Mit 4:0 (1:0), seinem höchsten Saisonsieg, schickt der FC Basel den Tabellenführer Grasshoppers nach Hause. David Degen erzielte die frühe Führung, Marco Streller erhöhte per Foulpenalty und der eingewechselte Alex Frei traf doppelt.
Das 86. und letzte Spiel, das Daniel Wermelinger in der Super League geleitet hat, wird dem 41-jährigen Aarauer in Erinnerung bleiben. Als eine der intensiveren Partien, die er seit 2004 geleitet hat, als gehaltvollen Spitzenkampf zwischen Tabellenführer und Titelverteidiger, in dem sich zwei Teams verausgabten. In dem er einen kuriosen, aber korrekten Elfmeter pfiff, in dem er noch einmal mit der unsinnigen Seite der Passivabseits-Regelung konfrontiert wurde, und in dem er in einer weiteren, sehr engen Situation ein Tor anerkannte im Geist des Postulats: im Zweifel für den Angreifer. Eigentlich ein schöner Schlusspunkt unter eine Schiedsrichterkarriere.
Das es sich dabei um die letzten beiden Treffer des Sonntags zum 3:0 und 4:0 handelte, macht die Entscheide aus GC-Sicht erträglicher. Sie hatten keinen matchentscheidenden Einfluss mehr. Uli Forte wollte bei der Dernière Wermelingers denn auch grosszügig über alles Strittige hinwegsehen. Der GC-Trainer beschäftigte sich mit seiner Mannschaft und der zweiten Niederlage in den letzten drei sieglosen Spielen: «Das Resultat sieht brutal aus, aber es war nicht alles schlecht.»
Was Yakin dem FCB eingeimpft hat
Dem gegenüber hatte Murat Yakin mehr zu bekritteln, als es der höchste Saisonsieg vermuten liesse. «Ein extrem aufsässiges GC hat uns das Leben in der ersten Halbzeit extrem schwer gemacht», sagte der FCB-Trainer und listete in seinem Mängelverzeichnis zu viele Standards auf, die seine Mannschaft GC zugestanden habe, die fehlende Klarheit in den Offensivaktionen, die defensive Cleverness. «Es ist aufgegangen, aber spielerisch liegt noch eine Steigerung drin.»
Dabei: Es war der fünfte Pflichtspielsieg in Folge für den FCB, er hat den Tabellenführer klar bezwungen und ein eindeutiges Signal an seine Anhängerschaft und an den Rest der Liga ausgesendet: Wer Meister werden will, wird an diesem FC Basel vorbei müssen.
Einem FC Basel, dem Yakin innert vier Wochen eine neue Aggressivität im Spiel gegen den Ball eingeimpft hat, ein konsequentes Spiel über die beiden Flügel, weniger Ballsicherung und dafür mehr Vertikalität und den schnelleren Ball nach vorne, sobald er erobert ist. Und so kam Yakin doch noch zu dem für seine Verhältnisse fast schon euphorischen Schluss: «Ein 4:0 gegen den Leader tut gut.»
Schnörkellos zur frühen Führung
Zum ersten Mal seit März 2003, der Saison des letzten Meistertitels für den Rekordchampion, tauchte GC als Tabellenführer im St.-Jakob-Park auf. Und sorgte dafür, dass mehr als 32‘000 Zuschauer kamen und die Saisonrekordkulisse für den FCB und die gesamte Super League bildeten. Mit breiter Brust hatte sich Fortes Team angekündigt, und das war nicht zuviel versprochen.
GC kassierte dennoch ein frühes Gegentor. Es war ein schnörkelloser Angriff des FCB über die linke Seite, ausgelöst von Dragovic, beschleunigt von Steinhöfer mit einem Pass auf Stocker, und der erlebte die verheerende Wirkung von aus dem Lauf geschlagenen Flanken: Der in die Abschlusszone vorgestossene Yapi liess den Ball fast akrobatisch passieren zum völlig blank stehenden David Degen, der den Ball ideal volley traf und Bürki keine Chance liess. Uli Forte erkannte zwar das Problem seiner Abwehr in dieser Szene («Wir haben gezögert, haben nicht aufgeschlossen»), anerkannte jedoch auch: «Das war sehr, sehr schön herausgespielt.»
Ein atemloser Schlagabtausch
Dieses Tor war das Signal zu einem Spiel, in dem sich beide Mannschaften mit hochgradigem Pressing gegenseitig die Luft zum Atmen nahmen. Es war ein Spiel mit hohem Tempo, worunter die Präzision zwar litt, aber nicht die Elektrizität auf dem Platz. Im Prinzip war es ein offener Schlagabtausch, den man aus Schlussphasen von Fussballspielen kennt, der in diesem Fall jedoch schon nach einer Viertelstunde einsetzte.
Die Grasshoppers demonstrierten, warum sie mit einer Serie von neun Siegen Tabellenführer wurden. Ihr Speed, vor allem über Zuber und Hajrovic auf den Flügeln ist beeindruckend. Gefahr beschwor GC im ersten Durchgang allerdings nur bei Standards herauf. Nach dem Seitenwechsel hatten Zuber und Hajrovic zwei exzellente Ausgleichschancen, aber beides Mal legte Yann Sommer sein Veto ein.
Es war die Phase, als die Partie auf des Messers Schneide stand, und es war Valentin Stocker, der herausragende Spieler des Nachmittags, der sie in die von Basel gewünschte Richtung lenkte. Mit einer Kopfballverlängerung von Marco Streller enteilte er der GC-Verteidigung, und dann passierte das Kuriose: Michael Lang schubste seinen Abwehrkollegen Stéphane Grichting so ungeschickt, dass dieser in Stocker hineinfiel und Wermelinger keine Wahl blieb: Penalty.
Stockers Show, Freis Festspiele
So sicher wie Streller diesen Elfmeter verwandelte, so sicher hatte der FCB anschliessend die Partie im Griff. Das 2:0 war ein Wirkungstreffer, und bei GC ging die Power ebenso zur Neige wie der Glaube, an der Niederlage noch etwas ändern zu können. Sie haderten noch, weil Fabian Frei einen Schuss von Lang mit dem Ellenbogen ablenkte, sie dafür aber keinen Strafstoss bekamen.
Im Gegenzug leistete sich David Degen noch eine ungeheuerliche Chancenvergeudung, als er die freistehenden Stocker und Fabian Frei ignorierte und weit am Tor vorschoss (65.). Und dann begann die kurzen Alex-Frei-Festspiele. Der Torjäger hatte drei Tage nach seiner Rücktrittsankündigung zunächst von Yakin einen Platz auf der Ersatzbank zugewiesen bekommen. Sein Mienenspiel signalisierte, dass er das mit Gelassenheit trug, die er nach dem Spiel auch in Worte fasste: «Ich habe damit überhaupt kein Problem, es wird noch genügend Spiele geben, in denen ich mich zeigen kann.»
Als Frei in der 70. Minute für David Degen kam, dauerte es keine zwei Minuten, ehe er zum 3:0 traf und darob fast ungläubig den Kopf schüttelte.
Vom Unsinn des passiven Abseits
Dieses Tor war ein gröberes Beispiel für die Untauglichkeit der Passivabseitsregelung. Als Stocker von Streller angespielt wird, steht Frei meilenweit im Abseits; Stocker kontrolliert den Ball und legt ihn dann – eine neue Spielsituation in den Augen der Regelverfasser – auf den frei stehenden Frei, der nur noch ins leere Tor einzuschieben braucht. Dass bei Stockers Pass ausserdem den Tatbestand einer erneuten Abseitsstellung Freis vorgelegen hat, wollte Wermelinger nicht erkennen. Genauso wenig wie die knappe Abseitsstellung Stockers bei der Entstehung des vierten FCB-Treffers sieben Minuten später.
Dem wollte Uli Forte hinterher keine grössere Bedeutung beimessen: «Der Ball ist heute einfach nicht für uns gelaufen.» Der GC-Trainer verortete die Gründe für die dritte Saisonniederlage in der Breite des Kaders der Basler, die eben noch einen Alex Frei einwechseln könnten. Und in ihrer Effizienz. «Ich hätte mir gewünscht, dass wir mehr aus unseren eigenen Chancen machen», sagte Forte, der die Absenzen des gesperrten Veroljub Salatic und von Amir Abrashi («unser Aggressivleader) ins Feld führte: «Wenn der Captain und Chef fehlt, dann fällt das ins Gewicht. Wenn man in Basel etwas holen will, muss man aus dem Vollen schöpfen können.»
Der GC-Vorsprung: Von elf auf drei Punkte
Von elf auf drei Punkte ist der Vorsprung der Grasshoppers auf den Titelverteidiger in nur drei Runden abgeschmolzen. «Noch sind wir Tabellenführer», versucht Forte keinerlei Eindruck von Verunsicherung auf Zürcher Seite entstehen zu lassen. Nüchtern will er die höchste Saisonniederlage analysieren, aber nächsten Samstag in Sion wird er auf die gesperrten Pavlovic und Toko verzichten müssen, und Lang zog sich in Basel einen Mittelhandbruch zu. «Jetzt», sagt Forte, «kommt es knüppeldick.»
Die Liga freut sich derweil über einen noch nicht dagewesenen Zusammenschluss: Zwischen den Teams von Platz 1 bis 4 liegen nur drei Zähler. Das hat es seit der Ligareform 2003 und nach 16 Runden einer Saison noch nicht gegeben und verspricht ein enges Titelrennen. Eines, in dem Basel die vierte Meisterschaft in Serie zugetraut werden darf.
Super League, 16. Runde
FC Basel–Grasshoppers 4:0 (1:0)
St.-Jakob-Park. – 32‘060 Zuschauer. – SR Wermelinger.
Tore:
7. David Degen 1:0 (Volleyschuss mit rechts aus 12 Metern in die linke untere Torecke auf Flanke Stocker, die Yapi im Zentrum geschickt zum freistehenden Degen passieren lässt).
57. Streller 2:0 (Foulpenalty; unten rechts verwandelt, Foul Grichting an Stocker).
72. Alex Frei 3:0 (schiebt auf Querpass Stocker aus sechs Metern ins leere Tor ein und profitiert von der Passivabseitsregel).
79. Alex Frei 4:0 (schiebt wieder aus kurzer Distanz ein auf Querpass von Stocker, der im Abseits stehend angespielt wird).
Verwarnungen: 21. Pavlovic (Foul), 32. Toko (Foul), 33. Schär (Foul), 56. Grichting (Foul), 68. D. Degen (Foul), 83. Dragovic (Foul).
FC Basel (4-1-4-1): Sommer; P. Degen, Schär, Dragovic, Steinhöfer; Cabral; D. Degen (70. A. Frei), Yapi (65. Salah), F. Frei, Stocker (81. Diaz); Streller. – Reserve: Vailati (T), Park, Sauro, Zoua.
GC (4-2-3-1): Bürki; Lang, Velotic, Grichting, Pavlovic; Toko, T. Xhaka; Hajrovic (81. Paiva), Gashi (66. Feltscher), Zuber (87. Adili); Ben Khalifa. – Reserve: Taini, Brahimi, Bauer.
Bemerkungen: FCB ohne Voser und Jevtic (beide verletzt). GC ohne Salatic (gesperrt), Mustafi, Coulibaly und Abrashi (alle verletzt). – Letzter Einsatz von Schiedsrichter Daniel Wermelinger im Spitzenfussball. – 19. Tor von Streller wegen Offside aberkannt.
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