Wochenendlich auf der Via Engiadina

Nichts tut müden Bürolistenbeinen und bildschirmgeplagten Augen besser als eine ausgedehnte Wanderung. Im Unterengadin in der Nebensaison hat man ganze Hotels für sich.

(Bild: Matthias Oppliger)

Nichts tut müden Bürolistenbeinen und bildschirmgeplagten Augen besser als eine ausgedehnte Wanderung. Im Unterengadin in der Nebensaison hat man ganze Hotels für sich.

Sich im Vorwärtskommen entspannen, darin liegt wohl die Poesie des Wanderns. Während sich die Beine und bei entsprechendem Rucksack auch der Oberkörper anstrengen, kann sich das Auge erfreuen und der Geist erfrischen. Eine Wohltat insbesondere für Bürolisten und Stadtkinder.

Wandervögel ohne Scheu vor Höhenmetern kommen im Engadin auf der «Via Engiadina» auf ihre Kosten. Dieser Höhenweg durchquert das ganze Engadin. Dabei kann die Strecke in beliebig viele Etappen aufgeteilt werden, da es bei jedem Dorf bequeme Ausstiegsmöglichkeiten gibt. Hier sei der Streckenabschnitt Tschlin–Sent beschrieben. Diese Etappe fällt, was die Länge betrifft, in die Kategorie «Genusswandern».

Endlich mal die teure Gore-Tex-Jacke amortisieren

Von Tschlin nach Sent braucht man knappe fünf Stunden, kein Grund also, sich unnötig zu beeilen. Im Hotel «Macun» bin ich der einzige Gast. Das hielt die Dame jedoch nicht davon ab, punkto Frühstücksbuffet sämtliche Register zu ziehen und mir mindestens fünf verschiedene Schafskäse aus dem Dorf aufzutischen. Derart gestärkt nehme ich die ersten Höhenmeter unter die Sohlen. Den Nieselregen buche ich unter «Erfrischung» ab, schliesslich will die teure Gore-Tex-Jacke amortisiert werden.

Für den ersten grösseren Halt bietet sich das Kurhaus-Restaurant Val Sinestra an – wo sonst im Engadin trifft man auf ganze Busladungen von Holländern in abenteuerlicher Wanderausrüstung. Letztere führt verdankenswerterweise dazu, dass man auf den anspruchsvolleren Wanderwegen – lies: nicht geteerten – für sich bleibt.

Sent ist hübsch. Und für die, die es nicht lassen können, sich auch kulturell zu bilden, gibt es ein kleines Museum. Im Untergeschoss der «Pensiun Aldier» befindet sich eine Ausstellung mit Grafiken von Alberto Giacometti. Ich beschränke mich bei meinem Besuch der Pension allerdings auf die Gaststube, wo gerade der Stammtisch tafelt. Meine Rumantsch-Kenntnisse halten sich in Grenzen, also dient mir die angeregte Diskussion der Herren in olivgrünen Fleecejacken und Calanda-Hütchen als Lokalkolorit.

  • Anbeissen: Die Köche in der «Pensiun Aldier» in Sent beherrschen ihr Metier. Was sie auftischen ist ungekünstelt und einfach gut (grossartig der Kabis-Salat mit Kümmel).
  • Ausschlafen: Hotel «Macun» in Tschlin, ein einfaches Wanderhotel mit sensationeller Küche. Was auf den Tisch kommt, kommt aus dem Engadin.
  • Ausspannen: Das Thermalbad in Scuol. Viele Hotels bieten Besucherkarten für die Dauer des Aufenthaltes, die den Eintritt ins Bad beinhalten.

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