Fans des FC Bayern München wollen heute beim Champions-League-Spiel in London gegen Arsenal gegen überrissene Eintrittspreise protestieren. Simon Müller von der Ultragruppe «Schickeria» erklärt die Hintergründe der Aktion.
Herr Müller, Sie wollen mit Ihren Kollegen heute die ersten fünf Minuten des Spiels bei Arsenal London boykottieren und erst danach in die Gästekurve gehen. Was soll das?
Simon Müller: Arsenal hat für unseren Block 64 Pfund verlangt, zusammen mit den Gebühren ist man da schnell bei 100 Euro. Und nachdem wir in Piräus schon 40 Euro gezahlt haben – Ligaspiele kosten da ein Zehntel – war das jetzt der Punkt, an dem viele Bayern-Fans gesagt haben: Jetzt reichts. Interessant ist, dass sich eine britische Initiative «20’s a plenty» sofort mit uns solidarisiert hat.
Das ist also keine reine Ultra-Aktion?
Initiiert haben es die Ultragruppe aus der Südkurve und der «Club Nummer 12», ein Fan-Zusammenschluss. Aber wer sich die Fanforen anschaut, merkt, dass bei allen Stadiongängern in unserer Szene die Unterstützung gross ist. Die Aktion darf man ja nicht isoliert betrachten. Auch in Deutschland steigen die Ticketpreise, besonders auf den Sitzplätzen.
Die Dortmunder Fans haben im September das Spiel in Hoffenheim boykottiert, weil der billigste Sitzplatz 60 Euro kostete.
Solche hohen Preise sind leider gar nicht so aussergewöhnlich in einem Land, das immer von sich behauptet, im Gegensatz zur Premier League gehe es hier noch fanfreundlich zu.
Und das stimmt nicht?
Die KSC-Fans, die am Montag wegen des Montags-Spiels nach München fahren mussten, sehen das sicher genauso anders wie die Duisburger Fans, deren Team vorgestern um 13.30 Uhr in Heidenheim spielte. Vereine und Verbände müssen sich mal entscheiden: Auf der einen Seite wissen sie, dass die deutschen Stadien mit der im Vergleich zu England guten Atmosphäre ein Alleinstellungsmerkmal sind, auf der anderen Seite installieren sie zunehmend genau diese englischen Verhältnisse und kümmern sich manchmal mehr um die Auslandsvermarktung als um die Leute, die sie seit Jahren und Woche für Woche unterstützen. Da hätte ich mir auch mehr Unterstützung gewünscht, als Scharfmacher aus der Innenpolitik immer drastischere Strafen für kleinste Vergehen der Fans gefordert haben.
Was meinen Sie mit «englischen Verhältnissen»?
Für eine lebendige Fankultur ist es wichtig, dass immer wieder Jüngere dazustossen. In der Premier League ist das nicht möglich. Die Jüngeren, die sich die Preise nicht leisten können, schauen deswegen die Spiele oft in den Pubs. Dementsprechend leise ist es bei Premier-League-Spielen.
Und ihr befürchtet, dass solche Verhältnisse auch hierzulande drohen?
Das ist die Gefahr, wenn die Vereine ihren Bekenntnissen nicht Taten folgen lassen. Unsere Aktion ist ja keine Bayern-Besonderheit. Schön wäre es, wenn sich die verschiedenen Initiativen bald bundesweit besser vernetzen. «Kein Zwanni für nen Steher» hat in den vergangenen Jahren ja schon viel Aufmerksamkeit erregt. Und wir wollen mit unserer Aktion auch die internationalen Initiativen unterstützen. Überall in Europa regt sich gerade Widerstand.
Am Wochenende haben viele Ultra-Kurven zum Teil wütende Transparente gegen die DFB-Spitze gezeigt. Offenbar war die Überraschung gross, dass die WM 2006 möglicherweise dank schwarzer Kassen nach Deutschland kam…
Das glaube ich nun wirklich nicht, viele sahen sich da eher in ihren Erwartungen bestätigt. Es geht einfach um diese Scheinheiligkeit. Fans und Vereinen gegenüber treten die Verbände oft als moralische Instanz auf, die nicht nach eigener Gerichtsbarkeit straft. Und dann das.
Auch die Schweiz kennt die Diskussion um Eintrittspreise speziell in den Gästesektoren. Die immer wiederkehrenden Protestaktionen von Fans, insbesondere auch jener des FC Basel, zeitigten Erfolg: Im Juni dieses Jahres wurde eine einheitliche, schweizweit geltende Regelung von den Clubs der Swiss Football League getroffen: Erwachsene zahlen im Gästesektor 25 Franken, Jugendliche, Lehrlinge, Studenten und IV/AHV-Bezüger bekommen für 20 Franken Eintritt.
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