Alex Frei hat genug vom Kindergeburtstag in Luzern

Keine 20 Monate ist es her, dass Alex Frei beim FC Basel seine Spielerkarriere beendet und tags darauf beim FC Luzern seine neue Arbeit als Sportchef aufgenommen hat. Jetzt stehen die Luzerner am Tabellenende, und Alex Frei hat sich in einem steten Machtkampf aufgerieben.

Luzern 19.03.2013 - Alex Frei, new sporting director of FC Luzern and MikeHauser, president FC Luzern, after the press conference in the Swissporarena Lucerne. Photo by Mischa Christen (Bild: Mischa Christen)

Keine 20 Monate ist es her, dass Alex Frei beim FC Basel seine Spielerkarriere beendet und tags darauf beim FC Luzern seine neue Arbeit als Sportchef aufgenommen hat. Jetzt stehen die Luzerner am Tabellenende, und Alex Frei hat sich in einem steten Machtkampf aufgerieben.

Dass es die Spatzen in Luzern von den Dächern pfeifen, klingt fast zu diskret: Alex Frei ist als Sportchef des FC Luzern so gut wie Geschichte.

Das Szenario lässt sich unschwer vorhersagen: An diesem Samstag steht um 17.45 Uhr noch das letzte Heimspiel des Jahres gegen den FC Basel bevor, eine letzte grosse Ambience in der Swissporarena, bei der der Tabellenletzte entweder einen Exploit zustande bringt oder wie erwartet verliert. Danach, sagen wir: am Sonntag, folgt ein Communiqué, in dem die getrennten Wege von Alex Frei und dem FC Luzern bekanntgegeben werden. Mit Formulierungen wie: «in beiderseitigem Einvernehmen».

Die Bilanz: Acht Siege in 35 Spielen

Dass er es an einem Fussballstandort mit einigem Potenzial nicht einfach haben würde, das war Alex Frei bewusst gewesen. Schliesslich ist Luzern auch einer der nervösesten Flecken auf der Fussballlandkarte der Schweiz. Und Frei war in seiner Funktion ein Novize, als er sich vor 19 Monaten und 17 Tagen, keine 24 Stunden nach dem Ende seiner schillernden Spielerkarriere und ohne Atem zu holen auf die neue Aufgabe stürzte.

Das alles hat ihn nicht geschreckt, den von Bauchgefühl, Ehrgeiz und reichhaltiger Erfahrung als Profi gesteuerten Rekordtorschützen der Schweizer Nationalmannschaft. Im Gegenteil.

«Den Mutigen gehört die Welt», entgegnete er den Skeptikern, und als wenige Wochen später der Klassenerhalt geschafft war und zur Jahreswende 2013/14 der FC Luzern hinter dem FC Basel auf Platz 2 stand, schien alles auf einem guten Weg.

Doch im zu Ende gehenden Kalenderjahr hat der FCL nur noch acht von 35 Meisterschaftsspielen gewonnen, stürzte das Team an Tabellenende ab und mit ihm der Sportchef im Ansehen.

Aufgerieben im steten Kampf

Dass es nun auf eine Trennung hinausläuft, hat nur einerseits mit der sportlichen Bilanz zu tun. Mit der Eigendynamik, die eine Abwärtsspirale annimmt. Andererseits schilderten enge Weggefährten schon vor geraumer Zeit, dass der 35-jährige Frei sich gesundheitlich aufreibe im Kampf gegen Windmühlen. Gegen eingebildete Gegner wie gegen tatsächliche Widersacher.



Starker Mann beim FC Luzern: Ehrenpräsident Walter Stierli (rechts), hier mit den FCL-Investoren Marco Sieber (links) und Samih Sawiris (Mitte) im April 2013 in der Swissporarena.

Starker Mann beim FC Luzern: Ehrenpräsident Walter Stierli (rechts), hier mit den FCL-Investoren Marco Sieber (links) und Samih Sawiris (Mitte) im April 2013 in der Swissporarena. (Bild: Philipp Schmidli/Freshfocus)

Alex Frei hat in Luzern, wie immer, wo er war, polarisiert. Er hat auch etwas vorangebracht, dem Verein, für den er einst selbst Tore schoss, sein professionelles Denken versucht vorzuleben. Der Ex-Stürmer hat ein paar gute Transfers für die Luzerner Offensive gemacht und eine paar weniger überzeugende für die Defensive. Und das alles unter einem Spardiktat der Holding AG. Die sieht, bei schwindenden Zuschauerzahlen, schon dem nächsten Defizit von zwei, drei Millionen Franken entgegen. Das ist kein einfaches Umfeld für einen ambitionierten Sportchef.

Die Seilschaften des Ehrenpräsidenten

Zu deren Mehrheitsaktionären gehört Walter Stierli, der Ehrenpräsident des FC Luzern. Eigentlich hatte der 66-Jährige angekündigt, sich nach dem Rückzug aus dem operativen Geschäft ganz vom FC Luzern zurückzuziehen. Doch jetzt stellt es sich so dar, dass Sportchef Frei vor allem im Machtkampf mit Stierli und dessen permanentem Einfluss oder dem seiner Seilschaften kapituliert.

So darf jedenfalls gewertet werden, was Alex Frei vor 14 Tagen im Interview mit der «NZZ am Sonntag» (online nicht verfügbar) gesagt hat: «Ich wusste, dass der FC Luzern ein Haifisch­becken ist. Aber mir war nicht bewusst, dass so viele Haie darin schwimmen.» Die einen werten das als Auslöser der Zuspitzung, man könnte es aber auch als Hilferuf interpretieren.

Alex Frei: Mürbe und müde

Seitdem hat Frei sich nicht mehr öffentlich geäussert. Jedenfalls nicht mehr substanziell. Und schon gar nicht, wenn ihm das Lokalblatt zuletzt quasi im täglichen Rhythmus die Frage nach dem Rücktritt stellte – oder ihm diesen mehr oder weniger nahelegte. Mürbe scheint Alex Frei schon länger und der ständigen Rechtfertigung müde. In der letzten November-Woche hat das Sperrfeuer eingesetzt, seither vergeht kein Tag, an dem nicht über Freis Abgang spekuliert wird und Nachfolge-Kandidaten herumgereicht werden.

«Es riecht nach freiwilligem Rücktritt», schreibt die «Neue Luzerner Zeitung» in ihrer Freitagsausgabe (online nicht in voller Länger verfügbar), hält dem Sportchef eine «fehlende selbstkritische Haltung» vor und kommt zu dem Schluss: «Der Ex-Fussballer Alex Frei hat es in Luzern nicht verstanden, die Leute für sich und seine Ideen zu gewinnen.» Die Durchhalteparolen der amtierenden Präsidenten Marco Sieber (Holding AG) und Ruedi Stäger, dem zu 60 Prozent angestellten Präsidenten des FCL, wirken nicht mehr überzeugt.

«Luzern ist ein Kindergeburtstag»

Trainer Markus Babbel, seit Mitte Oktober der Nachfolger des ausgebooteten Carlos Bernegger, verfolgt das Treiben bei seinem neuen Arbeitgeber mit all seiner Erfahrung aus Bundesliga, Premier League und deutscher Nationalmannschaft mit ostentativer Gelassenheit: «Luzern ist im Vergleich ein Kindergeburtstag.» Lustiges Ringelreihen und fröhliche Rasselbande? Oder meint der vierfache Vater eher: Hauen, Heulen, Haareziehen?

Vielleicht trifft Babbels Metapher die Verhältnisse beim FC Luzern unfreiwillig ziemlich präzise. Einer hat jedenfalls keine Freude mehr an der Veranstaltung. Gegen seinen Ex-Club, mit dem er als Spieler einen triumphalen Karriere-Herbst erlebte, geht es zu Ende.

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