Zürich möchte gerne die Deutschweiz übernehmen. Finden wir gut.
In der Welt, meinte Balz Hösly, Präsident der «Greater Zurich Area» (ohne ü-Pünktli) kürzlich in der «NZZ am Sonntag» unbescheiden, in der Welt kenne man aus den hiesigen Breitengraden nur drei Marken: die Schweiz, Genf und natürlich Zürich (online leider nicht verfügbar). Aus diesem Grund möchte Hösly (mit ö-Pünktli) sein Standortmarketing etwas ausdehnen. Am liebsten auf die ganze Deutschweiz und zwar inklusive Basel. Inklusive unserer Stadt also, die Hösly künftig unter dem Label «Greater Zurich Area» vermarkten möchte. Um im knallharten Wettbewerb mit den Niederlanden und Irland zu bestehen, müsse man Ressourcen bündeln (und eben: Namen).
Ganz ehrlich: Wäre es nicht noch neckisch, wenn wir diese Debatte ernsthaft führen müssten? Sabine Horvath hätte wieder mal einen Auftritt, André Auderset würde eine flammende Motion verfassen, Joël Thüring eine alarmistische Medienmitteilung im Namen seines Chefs verschicken, die Linken könnten endlich mal über etwas anderes als über Unternehmenssteuern und unbewilligte Partys reden. Und dann die Fasnacht. Die Fasnacht! Tausend Zürcher-Witze! Stellen Sie sich das mal vor. Eine Gaudi wäre das, da könnten ein paar versprengte Autonome noch hundert Barrikaden um hundert verlassene Industriebrachen aufstellen, da könnten noch zehn Asylschiffe am Rhein ankern und die Stadt könnte jeden Tag von den einschlägigen Bekannten nach Sodom geschrieben werden – es würde niemanden mehr interessieren. Endlich wären wir wieder wer, endlich hätte unser Zürcher-Komplex eine seriöse Grundlage, endlich würde uns jemand wahrnehmen. Darum, liebe Zürcher, bitte: Zieht das durch. Wir finden euch grossartig!
Quellen
Beitrag von Radio DRS
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 22.06.12