Belinda Bencic hat das Champions-Gen

Die ehemals beste Juniorenspielerin der Welt legt mit ihren 17 Jahren einen Traumstart auf der Tennistour hin. Dass Belinda Bencic damit die Erwartungen immer weiter nach oben schraubt, scheint ihr nichts auszumachen.

Schweizer Tennishoffnung: Belinda Bencic weiss, wo es langgeht – sie gehört zu den jüngsten und erfolgreichsten Spielerinnen der Welt. (Bild: SAMUEL GOLAY)

Die ehemals beste Juniorenspielerin der Welt legt mit ihren 17 Jahren einen Traumstart auf der Tennistour hin. Dass Belinda Bencic damit die Erwartungen immer weiter nach oben schraubt, scheint ihr nichts auszumachen.

Wenn Heinz Günthardt über seine junge Landsfrau Belinda Bencic spricht, dann gerät der frühere Coach von Steffi Graf ins Schwärmen. «Sie wird mit jedem Tag auf der Tour besser, sie lernt unheimlich schnell», sagt der 55-jährige Ex-Profi, «sie hat ein gutes Auge, ein natürliches Gefühl für das Spiel.»

Günthardts Lob darf man umso ernster nehmen, da der diskrete, zurückhaltende Zeitgenosse nicht als Mann der starken und reisserischen Worte gilt. Sondern als jemand, der sich über viele Profi- und Trainerjahre einen geschulten Kennerblick erworben hat und als einer der besten Insider im Damentennis gilt.

Wenn Deutschlands Angelique Kerber in der dritten Runde der Offenen Amerikanischen Meisterschaften aufs Spielfeld schreitet, dann erwartet sie dort mit eben jener Belinda Bencic eine Gegnerin, die als kommende Nummer 1 der Szene gehandelt wird. Als Spielerin, die einmal in die grossen Fussstapfen ihres Idols Martina Hingis treten könnte, als neuester strahlender Exportschlager der Eidgenossenschaft in einer Ära auch nach Roger Federer.

«Bencic hat das Champions-Gen», sagt Trainerguru Nick Bollettieri, in dessen Akademie in Florida die Teenagerin immer wieder längere Ausbildungszeiten verbracht hat, «sie kann eine eigene Ära im Damentennis begründen.»

Ehrgeiz und Selbstverständnis 

Wer Bencic auf der Grand Slam-Anlage in Flushing Meadow beobachtet, kann nur staunen, mit welcher Selbstverständlichkeit sich die jüngste Topspielerin der WTA-Tour in ihrer Berufswelt bewegt – auf und neben dem Platz. Versagensängste im Erwachsenentennis kennt die 17-jährige nicht, die im letzten Jahr als weltbeste Juniorin den frühen Sprung auf die grosse Tennistour wagte.

«Ich habe soviel Selbstbewusstsein aufgebaut in der Jugend, dass ich nie daran zweifelte, mich auch bei den Erwachsenen durchsetzen zu können», sagt Bencic. Stark ist der Wille der Schweizerin, stark auch ihr Ehrgeiz und die Ambition auf eine aussergewöhnliche Karriere.

«Belinda macht alles mit 100 Prozent. Keine Kompromisse, keine halben Sachen. Das war schon immer so», sagt Vater und Trainer Ivan Bencic. Ihre Juniorinnenkarriere hatte «Pretty Belinda» (Blick) 2013 gekrönt, als sie die ersten 38 Spiele der Saison ausnahmslos gewann und dann auch die Grand Slam-Nachwuchswettbewerbe in Paris und Wimbledon als Pokalheldin beendete.

Ihrem Alter einen Schritt voraus

Auf den Courts wirkt Bencic ihrem Lebensalter weit voraus. Sie spielt nicht das harte Bumm-Bumm-Tennis, das viele Altersgenossinnen aus den Talentschmieden in Osteuropa oder auch in Nordamerika mitbringen. Bencic spielt mit Witz und Raffinesse, mit Weitsicht und Umsicht, mit strategischer Klasse und einer routinierten Eleganz – ganz so, als wäre sie schon ein Jahrzehnt im Reisebetrieb der Tennisnomaden unterwegs.

«Belinda gehört zu den neuen, erfrischenden Gesichtern der Tour. Sie hat eine ganz grosse Karriere vor sich», sagt Stacey Allaster, die Präsidentin der Spielerinnengewerkschaft WTA.

Furioses Debüt auf der Tour mit Rang 58 belohnt

Die allgegenwärtigen Vergleiche mit Martina Hingis findet Bencic durchaus schmeichelhaft, sie kommen auch nicht von ganz ungefähr, da die Teenagerin einst auch längere Trainingaufenthalte bei Hingis-Mutter Melanie Molitor absolvierte. Aber Bencic will nicht einfach nur eine Hingis-Kopie sein, sondern sich mit eigener Stilsicherheit und eigenem Spielcharakter einen Namen machen: «Ich bin Belinda Bencic. Und nicht die neue Martina Hingis», sagt die 17-Jährige.

Vor einem Jahr, als sie in New York ihr Tennisleben als Nachwuchsstern aufgab, um bei den Grossen und Starken mitmischen zu können, stand Bencic noch auf Platz 331 der Weltrangliste. In die US Open 2014 ging sie nach einem furiosen Tour-Debüt in den ersten acht Monaten der Saison schon als Nummer 58 – keine, die vor ihr steht, ist jünger. «Ich bin selbst ein bisschen überrascht, wie schnell es ging», sagt Bencic. Aber auch nur ein bisschen.


US Open, 3. Runde, Frauen: Belinda Bencic (Schweiz) – Angelique Kerber (Deutschland); Live auf SRF 2, ab 19 Uhr.

Nächster Artikel