Wochenendlich im Defereggental

Das abgelegene Tal im Tirol war einst das Ende der Welt. Heute bietet es die Ruhe, die wir herbeisehnen.

Schöne Gegensätze: Draussen klirrend-schöne Kälte... (Bild: Esther Staub)

Das abgelegene Tal im Tirol war einst das Ende der Welt. Heute bietet es die Ruhe, die wir herbeisehnen.

Zugegeben, etwas weit ist es schon! 530 Kilometer oder rund sieben Stunden Autofahrt von Basel entfernt liegt das Defereggental. «Die fereggen ja eh…», dachte man früher über die Siedler, die sich hier niederliessen, so unwirtlich war die Lebens­situation in diesem Osttiroler Tal.

Aus heutiger Sicht aber ist es märchenhaft hier. Zum Beispiel für Langläufer: Insgesamt 70 Kilometer Loipen sind gespurt. Wir gehen gleich langlaufen im Hauptort St. Jakob, 1400 Meter über Meer – trotz den minus sieben Grad haben wir schnell warm. Alpin können übrigens rund 80 Kilometer gefahren werden. Und überall laden gute Gasthöfe zum Einkehren ein.

Im Winter den Brenner meiden

Bei dieser Kälte formen sich zauberhafte Naturbilder dem Fluss Schwarzach entlang. Der Rauhreif gibt sein Bestes! Am zweiten Tag fahren wir mit dem Auto bis ans Ende des Tales, wo die Strasse im Winter endet, und gehen den Rest zu Fuss auf den Staller Sattel, 2050 Meter über Meer. Die Aussicht runter ins Südtirol, auf den Antholzer See, ist herrlich. Unser Tipp: via Kitzbühel und den Felbertauern-Tunnel ins Defereggental fahren und nicht der GPS-Dame folgen, denn diese leitet von Innsbruck den kürzesten Weg über die Europa­brücke vom Brenner runter ins Südtirol. Da unten steht man dann zwanzig Minuten vor dem Ziel und kommt nicht weiter. Die italienischen Behörden räumen die Strasse hoch über den Pass nicht, man muss umkehren und via Toblach, Sillian und Lienz ins Tal hineinfahren. Ein grosser zeitlicher Aufwand!

Dafür entschädigt eine Schlittelfahrt die zweieinhalb Kilometer runter nach Italien. In einer Stunde ist man zu Fuss wieder oben und wärmt sich in der «Hexenschenke» bei einem Glühwein.

Knödel und andere Köstlichkeiten

Als es während unseres Aufenthalts zu heftig schneit für die Piste, gehen wir zu Fuss auf die Alpe Stalle, eine Hütte circa eine Stunde Fussmarsch vom Kirchlein in Mariahilf entfernt. Hier begrüsst einen Wirt Bruno (im ganzen Tal sind alle Leute, ob alt oder jung, per Du) gleich mit einem Zirbenschnaps. Zirben werden hier die Arven genannt. Man schmeckt die Nadeln auf der Zunge, wenn der 41-prozentige Klare die Kehle runterfliesst. Nach den köstlichen «Kasknödeln» mit Suppe oder Sauerkraut füllt ein göttlicher «Kaiserschmarrn» mit Zwetschgen- oder Apfelmus den Magen. Und zur Verdauung kann auch hier gegen ein kleines Entgelt zum Auto runtergerodelt werden. Man stellt einfach den Schlitten beim Kirchlein hin. Er wird dann wieder mit dem Traktor raufgefahren.

Zum Ferienabschluss steigen wir noch einmal in die Loipenspur. Warm anziehen ist angesagt. Denn von Mitte November bis Mitte Februar kommt kein Sonnenstrahl ins Tal hinunter. Oft liegen die Temperaturen wochenlang unter null Grad. Dafür wärmt die Herzlichkeit und Gastfreundschaft der Einheimischen das Herz.

  • Anzapfen: Das «Vinum» in St. Jakob gefällt mit gemütlichem Ambiente.
  • Anbeissen: Köstlichkeiten gibts im Gasthof Alpenrose in Erlsbach.
  • Ausspannen: Hotel Tandler – gute Küche, Wellnessbereich. 

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 13/01/12

Nächster Artikel