Der polnische Grossmeister Radoslaw Wojtaszek gewinnt nach Zürich auch das Turnier in Basel und verbessert sich in der Weltrangliste auf Position 21. Beim überlegenen Sieg ärgert er sich nur über sein einziges Remis.
Radoslaw Wojtaszek hat das «Double» geschafft: Nach seinem Sieg beim Weihnachtsopen in Zürich triumphierte der Pole auch beim 16. Basler Schachfestival. Im Hotel Hilton setzte sich der Weltranglisten-37. noch glanzvoller mit 6,5:0,5 Punkten durch. Ganz zufrieden war der topgesetzte Grossmeister dennoch nicht: «Ich stand auch gegen Alexandr Fier auf Gewinn», grummelte der Sieger ob des verpassten Optimums ein bisschen.
Seinen Ehrgeiz bewies Wojtaszek selbst in der Schlussrunde, als ein weiteres Remis gegen Maxim Rodschtein gereicht hätte. Der 26-Jährige zeigte sich gegen den Israeli alles andere als defensiv gestimmt und schlug den bis dahin Zweitplatzierten. Der Sekundant des vor wenigen Wochen entthronten indischen Weltmeisters Viswanathan Anand lag damit nach den sieben Runden einen vollen Zähler vor den Verfolgern – das sind Welten im Schach.
Der Lohn für Wojtaszek: Zu den 5000 Franken in Zürich gesellten sich als weiteres nachträgliches Weihnachtsgeld aus Basel 2500 Franken hinzu. «Ich freue mich über die beiden Siege. Insgesamt lief es gut. Nur in Zürich befand ich mich einmal in Verlustgefahr», analysierte der Jugend-Weltmeister von 2004.
Wojtaszek macht 16 Plätze gut
Turnier-Mitorganisator Peter Erismann, der den Erfolg des Polen erwartet hatte, befand: «Die 6,5 Punkte von Wojtaszek sind unglaublich. Er ist derzeit in exzellenter Form und steigt in der Weltrangliste weiter.» Mit einem Rating-Plus von rund 23 Elo verbessert sich der Sieger des Basler Schachfestivals um 16 Plätze auf Weltranglisten-Position 21.
Vorjahressieger Boris Gratschew landete mit 5,5:1,5 Punkten auf dem geteilten zweiten bis siebten Platz. Sein russischer Landsmann Iwan Popow hatte mit der sogenannten Summen-Wertung das beste «Torverhältnis» und sicherte sich 2000 Franken vor dem Niederländer Robin van Kampen und dem erneut in Basel überzeugenden Brasilianer Alexandr Fier. Der Israeli Gil Popolski blieb knapp vor Gratschew und dem Inder Sethuraman S.P., der wie Ex-Weltmeister Anand aus Chennai (ehemals Madras) stammt.
Schweizer fallen in letzter Runde zurück
Die letzte Runde verlief für die eidgenössischen Topleute fatal. Alle Schweizer mit Aussichten auf einen der zehn Ränge im Preisgeld verloren. Yannick Pelletier unterlief dasselbe Missgeschick wie bereits in Zürich. Der 37-Jährige kassierte trotz des «Aufschlag-Vorteils» mit Weiss gegen Sethuraman eine Niederlage. Der Nationalspieler von Meister SG Zürich flog dadurch mit 4,5 Zählern aus den Preisrängen.
Der frühere italienische Meister Bela Toth (SG Riehen) unterlag dem Argentinier Sandro Mareco und verharrte so bei vier Zählern. Dasselbe Schicksal ereilte Vjekoslav Vulevic gegen einen anderen Grossmeister, den Brasilianer Felipe de Cresce El Debs. Bester Schweizer wurde so Roland Lötscher (Luzern), der Grossmeister Igor Kowalenko (Lettland) im Schlussdurchgang ein Remis abtrotzte. Der aus dem Dreiländereck stammende und für Reichenstein spielende Andreas Heimann (beide 5:2) kam auf Rang zwölf.
Jugendschachkönige aus Therwil
Besser lief es im Amateurturnier für die Einheimischen: Zwar blieb der zehnjährige Daniel Kopylov trotz seiner ersten Niederlage in der siebten Partie vorne und sicherte sich 1000 Franken «Taschengeld». Der Spanier Konrad Schönherr kam ebenso wie Kopylov-Bezwinger Arthur Toenz (Frankreich), der für Therwil ans Brett geht, auf 6:1 Punkte. Bruno Lachausse (Cercle d’Echecs du Jura), Marc Schaub (Illfurth), Carl-Amado Blanco (Binningen) und der Sissacher Hans Grob folgen mit jeweils 5,5:1,5 Punkten im 114 Spieler zählenden Amateur-Wettbewerb.
Jugendschachkönige aus Therwil: Max Lo Presti in der Kategorie U16 (links) und Sajithan Sankar in der Kategorie U12. (Bild: Uwe Zinke) (Bild: Uwe Zinke)
Beim Jugendschachkönig Nordwestschweiz durfte Therwil zwei weitere Erfolge feiern: In der Kategorie bis zwölf Jahre setzte sich Sajithan Sankar durch, in der Kategorie bis 16 Jahre Max Lo Presti.
Ausdauernder Altmeister
Bewunderswerten Einsatz zeigte Altmeister Vlastimil Hort. «Während alle anderen an den Abenden schon gegangen waren, kämpfte er immer noch. So viele Züge wie Hort machte keiner in den sieben Runden», lobte Erismann den früheren WM-Kandidaten, der am 12. Januar 70 Jahre alt wird. Der für Deutschland gemeldete Tscheche brachte sich so mit fünf Zählern und Platz 18 beim Senioren-Preis in Erinnerung.
Eine weitere Legende, Ulf Andersson, verzeichnete vier Siege und eine Niederlage. Zweimal nahm der alte Schwede ein «Bye». Auf Grund seiner Parkinson-Krankheit ist der 62-Jährige nicht mehr in der Lage, zwei Partien über insgesamt acht bis zehn Stunden durchzuhalten. «Seine Auszeiten hatte Andersson schon im Vorfeld angekündigt», zeigte Erismann Verständnis, «er spielt aber immer noch sehr gerne Schach.»
Schachfestival erfreut sich Wachstum
Der Organisator zog an seinem Geburtstag auch ein positives Fazit für den Verein Schachfestival Basel, in dem der SK Birseck, die SG Riehen und die Basler Schachgesellschaft ihre Kräfte für das Turnier bündeln. «Wir verzeichneten mit 228 Teilnehmern, die die Turniere durchstanden, wieder quantitativ wie qualitativ Fortschritte. Daher sind wir sehr zufrieden», erklärte Erismann. Ein besonderes positives Echo habe die Live-Kommentierung vor Ort gefunden. Der frühere Nationalspieler Heinz Wirthensohn erläuterte den Zuschauern die Partien an den Spitzenbrettern. Zudem verzeichnete man bei der beliebten Live-Übertragung im Internet «besonders viele Zugriffe aus Polen».
Der Auslöser dafür musste neben seinem einzigen Remis noch einen zweiten kleinen Wermutstropfen aus seinem Freudenbecher schlucken: Wojtaszek, der bereits mit dreieinhalb Jahren das königliche Spiel erlernt hatte, sah gleichzeitig im Hilton das Leid seiner Herzensdame. Grossmeisterin Alina Kaschlinskaja blieb hinter den Erwartungen.
Die Freundin des Polen mühte sich in der Schlussrunde auf 3,5:3,5 Punkte und landete mit Platz 49 im Mittelfeld der 114 Teilnehmer im Meisterturnier. Die Russin musste so der Wahl-Französin Nino Maisuradse (4:3) den ersten Damenpreis überlassen. Wojtaszek dürfte die 19-jährige Moskauerin aber angesichts der üppig ausgefallenen Weihnachts-Nachgratifikation sicher aufzuheitern wissen.
7. Runde, Meisterturnier: GM Wojtaszek – GM Rodshtein 1-0, GM Popov – GM Fier remis, GM Popilski – GM Istratescu remis, GM Sengupta – GM Grachev 0-1, IM Mozharov – GM Bartel remis, Lötscher – GM Kovalenko remis, IM Dann – GM Van Kampen 0-1, GM Pelletier – GM Sethumaran 0-1, IM Toth – GM Mareco 0-1, GM El Debs – Vulevic 1-0, Reinhart IM Heimann 0-1. – Schlussklassement: 1. Wojtaszek 6,5 , 2. Popov, 3. Van Kampen, 4. Fier, 5. Popilski, 6. Grachev, 7. Sethumaran, alle 5,5.
Amateurturnier: Toenz – Kopylov 1-0, Lachausse – Schaub remis, Schönherr – Schambach 1-0, Boyard – Naegelin Luis 1-0, Grob – Roseneld 1-0, Amado Blanco – Bojic 1-0. – Schlussrangliste: 1. Kopylov, 2. Schönherr, 3. Toenz, alle 6, 4. Lachausse, 5. Schaub, 6. Amado-Blanco, 7. Grob. 8. Boyard, alle 5,5.