Für Roger Federer und seine Familie ist Dubai die zweite Heimat. Am Golf verbringt Federer inzwischen beinahe genau so viel Zeit wie daheim in der Schweiz. Nach dem bitteren Aus an den Australian Open ist es nun wieder an der Zeit, Tennis zu spielen – in Dubai.
Manchmal fährt er mit dem geräumigen Geländewagen vor und hat die Entourage seiner Tennis-Dienstleister gleich dabei. Und manchmal kommt er auch ganz allein im flotten Sportflitzer herüber, der Mann, der in der Turnierwoche von Dubai ausnahmsweise keinen Shuttle-Service braucht.
Beim mit 2,5 Millionen Dollar dotierten Turnier in den Emiraten, an dem acht Spieler aus den Top 20 starten, trifft Roger Federer zunächst auf den Russen Michail Juschni (ATP 52) gegen den er in 15 Duellem ungeschlagen ist.
Den Sicherheitsleuten am Eingang zum mondänen «Aviation Club» ist Roger Federer jedenfalls ein wohlvertrautes Gesicht, ein alter, guter Bekannter, der nicht nur vorbeischaut, wenn hier um Pokal und Siegprämien gespielt wird.
Federer, Teilzeit-Resident in Dubai und neuerdings Clubmitglied, nutzt auch abseits der «Dubai Duty Free Championships» gelegentlich die erstklassigen Trainingsbedingungen auf dem Klubgelände, das sich an das moderne Ausbildungszentrum der staatlichen Luftlinie «Emirates» schmiegt.
«Dubai ist schon ein ganz besonderes Turnier für mich. Nach all den Jahren, die ich hier schon gespielt habe. Und nach all den Jahren, in denen ich soviel Zeit in Dubai verbracht habe», sagt der erfolgreichste Tennisspieler der Gegenwart. Die Nummer 2 der Weltrangliste, die für die Zuschauermassen im schillernden Dubai immer noch die gefühlte Nummer 1 ist.
Einst wurde Federer für mangelndes Engagement gebüsst
Dabei hatte Federer einst genau im Luftfahrtklub mit seinem traumhaft schönen Ambiente einen der schwärzesten Augenblicke seiner Karriere erlebt. 2002, als er in 51 Minuten mit 3:6 und 1:6 gegen den Deutschen Rainer Schüttler unterging. Sogar eine Strafe wegen mangelnden Engagements kassierte der Schweizer seinerzeit, nicht zuletzt auch wegen des Ärgers, den sein Auftritt bei den Turniermachern hervorrief.
Immer ein nettes Wort für seine Gastgeber in Dubai – Roger Federer:
Längst ist Federer nun aber, wie an anderen Schauplätzen des Hochgeschwindigkeitsbetriebs, auch am Golf zu einer Ikone des Turnierbetriebs aufgestiegen, und noch dazu ist er eine Art Aussenminister für das Championat in der lebendigen Wüste geworden.
Federers Wert für Dubai zur Aussendarstellung
Federer könnte auch über die Tage seiner Karriere hinaus als Diplomat für den Standort Dubai und seine bisherigen Geschäftspartner wirken. «Das ist ein echtes Thema für uns», sagt der langjährige Chef der mächtigen Duty-Free-Organisation, der Ire Colm McLaughlin. Die Herren über den zollfreien Verkauf, die inzwischen am Gross-Flughafen weit mehr als drei Milliarden Dollar umsetzen, wissen um Federers Wert in der Aussendarstellung.
Kein Wunder, dass sie ihm einst auch halfen, eine angemessene Bleibe im Dubai Marina-District zu finden. So hilft man sich eben gegenseitig, wo es nur geht: Schliesslich verschafft der Eidgenosse dem Turnier stets im Februar wert- und nachhaltige Beachtung rund um den Erdball. Dass er vorübergehend gleich zwei Mal wegen Verletzungen nicht in seinem Zweitdomizil starten konnte, schmerzte Federer selbst am meisten.
2010 erklärte er einem internationalen Reporteraufgebot sogar höchstpersönlich im Schatten des Sieben-Sterne-Hotels «Burj Dubai» die Gründe für seinen Rückzug. «Das bin ich den Leuten hier einfach schuldig», sagte der geknickte Familienvater seinerzeit.
«Niemand behelligt einen hier»
Mittlerweile verbringt Federer in Dubai beinahe genau so viel Zeit wie daheim in der Schweiz, runde zwei Monate. «Den Rest des Jahres bin ich unterwegs, lebe aus Koffern», sagt er. Aber mehr noch als in seinen eidgenössischen Standorten geniesst der Weltranglisten-Zweite in Dubai die Segnungen der Anonymität – in einer Stadt, die irgendwie selbst einen Superprominenten wie ihn einfach schluckt.
Dubai ist so etwas wie ein Zufluchtspunkt für Federer geworden, eine Oase der Entspannung und Regeneration. Ein Fleckchen Erde wie eine Tankstelle für Körper und Geist.
Und was für ihn gilt, das gilt natürlich auch für den Rest der Familie: Für Ehefrau Mirka und für die nunmehr vier Kinder, die sich allesamt in dem edlen Refugium hoch über der Dubai Marina ziemlich wohlfühlen. «Niemand behelligt einen hier. Hier kann ich völlig ungestört sein», sagt der Tennis-Papa.
Schlechtgeredete machen es länger
Buchstäblich sonnige Tage geniesst der Superstar am liebsten in der Winterpause in Dubai – dann, wenn es daheim schon mal grimmig kalt werden kann. Sein Trainingscamp für die neue Saison schlägt er daher zuverlässig am Golf auf, lädt seine Crew aus Trainern und Fitmachern dazu und freut sich, mit welch geräuschloser Präzision das ganze Unternehmen funktioniert.
Federer findet, er und Dubai hätten auch eine grosse, verbindende Gemeinsamkeit. So wie er schon mehrfach nach grösseren und kleineren Ausrutschern abgeschrieben worden sei, habe man auch dem Emirat in den Zeiten der Finanzkrise nachgesagt, seine Zukunft bereits hinter sich zu haben: «Und das war genau so falsch wie bei mir selbst», sagt der Schweizer, «dieser Platz ist so schön und aufregend, dass das Negativgerede nichts taugte.» Es scheint, als schwinge da ein Zweitheimat-Gefühl bei Federer mit.