Wer braucht schon Feuerwerk! Wie bitte? Das braucht es unbedingt!

Feuerwerke sind langweilig, teuer, umwelt- und gesundheitsschädigend. Oder doch supergeil, unglaublich spannend und mega-toll?

Dafür oder dagegen?

(Bild: Hansjörg Walter)

Feuerwerke sind langweilig, teuer, umwelt- und gesundheitsschädigend. Oder doch supergeil, unglaublich spannend und mega-toll?

Contra

«Feuerwerk ist völlig überbewertet und total langweilig»

von Elin Fredriksson

Bald knallt es wieder. Tausende von Menschen werden sich auf ein und demselben Fleckchen am Rheinufer zusammenquetschen, minütlich ein «Ah» oder ein «Oh» von sich geben, um dann mit Nackenschmerzen und Beinkrämpfen den Platz zu verlassen. Aber das gehört halt zum Nationalfeiertag. Wirklich?

Es gibt viele Gründe, das nicht zu finden. Ganz abgesehen davon, dass professionelle Feuerwerkshows völlig überbewertet sind, weil total langweilig. Mal ganz ehrlich: Feuerwerkskörper werden angezündet, in den Himmel gejagt und produzieren dort farbig-glitzernde Punkte, die nach zwei Sekunden wieder verblassen.

Und das schauen wir uns an. Gefühlte zwei Stunden lang. Mehrmals pro Jahr. Ist das wirklich unterhaltsam? Beim ersten Knaller ist es ja noch ganz nett, aber spätestens, wenn das Bier ausgetrunken ist und man sich aus der Menschenmenge zwängt, um ein neues zu holen, hat man genug vom grellen Lichtergewimmel.

Zu viel Lärm

Nun gut, immerhin können wir Menschen einen ungefährlichen Knall von gefährlichem Geböller unterscheiden. Doch Hunde und Katzen können das nicht – in ihrer Welt ist Lärm und Geschrei mit Gefahr gleichzusetzen.

Ja, ja, das sei ein Klischee-Argument, wird schnell mal behauptet. Trotzdem: Wie cool ist es, mit einem Gehör, das um ein Vielfaches so gut wie das menschliche ist, regelmässig von einem Knall aufgejagt zu werden?

Aber nicht nur Haustiere leiden an dem Höllenlärm: Feuerwerke verscheuchen Wasservögel, wie Studien in «Der Ornithologische Beobachter» zeigen. Am Nationalfeiertag wird es besonders brenzlig: Genau zu dieser Jahreszeit gibt es bei manchen Wasservögeln Junge und diese können von Hechten gefressen werden, wenn sie durch ein Feuerwerk von ihren Eltern getrennt werden.

Zu viel Feinstaub

Die Einstellung «Tierschutz-Ist-Mir-Egal-Solange-Ich-Meinen-Spass-Habe» hilft hier leider auch nichts – wir Menschen sind ebenso betroffen. Zwar werden wir nicht verscheucht (obwohl das vielleicht besser wäre), dafür setzen wir uns während des Feuerwerks einer unsichtbaren Gefahr aus: Die erhöhte Feinstaub-Belastung ist gesundheitsschädigend und umweltbelastend. In der Silvesternacht 2015/2016 stieg der Feinstaub kurz nach Mitternacht auf 300 Mikrogramm pro Kubikmeter. Zum Vergleich: Kurz vorher lag er auf knapp 50 Mikrogramm pro Kubikmeter.

Zu viel Geld

So, und zum Schluss gibt es noch das Klischeeargument aller Klischeeargumente: Feuerwerke sind Geldverschwendung! Millionen werden jährlich in die Luft gejagt. Basel Insider hält zwar zelebrierend fest, dass die Feuerwerke am Nationalfeiertag ohne Folgen für den Steuerzahler seien, da die komplette Show vom Swisslos-Fonds Basel-Stadt bezahlt werde. Trotzdem bleibt, wie immer beim Thema Geld, die Frage: Kann das nicht besser investiert werden? Schliesslich sponsert der Fonds auch Projekte im Rahmen von Gesundheit und Umwelt – das steht irgendwie im Widerspruch zu einem Feuerwerk.

Umweltbelastend, angsteinflössend, gesundheitsschädigend und teuer – ein ziemlich hoher Preis dafür, dass es einfach so dazugehört. Doch Absurdität wird wie so oft mit Tradition gleichgeschrieben, und das Vergnügen verdrängt den Verstand. Beim Thema Feuerwerk fehlt es an beidem.

 

Pro

«Feuerwerksgegner spielen mit Sprengstoff!»

von Gabriel Brönnimann

An einem Pro-Feuerwerk-Kommentar kann man sich ja eigentlich nur die Finger verbrennen. Ich meine, schauen Sie sich das bescheuerte Foto an. Sagt doch schon alles, oder?
 
Eben.
 
Gegen die moralische Sprengkraft der Feuerwerksgegner steht der Feuerwerks-Freudeler wie ein Frauenfurz ohne Zündschnur da. Ja, Feuerwerk ist unvernünftig. Ja, Feuerwerk ist giftig. Ja, Feuerwerk macht Lärm. Ja, Tiere leiden unter Feuerwerk. Ja, Feuerwerk ist teuer, und das Geld könnte man auch für Sinnvolleres ausgeben.
 
Und zudem: Ja, die Dinger heissen wohl nicht zufällig «Frauenfurz», «Flotte Biene» oder «Thunder King». Oder waren Sie schon mal an einer 1.-August-Party, an der die Frauen stundenlang kichernd bis grölend Feuerwerk hochgehen liessen, während die Männer augenrollend auf ihren Stühlen sitzen blieben?
 
Eben.
 
Und trotzdem wünschte ich mir zum 1. August jeweils, all die Anti-Feuerwerks-Luftheuler mögen doch bitte schweigen und ihre Energie für andere politische und soziale Zwecke einsetzen.

Die Feuerwerksgegner sind gefährlich

Was heisst mögen? Sie müssen schweigen. Der Konflikt entpuppt sich bei genauer Analyse als derart archaisch, dass man festhalten muss: Es sind in Tat und Wahrheit die Feuerwerksgegner, die mit dem Feuer spielen.

Beim Thema pro und contra Feuerwerk sind wir bei nichts Geringerem als dem alten Konflikt um die Bedeutung und Rolle von Prometheus. Der Gott titanischer Herkunft, der den Menschen das Feuer zurückbrachte, nachdem Göttervater Zeus es ihnen weggenommen hatte.
 
Prometheus streckte einen Riesenfenchel von der Erde zum Himmel, hielt ihn an Helios Feuerwagen, und steckte den lodernden Fenchel in einen Stapel Holz.
 
Das Geschenk des Feuers kam zu uns Menschen als ein Höhenfeuer, Feuerwerk am Himmel inklusive. Damit ist der Streit um den 1.-August-Brauch so alt wie die Geschichte unserer eigenen Herkunft.
 
Je nach Auslegung brachte uns Prometheus Beschwernis und Ferne zu den Göttern; andere Philosophen betonen, Prometheus habe die menschliche Zivilisation erst ermöglicht.

Unauslöschlicher Ur-Pyro-Trieb

Sie fragen zu Recht, was das nun alles mit Feuerwerk zu tun hat. Sie sind nicht ganz allein. Es geht letztlich nur um Folgendes: Was auch immer man gegen Feuerwerk anredet, ist höchstens mehr Wind auf die Glut von uns Feuerwerksfreunden.
 
Das Feuer wurde uns gegeben, die Pyrosophie ist ein menschlicher Naturzustand.
 
Grossfeuerwerke, die Zehntausende begeistern, müssen unzähligen Sicherheitsstandards genügen. Die Feuerwerker sind streng ausgebildet. Die Knallereien, und seien deren Namen noch so bescheuert (Rakete «Donner-Swiss» gefällig?), explodieren nur bei unsachgemässer Handhabung in der Hand.
 
Kurz: Feuerwerksgegner sollten froh sein, findet das bei uns alles in einigermassen gelenkten Bahnen statt. Kaum auszudenken, was hier los wäre, wenn der Ur-Pyro-Trieb durch Verbote und Einschränkungen unterdrückt würde.
 
Seit Prometheus ist es nun mal so: Einige von uns haben beim Thema Feuerwerk einen Knall. Lassen sie uns den, es wird sonst höchstens gefährlicher.
 
Ich bitte um Verständnis, wenn ich meinen Ausbruch hier abbreche. Der Feuerwerksstand ruft. Ich brauche noch ein paar Ersatz-Raketen und -Vulkane.

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