Zwischen Hin- und Rückspiel im Europa-League-Sechzehntelfinal tut sich Tabellenführer FC Basel gegen den Letzten FC Vaduz zunächst schwer und liegt zur Pause zurück. Dann kommt Rotblau wie ein Naturereignis über die Gäste aus Liechtenstein. Lang, Debütant Fransson, Zuffi und zweimal Bjarnason treffen für den FCB, der seinen 15-Punkte-Vorsprung auf GC (3:0 gegen Sion) wahrt.
Basler Jubelkollektiv: Nach Pausen-Rückstand feiert der FCB noch einen gewaltigen 5:1-Heimsieg über Vaduz.
(Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)Die kalte Dusche: Der Vaduzer Mario Bühler (ganz rechts) trifft zum 0:1 im St.-Jakob-Park.
(Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)Vaduzer Freude in der achten Minute: Erstmals seit dem ersten Aufeinandertreffen in einem Wettbewerbsspiel im Jahr 2006 konnten die Liechtensteiner im Joggeli in Führung gehen – daran, dass sie noch nie etwas geholt haben in Basel, änderte das jedoch nichts.
(Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)Adama Traoré, einer von fünf neuen Spielern, die Trainer Fischer im Vergleich zum Donnerstag brachte, im Duell mit dem Vaduzer Stjepan Kukuruzovic, der der Freistoss die Führung der Gäste aus dem Ländle vorbereitete.
(Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)Neues Gesicht im Joggeli: Alexander Fransson bei seinem Startelf-Debüt in Rotblau gegen Philipp Muntwiler.
(Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)Was der FCB in der ersten Halbzeit auch probierte – hier ein Fallrückzieher von Breel Embolo – fruchtete zunächst nicht.
(Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)Der Ausgleich: Mit diesem Abschluss trifft Michael Lang zwischen den Beinen von Vaduz-Goalie Peter Jehle hindurch. Für den FCB-Verteidiger ist es bereits das siebte Saisontor und das fünfte in der Liga.
(Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)Erleichterung nach dem Ausgleich: Vorlagengeber Matias Delgado (Mitte) und Torschütze Michael Lang (Zweiter von rechts).
(Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)Was will man mehr? Erstes Spiel, erstes Tor für Winter-Zugang Alexander Fransson, der mit dem 2:1 die Wende gegen Vaduz einleitet.
(Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)Michael Lang und Manuel Akanji (rechts) freuen sich über das 3:1 von Luca Zuffi (nicht im Bild), einem Freistoss, der an Freund und Gegner vorbei den Weg ins Vaduzer Tor findet.
(Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)Man kann die 21. Runde der Super League ganz nüchtern betrachten: Die drei führenden Mannschaften gewinnen ihre Heimspiele mehr oder weniger souverän. Basel liegt 15 Punkte vor den Grasshoppers und 19 Längen vor den Young Boys. Alles beim Alten soweit.
Man kann dieses Nach-Fasnacht- und Zwischen-Europacup-Wochenende auch aus Vaduzer Sicht anschauen. Seit 2006 bestreiten sie Wettbewerbsspiele gegen den FC Basel und ausser einem ebenso sensationellen wie zwecklosen Heimsieg im Uefa-Cup vor bald zehn Jahren haben sie gegen den FCB stets verloren. Zehn Mal bis zu diesem Sonntag in der Super League, und ein einziges Tor resultierte bisher aus diesen Spielen.
Dieses Tor datiert vom Auftaktspiel dieser Saison, einem jener jüngsten Vergleiche, in dem die Mannschaft aus dem Ländle dem Branchenriesen mit seiner geschickten Spielweise durchaus Schwierigkeiten zu bereiten in der Lage war. Und an diesem Sonntag kam es noch besser: Ein aus dem Halbfeld scharf vors Tor gezirkelter Freistoss von Stjepan Kukuruzovic und eine artistische Einlage von Innenverteidiger Mario Bühler – und die Vaduzer lagen 1:0 vorne.
Vaduz erstmals im Joggeli in Führung
Zum ersten Mal überhaupt führten sie im Joggeli, das nach erst acht Spielminuten und in der 45. Minute immer noch, und vielleicht haben sie in der Halbzeitpause ein bisschen angefangen zu träumen vom grossen Coup. Einen «willigen» Auftritt hatte Giorgio Contini bis dahin gesehen. Nicht umsonst ist der Vaduzer Trainer, einst Assistent von Murat Yakin in Luzern, jüngst nominiert gewesen bei der Wahl zum «Trainer des Jahres». Er leistet mit den überschaubaren Möglichkeiten im Fürstentum erstklassige Arbeit. Auch und gerade taktisch.
Dann brach die zweite Halbzeit an und baute sich sofort ein immer grösser werdender Druck des FCB auf. Sechs Minuten lang konnten die Vaduzer noch die Löcher stopfen, dann war der Ausgleich fällig, und anschliessend kamen die Rotblauen wie ein Naturereignis über die Gäste. Sechs Minuten verstrichen bis zum 2:1; weitere 20 Minuten, bis es 4:1 stand.
Und von Vaduz war nichts mehr zu sehen.
Peter Jehle: «Dann nehmen die Dinge ihren Lauf»
Man kann die Partie auch aus der Sicht von Vaduz-Goalie Peter Jehle sehen. Das 1:1 kassiert er mit einem Schuss von Michael Lang zwischen den Beinen hindurch. «Als Super-League-Torhüter muss man einen solchen Ball zwingend halten», sagt Jehle, der gefühlt eine kleine Ewigkeit in Vaduz und im Nationalteam im Tor steht und der gerade 34 Jahre alt geworden ist.
Mit seiner ganzen Reife und grossen Klasse nimmt Jehle Stellung zu dem, was ihm und seiner Mannschaft da in den zweiten 45 Minuten widerfahren ist: «Die Euphorie über die Pausenführung, der Wille, das war nach dem 1:1 weg. Wir haben nicht mehr den Tritt gefunden.»
@salizaemme @FC_Basel 4.4.2015 Basel 6:0 Aarau #rotblaulive
— Lucas Didden (@ld_1893) February 21, 2016
Hinter ihm stimmte die Muttenzerkurve nach dem Beinschuss herrlich altmodisch «Jehle ist nervös» an. Davon lässt sich ein Tormann in diesem Alter natürlich nicht wirklich nervös machen – wobei: auch beim zweiten Gegentreffer sieht Jehle nicht vorteilhaft aus. Der Eckball von Matias Delgado, der schon den Ausgleich mit einem Zuckerpass vorbereitete, fliegt an Jehles fangbereiten Händen vorbei und Joggeli-Debütant Alexander Fransson auf den Fuss.
«Jehle ist nervös» schallt es dem bedauernswerten Goalie von hinten ins Ohr. «Aber ganz ehrlich», sagt der, «das nimmt man nicht wahr. Dafür ist man zu sehr mit sich selbst beschäftigt.» Und seinen Fehlern. «Schön», sagt Jehle tapfer, «dass es solche Stadien mit einer solchen Atmosphäre in der Schweiz gibt.»
Von ihren Fehlern erholen sich die Vaduzer nicht mehr. «Dann», sagt Jehle, «kommt die psychologische Komponente hinzu. Dann nehmen die Dinge ihren Lauf. So ist das manchmal im Fussball.» Und das Endresultat «bitter» bis «brutal».
Das nachträgliche Geschenk für Fischer zum Fünfzigsten
Aus Basler Perspektive sieht das so aus: Nach einer ersten Halbzeit, in der bereits ein klares Plus an Spielanteilen nicht gefruchtet hatte, kombiniert sich das Team in einen Mini-Rausch. Und das drei Tage nach der Europacup-Reise nach Saint-Etienne. Auf fünf Positionen hatte Urs Fischer die Startelf verändert, hatte Walter Samuel, Behrang Safari und Renato Steffen geschont oder auf die Bank gesetzt und die gesperrten Marc Janko und Taulant Xhaka ersetzen müssen.
Und während Fasnacht-Basel bei prächtigem Wetter bummelte, suchte der FCB zunächst einmal nach dem richtigen Rhythmus. «Die Mannschaft hat eine Halbzeit lang gebraucht, um den Donnerstag rauszulaufen», so Fischer, «und in der zweiten Halbzeit hat sie eine eindrückliche Antwort gegeben.» Und das, wo parallel der ebenfalls in der Europa League engagierte FC Sion nach der 1:2-Niederlage gegen Braga bei den Grasshoppers diskussionslos 0:3 unterlag.
He @FC_Basel könntet ihr bitte auch mal in der ersten Halbzeit Tore schiessen? Sitze vis-à-vis der Muttenzerkurve… #rotblaulive
— Matthias Loser (@matsloser) February 21, 2016
Man könnte sagen, die FCB-Spieler haben ihrem Trainer nachträglich das schönste Geschenk zum 50. Geburtstag gemacht. Im Hotel hätten ihn die Spieler am Samstagabend überrascht, erzählt Fischer, ohne die Überraschung zu benennen, «mir war ein bisschen unwohl dabei, weil ich nicht so gerne im Mittelpunkt stehe».
Dass ihn die Geste des Teams gleichwohl gefreut hat, sah man dem Jubilar noch am Tag danach an der Nasenspitze an; dass den offiziell 25’195 Zuschauern im St.-Jakob-Park dann auch noch 90 – oder durch die rotblaue Brille zumindest 45 – Minuten beste Fussballunterhaltung geboten wurde, spricht auch dafür, wie der Trainer seine Truppe unter Spannung halten kann. Und das trotz eines Vorsprungs, bei dem eine gewisse Nonchalance oder Selbstzufriedenheit eine natürliche Risikoquelle darstellt.
Die Konstanz – Ausdruck einer ausgezeichneten Arbeit
66 Prozent Ballbesitz summierten sich unter dem Strich, der FCB kassierte zwar das erste Gegentor im Joggeli seit November, und dass es nach zwei Gegentreffern aus Standardsituationen gegen St-Etienne wieder einer aus einem ruhenden Ball war, amüsiert den Trainer bestimmt nicht.
Doch die Konstanz, die der FC Basel an den Tag legt, dieser dritte Sieg nach Wiederaufnahme des Meisterschaftsbetriebs, zeichnet schlussendlich eine gute, eine ausgezeichnete Arbeit aus. Und wenn Fischer mit seiner Mannschaft nun auch noch am Donnerstag gegen die AS Saint-Etienne das Rückspiel gewinnt und in die Achtelfinals der Europa League erreicht, dann ist dies bereits das Sahnehäubchen auf dieser Saison.
Was der Heimspieldebütant Fransson, der treffsichere Verteidiger Lang und der Freistossschütze Zuffi nach dem Spiel sagen:
Vor dem Spiel:
Saisonziele und Erwartungshaltung: Der FC Basel wollte europäisch überwintern. Das hat er geschafft, wenngleich nicht in der Champions League, sondern in der Europa League. Für viele Fussballkonsumenten ist das zu weing: » Ziele und Erwartungen decken sich nicht
Niederlage und Hoffnung: Das Hinspiel gegen Saint-Etienne verlor der Schweizer Meister mit 2:3. Wegen der Spannung versprechenden Ausgangslage kommen am Donnerstag möglicherweise mehr Zuschauer in den St.-Jakob-Park als erwartet: » FCB-Präsident Bernhard Heusler appelliert an die Basler Fans
Engagement und Diskretion: Pascal Naef betreut beim FC Basel die Spieler, besorgt ihnen Wohnungen, Autos und löst sonstige Probleme. Zu diesem Job ist er als persönlicher Assistent Gigi Oeris gekommen: » «Ich sehe in eine Intimsphäre, die ein Journalist oder ein Fan nie sieht»
Handlung und Konsequenz: Taulant Xhaka fehlt dem FC Basel für vier Spiele. Zumindest dann, wenn der Verein gegen die Spielsperre wegen des «krass sportwidrigen Vorgehens» gegen GC-Spieler Moritz Bauer keinen Rekurs einlegt: » SFL zieht Xhaka für vier Spiele aus dem Verkehr