Wochenendlich in Edinburgh

Unter den Schottenrock schauen liegt nicht drin, der neugierige Blick muss woanders hin.

Telefonkabinen sind (fast) verschwunden... (Bild: Martina Rutschmann)

Unter den Schottenrock schauen liegt nicht drin, der neugierige Blick muss woanders hin.

Dieses Schottenmuster! Es ist tatsächlich überall in Edinburgh. Selbst die Sitze der Busse sind kariert. Und natürlich die Hosen, Krawatten – und Röcke. Hie und da begegnet einem tatsächlich ein Schottenrockträger (die Recherche reicht nicht so weit, herauszufinden, ob sich darunter … Sie wissen schon). Wenn ein Fest ansteht, spielt dieser auch mal auf dem Dudelsack.

Wobei so viel Folklore selten anzutreffen ist. Anders als Pubs, die gibt es an jeder Ecke. Dort gibt es zu jeder Tageszeit etwas Warmes zu essen. Frühstück mit Toast, Ei, Fleisch und Bohnen oder schlicht «Fish and Chips». Beides empfehlenswerter als die Spezialität «Haggis», ein mit Innereien gefüllter Schafsmagen. Dann lieber frittierter Fisch. So nah, wie diese Stadt bei der Nordsee liegt, kann dieser nur frisch sein. So schmeckt er auch.

Friedlich und zurückhaltend

In den Pubs kommt alles zusammen. Alte Männer, die Domino spielen. Aufgemotzte Prosecco-Frauenrunden. Horden essender Jünglinge. Biertrinker. Verliebte. Frustrierte. Fussballfans. Wenn Schottland gegen Wales ein Goal schiesst, springt alles auf. Wenn Wales dann gewinnt, wird es ruhig. Aber nie aggressiv. Der Schotte ist friedlich. Und zurückhaltend. Das Gespräch mit Touristen geht selten über das Nötigste hinaus, was etwa eine Erklärung zum Bus- und Taxisystem wäre.

Ständig halten überall typisch englische Taxis und doppelstöckige Busse. Die geplante Tramlinie sollte eigentlich längst fertig sein, die Wirtschaftskrise hat das Projekt aber verzögert. Nun liegen überall halbfertige Tramschienen in den Strassen – und darüber rasen die Busse. Innerhalb der Stadt kostet eine Busfahrt 1.40 Pounds, und wer das Kleingeld nicht auf den Penny genau bereit hat, zahlt mehr. Rückgeld spuckt der Automat im Bus keines aus.

Edel und kitschig

Für eine Fahrt zum Schiff der Queen würden sich auch ein paar Pounds lohnen. Das Schiff ist Glamour pur. Ein Wohnzimmer reicht nicht, zahlreiche Salons gibt es da, für Gäste, für die Queen am Morgen, für die Queen am Mittag, am Abend. Edel eingerichtet und auch ein bisschen ­kitschig. Jedes Mitglied der Königsfamilie hat ein eigenes Schlafzimmer, so gross wie ein Hotelzimmer der oberen Kategorie – Doppelbetten wurden allerdings erst eingeführt, als Prinz Charles Diana heiratete. Sogar einen Operationssaal gibt es. Die Matrosen haben eine eigene Bar «zur Entspannung», müssen aber auf engstem Raum in Betten übereinander schlafen.

Das heisst: mussten. Die «Britannia» wurde 1997 ausser Dienst gestellt und ist seither Museum, aber längst nicht das einzig Sehenswerte. Die Stadt als Ganzes ist die grösste Sehenswürdigkeit. Hügelig wie sie ist, bietet sich ständig eine neue Sicht. Auf das Schloss, das Meer, den Vulkan-Hausberg, grüne Wiesen. Die Häuser sind alt und heimelig, der Regen kommt in Schüben. Norden eben, Wind, Rauheit. Ideal, um den Kopf zu lüften. Der Flug ab Basel dauert keine zwei Stunden. Es lohnt sich! Aber Achtung: Wer wegen der Pandas im Zoo anreist, sollte unbedingt von hier aus einen Besichtigungstermin reservieren. Ohne Anmeldung läuft dort nichts.

  • Anreisen: Mit EasyJet ab Basel.
  • Austrinken: Im «The Advocate»-Pub, 7 Hunter Square.
  • Anschauen: Die «Royal Yacht Britannia», www.royalyachtbritannia.co.uk.
  • Ausgeben: Jenners-Warenhaus,48 Princes Street, www.houseoffraser.co.uk.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 26.10.12

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