In Südfrankreich die Seele baumeln lassen – dort, wo auch der Ex-Präsident Ferien macht.
Was sorgte das für Spott im Sommer 2010, als Nicolas Sarkozy, seines Zeichens Ex-Präsident der französischen Republik, sich an einen malerischen Ort namens Cap Nègre zurückzog, um sich von einem Schwächeanfall zu erholen, während überall in seinem Reich Angehörige der Roma abgeschoben wurden. Dabei war es für Monsieur le Président so einfach: Am Cap Nègre nämlich, zuvorderst am Zipfel, besitzt die Familie seiner Ehefrau Carla Bruni ein Schloss. Naheliegend also, dass man sich da erholt.
Und erholen kann man sich am Cap Nègre. Auch ohne Schloss. Und auch wenn man nicht aufs Cap direkt gelangt: Das nämlich ist den Hausbesitzern vorbehalten. Links und rechts davon aber ziehen sich Strände, über die Carla und Nicolas auch schon wanderten. Wir haben uns am Plage du Canadel wohlgefühlt, wo es in der Nebensaison wunderbar ruhig ist. Nur an Schatten fehlt es, darum den Sonnenschirm nicht vergessen.
Wer ein umtriebiges Nightlife sucht, der ist hier jedoch fehl am Platz. Sicher wird er im rund 20 Kilometer entfernten Saint-Tropez fündig. Wir haben es uns am Abend auf der Terrasse unseres gemütlichen Hauses bequem gemacht. Es hiess Le Lézardière und bot für unsere Truppe von acht Erwachsenen und drei Kindern locker Platz. Allerdings kann man es nur wochenweise mieten. Wer für ein Wochenende anreist, was dank EasyJet-Verbindung nach Nizza durchaus möglich ist, müsste sich in einem der Hotels der Ortschaften Cavalière, Cavalaire oder Rayol-Canadel-sur-Mer einmieten.
Diese kleinen Örtchen bieten auch alles für die täglichen Notwendigkeiten. Keine Hypermarchés zwar, aber überschaubare Läden, die nicht nur viel Wein, sondern etwa auch frischen Fisch anbieten. Auch Bäckereien für das Croissant gibt es, das zum Zmorge nicht fehlen darf. In Cavalière etwa holt man sich die Gipfeli in der Boulangerie, setzt sich damit ins Restaurant «Aux Sirènes» daneben und isst es zum Kaffee, der allerdings noch verbesserungsfähig wäre (ein Händchen für guten Kaffee haben die Franzosen einfach nicht). Dafür kann man die Füsse in den Sand des Strands graben, der sich direkt vor der Terrasse erstreckt.
Hat man zeitliches Glück, so kann man in einem der Dörfer einen Markt besuchen. Gerade kulinarisch kommt man da auf seine Kosten: Von Käse über Oliven bis zu frischem Obst und Gemüse: Da deckt sich der Esstisch leicht mit diversen Leckereien.
Fehlt trotzdem die Lust aufs Kochen, so sei das Restaurant «Le Relais des Maures» in Rayol-Canadel-sur-Mer empfohlen. Die bieten übrigens auch Zimmer an – beides allerdings zu gehobenen Preisen. Aber wir wollens uns ja gut gehen lassen. Das Essen im Relais ist typisch französisch, mit täglich wechselndem Dreigangmenü, und ausgezeichnet mit einem verdienten Michelin-Gäblein. Auch der Weinkeller kann sich sehen lassen. Und wer es wagen sollte, mit Kindern in dieses Restaurant einzutreten, wird angenehm überrascht: Die Kleinen werden zuerst bedient, so dass sie nicht quengelnd aufs Essen warten müssen. Abgelenkt werden sie unterdessen vom hauseigenen Hund, der sich friedlich den streichelnden Händen ergibt. Bei diesem Service zahlen die Eltern auch die 17 Euro für Chicken Nuggets und Pommes frites gerne. Wer will, der wandert danach mit vollem Bauch die kleine, etwas überproportional benannte Avenue de France hinunter und landet wieder am Strand. Bei Mondschein kann man die Seele dort perfekt baumeln lassen – auch, wenn man nicht Sarkozy heisst.
- Anzapfen: Die Märkte der Region. Und den Weinkeller des «Le Relais des Maures» in Rayol-Canadel-sur-Mer, Avenue Charles Koecklin 1
- Anschauen: Den (meist) blauen Himmel. Oder den Jardin des Méditerrannées mit seinen unzähligen Pflanzen aus allen Kontinenten.
- Ausspannen: Am Strand von Canadel. Baden und Schlemmen: Was will man mehr?
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 11/11/11