mich regelmässig auch an den Opernpremieren. Aber auch das Jugendkulturfestival und das Jugendchorfestival sind für mich immer besondere Events.
Baschi Dürr: Die Fasnacht.
Lorenz Nägelin: Die Vielseitigkeit macht es aus, nicht die Regelmässigkeit. Somit gibt es kein Kulturevent, welcher ich nie verpassen dürfte. Ausser die Fasnacht verschlafe ich nie, welche unsere Kultur auf vielseitigste Weise verkörpert und pointiert ausspielt oder auf den Laternen lakonisch bemalt.
Elia Rediger: Das Jugendchor Festival.
Spielerei mit Millionenbudget
Als kleinen Bonus finden Sie hier zudem eine Spielerei mit dem Budget des Präsidialdepartements: Ausgehend von aktuellen Kosten haben wir diese drei Herausforderer gebeten, die Kosten für Amtsstellen und Institutionen zu hinterfragen und bei Bedarf neu zu verteilen. Sprich: zu kürzen oder aufzustocken.
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 05.10.12