Die gemütliche Städtereise für all jene, die nichts verpassen wollen.
Statt per Easyjetset in Europas Grossstädte geht es diese Woche ganz bahn-al nach Freiburg im Breisgau. Gerade weil Freiburg so nahe liegt, vergisst man gerne, wie lohnenswert ein Besuch von Zeit zu Zeit ist. Und so charmant wie von der Bahnpolizei im ICE an diesem Samstag wird man an keinem Flughafen kontrolliert. Kündigen die sich doch tatsächlich mit einem gesäuselten «Tatü-tata, die Polizei ist da» an.
Eine knappe Stunde später stehen wir bereits mitten in der Freiburger Altstadt in der prächtigen Novembersonne. Und haben keinen Plan, was wir unternehmen sollen. Das ist das Schöne an dieser Stadt. Man braucht keinen Plan. Freiburg, das ist die gemütliche Variante unter den Städtereisen.
Denn allzu oft stürzen Städtereisen einen ins Dilemma, weil es so viel zu sehen und zu erleben gäbe, sodass man ständig das Gefühl hat, das Tollste zu verpassen. Das passiert einem in Freiburg nicht: Es gibt zwar einiges zu sehen, zu verpassen aber nichts.
Van Gogh und junge Hipster
Also steigen wir erstmal den Münsterturm empor, weil der gerade so dasteht. Mit 115 Metern Höhe ist er fast doppelt so hoch wie das Basler Münster – dafür muss man hier aber erst bezahlen, wenn man es bis nach oben geschafft hat.
Einen ganzen Nachmittag lang schlendern wir dann den «Bächle» entlang durch die Altstadt, jenen Mini-Kanälen am Strassenrand, die schon für manch nassen Schuh gesorgt haben, aber ihren Teil dazu beitragen, dass man dem Charme des Städtleins nur schwer widerstehen kann.
Der Spaziergang führt uns zu einer formidablen heissen Schokolade in einem Schmuckladen (Strass Café), einer Actionfigur von Vincent Van Gogh (mit einbandagiertem Zweitkopf zum Auswechseln, Spielwarenladen Papagena) und zu einer dreiköpfigen jungen Hipsterband, Typ «Wir sind noch keine Helden», auf dem Augustinerplatz.
Whisky und Brunch soweit der Magen reicht
Mit dem Sonnenuntergang kommt der Hunger und auch die Kälte kriecht langsam, aber fies unter die Haut. Zeit, ins Innere eines der zahlreichen Gasthäuser zu verschwinden, die sich in der historischen Innenstadt aneinanderreihen. Wenn man da sein Hirschmedaillon mit Rosenkohl und handgemachten Spätzle selig verspeist und mit Weizenbier begiesst, so wird einem bewusst, welch guter Bauchentscheid eine Reise nach Freiburg im Spätherbst doch ist.
Für Drinks geht es anschliessend weiter ins Univiertel, wo sich der «Schlappen» mit raumhoher Whisky-Auswahl als gute Adresse erweist. Den Absacker, einen Quittenbrand aus der Region, genehmigen wir uns schliesslich im «Paradies», so heisst das Gasthaus leicht ausserhalb des Stadtzentrums, wo wir abgestiegen sind (Tipp: Zimmer 11 reservieren – es ist das grösste, wie wir dem Fluchtplan entnommen haben). Kater hin oder her, der darauffolgende Sonntagmorgen wird gut, mit einem Brunchbüffet, das jeder Pension gut stehen würde. Dafür lässt uns am zweiten Tag das Wetter im Stich. Es ist grauslig nasskalt und ausser ein paar Cafés und Museen alles geschlossen. Kein Problem, wir machen uns Freiburgs Nähe zu Basel abermals zunutze: Genauso schnell wie man da ist, ist man auch wieder zurück.
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 18/11/11