Als die Heissluft entweicht

Mohamed Salah steht auch während des Spiels in Tel Aviv im Mittelpunkt – wegen seines Tores und seines Kniefalls. Und der FC Basel erreicht die Playoffs der Champions-League-Ausscheidung, weil Murat Yakin der Maccabi-Aufholjagd taktisch den Riegel schiebt und dafür Anerkennung seines Kollegen erhält.

Basel's Mohamed Salah cheers after scoring during a Champions League third qualifying round second leg match between Israel's Maccabi Tel Aviv FC and Switzerland's FC Basel 1893 at the Bloomfield stadium in Tel Aviv, Israel, on Tuesday, August 6, 2013. (K (Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)

Mohamed Salah steht auch während des Spiels in Tel Aviv im Mittelpunkt – wegen seines Tores und seines Kniefalls. Und der FC Basel erreicht die Playoffs der Champions-League-Ausscheidung, weil Murat Yakin der Maccabi-Aufholjagd taktisch den Riegel schiebt und dafür Anerkennung seines Kollegen erhält.

Als dieses Spiel, das im Vorfeld so viele nervös gemacht hatte, angepfiffen wurde, schien die aufgestaute Heissluft bereits nach wenigen Minuten zu entweichen. Dabei hatte die Ausgangslage aus dem Hinspiel im St. Jakob-Park, das mit einem knappen 1:0 für den FC Basel geendet hatte und fürs Rückspiel im stimmungsvollen Bloomfield-Stadion in Tel Aviv alle Möglichkeiten offen liess, eine Zitterpartie versprochen.

Nicht ausgestanden war bei Anpfiff der politische Gehalt der Debatte um FCB-Spieler Mohamed Salah. Am Ankunftstag des FC Basel in Israel stand in einem Artikel der Plattform kingfut.com, ein Online-Magazin über ägyptischen Fussball, folgendes Salah zugeschriebenes Zitat: «Meiner Ansicht nach spiele ich in Palästina, nicht in Israel.» Zudem wolle er die Al-Aksa-Moschee auf dem Jerusalemer Tempelberg, dem symbolgeladenen Nukleus des Nahostkonflikts, besuchen und dort beten.

An eine rein sportliche Begegnung war nicht zu denken

Israelische Medien wie die Jerusalem Post haben das vermeintliche politische Bekenntnis Salahs aufgegriffen. Und obwohl der FCB noch am Montag reagierte und Salah vor den israelischen Medien zur Klarstellung aufrief, nie öffentlich über Politik geredet zu haben, und Maccabi Tel Aviv seine Fans aus Angst vor Uefa-Sanktionen dazu aufforderte, politische diffamierende Aktionen während des Spiels zu unterlassen, war an eine rein sportliche Begegnung nicht zu denken.

Die 13’100 Zuschauer im engen Bloomfield-Stadion pfiffen, als Salah mit der FCB-Mannschaft auf den Platz kam. Sie pfiffen, als Salah – als letzter seines Teams – mit den Spielern von Maccabi Tel Aviv vor dem Anpfiff die Hände abklatschte. Und sie pfiffen, als sich Salah im Mittelfeldkreis für den Anstoss bereitmachte. Der Abend versprach heiss zu werden.

Mit dem Basler 1:0 kehrt Ruhe ein

Und dann waren kaum vier Minuten gespielt, als Valentin Stocker im Strafraum von hinten einen Tritt in die Beine erhielt, Schiedsrichter Clément Turpin sofort auf Penalty entschied und Innenverteidiger Fabian Schär trotz donnernder Pfiffe erneut seine noch jungen Nerven behielt. Das ersehnte Auswärtstor für den FCB war Tatsache. Und sofort kehrte Ruhe ein im Stadion.

Es werden Tore fallen, hatte Maccabi-Trainer Paulo Sousa am Vorabend versprochen. Auf welcher Seite blieb offen, und Sousas Team machte nach dem frühen Gegentreffer nicht den Eindruck, sich von dieser Verheissung angeprochen zu fühlen. Ben Haim und Zahavi versuchten es mit Weitschüssen, die Yann Sommer nicht beunruhigten. Ansonsten positionierte sich der FCB weit in der Hälfte des Gegners, Stocker holte sich manchen Ball, Xhaka spielte aggressiv im defensiven Mittelfeld, Linksverteidiger Safari rannte der Seitenlinie entlang bis in den Strafraum von Maccabi.

Die Pfiffe gegen Salah und Salahs Kniefall

Und als schliesslich Salah, bei jeder Ballberührung mit gellenden Pfiffen begleitet, in der 21. Minute frei vor Maccabi-Torwart Pablo das 2:0 schoss, sank die Stimmung im Stadion nochmals – um im nächsten Moment, als Salah in seiner in Basel bekannten Jubelpose nach einem Tor in Gebetshaltung gen Mekka zu Boden kniete, erneut in ein Pfeifkonzert umzuschlagen.

Salahs Kniefall sorgte für hitzige Diskussionen unter den israelischen Zuschauern – und auch den übrigen FCB-Spielern schienen die Provokation, die man in diese Jubelgeste hineindenken konnte, zu registrieren – angeführt von Captain Marco Streller zogen sie Salah schnell wieder auf die Beine.

Schliesslich war es Marcelo Diaz, der zehn Minuten später mit einem eleganten Aussenristschuss ausserhalb des Strafraums das dritte Tor für den FCB erzielte. Damit waren die hitzige Stimmung im Stadion, der beeindruckende Support der Tel Aviver Fans und die Pfeifkaskaden beinahe kaum mehr als eine Erinnerung.

Beinahe, denn als Maccabi nur eine Minute später dank eines Eigentors Schärs zum ersten Treffer und kurz darauf nach einem Dribbling von Zahavi gegen – wieder – Schär plötzlich herangekommen war, drohte die Partie zu kippen. Und als nach der aus Basler Sicht ersehnten Pause Radi mit einem Volleyschuss tatsächlich den Ausgleich schoss, begann der FCB zu wanken.

Yakin zieht eine Mauer hoch

Trainer Yakin schien zu ahnen, was in den restlichen 35 Minuten noch blühen könnte, stärkte mit Sauro für Streller die Abwehr und tauschte mit Voser gegen Philipp Degen, der am Wochenende noch krank war, auch den Rechtsverteidiger aus. Die Rochaden brachten den gewünschten Effekt: Maccabi erlahmte.

Als Yakin schliesslich mit Salah auch den letzten Quasi-Stürmer vom Feld nahm und ihn durch seinen Landsmann Mohamed Elneny ersetzte, war die Mauer gezogen: Fünf Verteidiger und drei eher defensiv ausgerichtete Mittelfeldspieler sollten dagegen halten und verhindern, dass Maccabi den fehlenden zwei Toren näher kam.

«Murat Yakin hat mit seinen Wechseln seine Qualitäten als Trainer gezeigt», attestierte Kollege Paulo Sousa nach dem Spiel, «wir haben variantenreich reagiert, wir haben ein unglaubliches Spiel gedreht, aber gegen diese solide Defensive konnten wir nichts mehr herausholen.»

Yakin: «Sind dort, wo wir sein wollten»

So blieb die Auswechslung Salahs der letzte grosse Aufreger des Spiels. Als er über den Rasen zur Seitenlinie lief, seinem Ersatz Elneny entgegen, erinnerten sich die Fans im Stadion noch einmal daran, wen sie vor sich hatten. Salah quittierte die aufbrausenden Pfiffe mit einer Geste der Stille, wurde für Zeitverzögerung noch verwarnt – und konnte auf der Basler Spielerbank einige Sicherheitsleute hinter sich wissen, die ihn vor erzürnten Maccabi-Fans abschirmten. «Sharmuta», riefen sie ihm zu, ein arabisches Schimpfwort. Kein charmantes.

Nach dem Spiel bemühten sich beide Trainer, die Politik nun definitiv herauszuhalten. Paulo Sousa ging auf Fragen zu Salah nicht ein und wechselte bei seiner Antwort sofort das Thema. Und Murat Yakin sagte einzig: «Wir haben mit Mohamed Salah keine konkreten Gesten besprochen. Ich sah einen Spieler, der gewinnen wollte, und der sein Tor gemacht hat. Mehr gibt es nicht zu kommentieren.»

Der FCB steht nach 2010 zum dritten Mal im Vorhof zur Champions League. Am Freitag erfährt er in Nyon seinen Playoff-Gegner, und nach dem aufregenden Trip nach Tel Aviv interessiert den Trainer Yakin sowieso nur eines: «Wir sind dort, wo wir sein wollten.»

Die möglichen Gegner des FC Basel in den Playoffs (20./21. und 27./28. August):

NK Maribor (Slowenien)
Ludogorets Razgrad (Bulgarien)
Shakhtyor Karaganda (Kasachstan)

Sieger aus:
FH Hafnarfjörður (Island)– Austria Wien (Hinspiel 0:1)
Legia Warschau–Molde FK (Norwegen) (Hinspiel 1:1)

Auslosung Playoffs am Freitag, 9. August, in Nyon ab 11.45 Uhr (Eurosport).

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