«Wir haben ein gutes Konzept»

Verkehrsministerin Doris Leuthard hält im Interview die Macht der Verkehrsverbände nicht für ausreichend, den Alpenschutz zu kippen, auch wenn die zweite Strassenröhre am Gotthard gebaut wird.

Wendehals in Sachen Röhren: Bundesrätin Doris Leuthard (hier vor einem Lawinenschutztunnel im Kandertal) irritiert die Räte. (Bild: sda)

Verkehrsministerin Doris Leuthard hält im Interview die Macht der Verkehrsverbände nicht für ausreichend, den Alpenschutz zu kippen, auch wenn die zweite Strassenröhre am Gotthard gebaut wird.

Frau Bundesrätin Leuthard, warum will der Bundesrat jetzt plötzlich einen zweiten Strassentunnel am Gotthard bauen?

Doris Leuthard: Wir müssen die bestehende Röhre sanieren und sie darum während etwa 900 Tagen schliessen. Ohne eine neue, zweite Röhre müssten wir eine Bahn-Rola für 600’000 Lastwagen pro Jahr temporär einrichten. Das kostet etwa eine Milliarde Franken, die wir gleich abschreiben könnten. Insgesamt käme die Sanierung ohne zweite Röhre nur etwa eine Milliarde günstiger. Und in etwa 30 Jahren hätten wir wieder das selbe Problem. Auch sicherheitsmässig sind zwei Röhren wesentlich besser. Das alles hat den Bundesrat dazu geführt, dass er sich nun für die Variante mit der zweiten Röhre entschieden hat.

Aber der Alpenschutzartikel in der Verfassung verbietet doch gerade den Bau weiterer Strassenkapazitäten.

Eben nicht. Er verbietet nur den Ausbau weiterer Strassenkapazitäten. Das macht der Bundesrat auch nicht. Auch mit der zweiten Röhre schreiben wir im Gesetz fest, dass in beiden Tunneln nur eine Spur für den Verkehr freigegeben wird. Die andere Spur dient als Pannenstreifen. Im Gesetz verankern wir zudem auch das jetzt schon praktizierte Tropfenzählersystem mit mindestens 150 Metern Abstand zwischen den Lastwagen.

Wenn die zwei Tunnel mit insgesamt vier Spuren mal gebaut sind, wird doch von den Autoverbänden der Druck enorm werden, zumindest in Stausituationen die ganze Kapazität zu öffnen.

Die Verbände haben nach dem Unglück in Gurtnellen jetzt auch gerade verlangt, dass wir aufmachen sollen. Wir konnten diese Situation jedoch anders bewältigen. Der Lastwagentransit ist ja seit Jahren bei etwa einer Million pro Jahr stabil. Und die maximale Kapazität liegt schon jetzt bei etwa 1, 5 Millionen. Wenn dann er Einspurbetrieb und das Tropfenzählersystem erst noch im Gesetz festgeschrieben sind, kann das noch weniger einfach temporär verändert werden.

Aber die Verbände werden sicher sofort mit einer Initiative zumindest in Stoss- und Stauzeiten den Vierspurbetrieb am Gotthard verlangen.

Was in 20 oder 30 Jahren sein wird, kann ich nicht sagen. In der direkten Demokratie können Sie jederzeit Initiativen machen. Auch eine Verstärkung des Alpenschutzes ist möglich. Fakt ist, müssen ein Problem lösen. Das ist die Sanierung des Gotthard-Strassentunnels. Und wir haben ein gutes Projekt, das auch den Alpenschutz respektiert.

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