Wochenendlich in Livigno

Warum nur hat es hier so viele Leute? Livigno ist keine besonders schöne Reisedestination. Aber shoppen, das kann man in dem Zollfreiort wie kaum sonstwo. Und mountainbiken.

Abfahrt nach Scuol (Bild: Peter Sennhauser)

Als Etappenort einer mehrtägigen Mountainbike-Tour eignet sich Livigno zwischen Engadin und Münstertal durchaus. Auch wenn man sich angesichts der Shops bald wünscht, mehr Stauraum zu haben.

Wir waren selber schuld: Dass wir beim Abstieg von der Alp Stretta über die grüne Grenze nach Italien die Mountainbikes rund 500 Höhenmeter einen «Wanderweg» hinuntertragen würden, darauf hatte uns die Streckenplanung schon ausreichend Hinweise gegeben.

Aus der Schweiz ist die Zollfrei-Gemeinde Livigno in der Santa-Maria-Hochebene durch einen Strassentunnel aus dem Nationalpark oder über einen nördlichen Abzweiger vom Berninapass zu erreichen. Aber wir haben den Winter- und Sommersport-Ort nicht als Hauptziel in die Reise eingeplant; er lag einfach als oftgenanntes Mountainbike-Paradies auf der Route von Pontresina via Sta. Maria nach Scuol, die wir in drei Tagen abfahren wollten.

In Livigno einen Tag Pause einzuschalten, erwies sich nach der unerfreulichen Vernichtung mühsam gewonnener Höhenmeter als goldrichtig. Zwar bietet Livigno just den Downhill-Bikern, die in Vollpanzerung die Hänge hinunter rasen, einiges: Im Bike-Park Mottolino kann für 12 Euro den ganzen Tag direkt unter der einst nur für den Wintersport gebauten Gondelbahn ein halbes Dutzend teils aufwändig in den Wald gebauter Trails für Downhiller: Steilwandkurven und Riesen-Airbag mit Sprungschanze zum Abschluss an der Talstation inbegriffen.

Aber auch für gemütlichere Tourenfahrer und Wanderer gibt in den Nebentälern zahllose Wege, Trails und Pfade mit grandiosem Panorama. Einige der abenteuerlichen Routen – zum Beispiel die ins Val Motta und von dort durchs unberührte Val Vau ins Münstertal in der Schweiz – haben auch eine Geschichte: Es sind Schmugglerpfade, Resultat der Zollfreiheit, die der Ort seit 1805 geniesst, als Napoleon sie ihm verlieh, auf dass die strategisch wichtige Siedlung ganzjährig bewohnt bleibe.

Das Resultat ist ein Wintersportort von mehreren Kilometern Länge an der Spöl in Form einer Freiluft-Mall: Zwar zeigen einige der Liegenschaften noch den Charakter der alten Holz- und Steinbauten, die angeblich weit auseinander dem Tal entlang gebaut worden waren, weil winters das Löschwasser in der Hochebene gefroren war. heute ist das Dorf eine Einkaufsstrasse voller Shops, Bars und Hotels.

Die Läden bieten alles feil, was teuer und gut oder anderswo mit hohen Steuern belastet ist: Ein Parfüm-Laden nach dem anderen, Tabak und harter Alkohol am Laufmeter, ausserdem Uhren, Schmuck und Elektronik. Wer einen Einkaufsbummel mit einem Sportwochenende verbinden will, ist in Livigno gut aufgehoben. Und wer die Sportkleidung vergessen hat, findet auch die im reichhaltigen Angebot.

Und wer den Besuch mit einer Mehrtageswanderung oder einer Bike-Tour verbindet, kann die erstandenen Schätze wie ihrerzeit die Schmuggler ausser Landes bringen – was allerdings, sofern die Güter die Freimenge übertreffen, illegal ist.

Unsere Unterkunft im Hotel Concordia wurde ihrem Preis mehr als gerecht: Zu den Aperitifs am Nachmittag werden kostenlos Häppchen à discretion gereicht, das Haus verfügt über Sauna und Fitness-Raum, und wer sich nach einem ruppigen Abstieg aus den Bergen massieren lassen will, findet im Partner-Hotel Lac Salin ein Spa mit einem umfangreichen Angebot vom Schlammbad über die Entspannungs- bis zur asiatischen Massage.

Mountainbike-Route:

Quellen

gps-tracks.com

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