Regierungsräte und Chefbeamte, die Entschädigungen abzweigen, fragwürdige Geschenke annehmen und sich Sitzungen vergolden lassen: Die Baselbieter Finanzkontrolle hat schwerwiegende Missstände aufgedeckt.
Nach Basel-Stadt hat jetzt auch Baselland seinen Skandal. Die Finanzkontrolle hat festgestellt, dass mehrere Regierungsräte und Spitzenbeamte zwischen 2009 und 2013 insgesamt 320’000 Franken in den eigenen Sack steckten, anstatt sie dem Staat abzuliefern. Bei den Geldern handelt es sich um Entschädigungen für Vertretungen in Unternehmen, an denen der Kanton beteiligt ist.
Erstaunlich ist, dass ausgerechnet Adrian Ballmer (FDP), der als Finanzdirektor immer den grossen Sparer gab, offenbar am meisten abkassiert hat. Hier die gesamte Liste der Bezüger und ihrer Begehrlichkeit:
- Bei Adrian Ballmer geht es gemäss Finanzkontrolle um 152’839 Franken aus der variablen Entschädigung, die er als Mitglied im Bankrat der Basellandschaftlichen Kantonalbank erhielt
- Bei Peter Zwick (CVP) um 79’099 Franken Honorar aus dem Mandat bei den Rheinhäfen und aus der Tätigkeit im Compliance & Compensation Komitee der Messe Schweiz
- Bei Walter Mundschin, dem ehemaligen Landschreiber, um 56’667 Franken aus Bezügen aus dem Unirat
- Bei Niklaus Ullrich, Leiter Kultur in der Bildungsdirektion, um 31’875 Franken aus den Bezügen als Kantonsvertreter bei den SRG
Summa summarum gibt das das Total von rund 320’000 Franken, die nun nachträglich doch noch in die Staatskasse fliessen sollen. Der Regierungsrat hat zudem eine Anzeige eingereicht. Nun klärt die Staatsanwaltschaft ab, ob auch strafrechtlich relevante Tatbestände vorliegen.
Auch Wüthrich unter Verdacht
In einer ganz besonderen Situation befindet sich dabei Bildungsdirektor Urs Wüthrich (SP). Bei ihm fragt sich die Finanzkontrolle, ob die Entschädigung nicht zu hoch ist, die er persönlich im Unirat erhält. Wüthrich beruft sich dagegen darauf, dass er sein Uni-Engagement genau gleich abgrechnet wie sein Vorgänger: Im Gegensatz zu den privaten Uniräten, die 20’000 Franken bekommen, gingen bei ihm 10’000 Franken als Sitzungsgeld beziehungsweise Spesenentschädigung auf sein Privatkonto, der Rest als Honorar an die Staatskasse.
Das Prinzip entspricht den gesetzlichen Bestimmungen speziell im Personaldekret. Demnach dürfen Sitzungsgelder und Spesen behalten werden, VR-Honorare müssen der Staatskasse abgeliefert werden.
Ein klarer Grundsatz, der im Einzelfall aber zu Abgrenzungsschwierigkeiten führen kann, wie das Beispiel Wüthrich zeigt.
Teures Abschiedsgeschenk für Krähenbühl
Nicht ganz einfach zu beurteilen, aber zumindest fragwürdig ist nach Ansicht der Finanzkontrolle zudem das Abschiedsgeschenk des Kraftwerks Birsfelden für den 2011 abgewählten Regierungsrat und Kraftwerks-VR Jörg Krähenbühl (SVP) im Wert von 8000 Franken (eine Reise plus Geld). Und die Höhe der Sitzungsgelder bei der Gebäudeversicherung, dem Kraftwerk und der Messe (jeweils 400-500 Franken pro Stunde). In ihren Genuss kamen Adrian Ballmer und Peter Zwick, der inzwischen verstorben ist.
Aufgrund der vielen offenen Fragen haben die fünf Baselbieter Regierungsräte entschieden, sämtliche Entschädigungen für 2013 abzuliefern. Eine entsprechende Empfehlung geben sie auch den Chefbeamten. So bald wie möglich will die Regierung zudem das Gesetz überarbeiten lassen, um mit den Unklarheiten aufzuräumen.
Über allfällige persönliche Konsequenzen, einen Rücktritt vielleicht sogar, mag sich Regierungspräsident Wüthrich erst nach Abschluss der Strafuntersuchung äussern. An der Presseorientierung gab er sich jedenfalls ziemlich zuversichtlich, dass zumindest an ihm nichts hängen bleiben wird.
Alle kamen
Der ganze Fall hat aber eine beträchtliche Dimension für Baselbieter Verhältnisse. Das zeigt nur schon das Aufgebot bei der Präsentation des Finanzkontrollen-Berichts im Regierungsgebäude. Neben Marc Joset (SP) und Klaus Kirchmayr (Grüne) von der Finanzkontrolle standen alle fünf Regierungsräte am Donnerstagmorgen Rede und Antwort.