Nach der 2:3-Niederlage des FC Basel am letzten Donnerstag ist die Ausgangslage vor dem Sechzehntelfinal-Rückspiel (Do, 21.05 Uhr, St.-Jakob-Park) gegen die AS Saint-Etienne offen. Während der eine Trainer um seinen Vorteil weiss, ihn aber mit Zahlen zunichte macht, will der andere nichts von Statistiken hören.
Er ist ein junger Mensch, dieser Franck Tabanou, der mit vollem Namen Franck Pascal Paul Tabanou heisst, Swansea City gehört und seinen linken Hals mit einer Tätowierung schmückt. Aber mit 27 Jahren ist er nicht mehr der jüngste aller Fussballspieler. Und deswegen kann man seine Aussage nicht jugendlichem Unmut zuschreiben, sondern muss sich darüber freuen, wenn ein Profi mit ernster Miene sagt: «Unsere Qualifikationschancen sind höher als diejenigen von Basel.»
Freuen muss man sich deswegen über die Aussage des linken Aussenverteidigers der AS Saint-Etienne, weil in diesem Geschäft in aller Regel alle von einer 50 prozentigen Qualifikationschance sprechen. Fast schon unabhängig davon, wie ein Hinspiel verlaufen ist; beinahe unabhängig davon, wer der Gegner ist.
» Matias Delgado ist die personifizierte Hoffnung – der FC Basel vor dem Rückspiel
So hatten sowohl die Exponenten des französischen Rekordmeisters als auch die Akteure des FC Basel vor dem Hinspiel noch gesagt: «Die Chancen stehen fünfzig zu fünfzig.» Nach der 2:3-Niederlage der Basler im Hinspiel vor einer Woche hat sich das insofern geändert, als den Franzosen, die von 2000 mitgereisten Fans unterstützt werden, bereits ein Unentschieden zum Einzug in die Achtelfinals reicht.
Der Basler Scorer und die damit verbundenen Hoffnungen
Doch der junge Mann mit Ziegenbart erhält bezüglich seiner Meinung zumindest von seinem Trainer keine Unterstützung. Christophe Galtier sagt: «Ich vertraue den Statistikern. Und die sagen, dass die Qualifikationschancen 43 Prozent betragen, wenn man das Hinspiel mit 3:2 gewonnen hat.»
Dem entgegnet Basels Trainer Urs Fischer: «Statistiken sind für Statistiker.»
Oder für die Fussballberichterstattung. Und die steigt vor solchen Spielen in die Datenbanken und findet auch beim FC Basel Affichen, die nach einer 2:3-Niederlage im Hinspiel noch gewendet wurden.
Dafür braucht der FC Basel ein 1:0, ein 2:1 oder einen Sieg mit zwei Toren Differenz. Matias Delgado könnte dabei eine entscheidende Rolle zukommen, dem besten Basler Scorer, der seit Jahren die Fantasien der Anhänger anregt.
Ein FCB, der auch «gezittert» hat
Fischer erwartet ein ähnliches Spiel wie in Saint-Etienne und hofft, dass das auch bezüglich der Leistung seines Teams zutreffen wird: «Wenn man unsere Leistung betrachtet, dann ist die Niederlage kein korrektes Resultat. Aber es gewinnt eben nicht immer die Mannschaft, die stärker ist und dominanter auftritt.»
Galtier hat im Stade Geoffroy-Guichard ebenfalls einen «starken» FCB gesehen, eine Mannschaft, die aber «auch gezittert hat». Vor allem bei Standardsituationen machte Fischers Mannschaft zuletzt einen unsicheren Eindruck; zwei der drei Gegentore in Saint-Etienne sowie auch der Treffer des FC Vaduz fielen nach stehenden Bällen.
Die AS Saint-Etienne macht ihre ersten Schritte im St.-Jakob-Park. (Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)
In Fischers Vorbereitungsdossier gab es schon vor dem Hinspiel ein Kapitel, das den Standards gewidmet war. Sie hätten diese Situationen angeschaut, sagt der 50-Jährige, «aber vielleicht war es fast zu viel».
Die fehlende Marge des französischen Meisters
Fischer kann aus dem Vollen schöpfen, was seine Stammspieler angeht. Daneben fehlen Andraz Sporar und Jean-Paul Boëtius verletzt, in der Startaufstellung hätten die beiden mutmasslich auch gesund keine Rolle gespielt.
In der Offensive dürfte Fischer Breel Embolo, Matias Delgado, Birkir Bjarnason und Marc Janko vertrauen, hinter dem Quartett Taulant Xhaka und Luca Zuffi, in der Abwehr der Viererkette Michael Lang, Marek Suchy, Walter Samuel und Behrang Safari.
Diese Abwehr will Saint-Etienne überwinden und nicht etwa ein torloses Unentschieden anstreben. «Wir wollen angreifen und Tore schiessen», sagt Galtier. «Auch wenn das Hinspiel für uns spricht: Wir haben nicht genügend Marge, um auf Resultat zu spielen.»
«Dann beginnt das europäische Abenteuer erst»
Nachdem der FC Basel in den letzten Jahren einen Halbfinal (2012/13) und einen Viertelfinal (2013/14) erreichte, erwartet der Fussballkonsument, dass der Schweizer Meister die Hürde Saint-Etienne nimmt und in die Runde der letzten Sechzehn einzieht. Die Franzosen würden ihrerseits mit einem Achtelfinaleinzug ihren Europa-League-Rekord aus der Saison 2008/09 egalisieren.
«Wenn wir weiterkommen», so Galtier, «beginnt das europäische Abenteuer erst. Und für den Verein wäre das ein nächster Schritt in seiner Geschichte.»
Für den 27-jährigen Franck Tabanou übrigens auch. Er steht zum ersten Mal überhaupt in der K.o.-Phase auf dem Platz.
Franck Tabanou, der junge Mann und nicht mehr ganz so junge Fussballer. (Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)