Mit einer überaus emotionalen Rede hat sich Bernhard Heusler, der Präsident des FC Basel, vor dem Anpfiff des letzten Saisonspiels an die über 32’000 Zuschauer im St.-Jakob-Park gerichtet. Er verurteilte die Ausschreitungen von Basler Fan-Chaoten am Donnerstag. Gleichzeitig sagte Heusler: «Wir lassen uns von Gewalttätern und Populisten nicht stoppen.»
Es ist viel zusammen gekommen. Allein die vergangenen drei Tage boten mit dem historischen fünften Meistertitel in Serie, den anschliessenden Ausschreitungen von FCB-Fans im Aarauer Brügglifeld und der Trennung von Meistertrainer Murat Yakin eine Menge emotionalen Stoff.
Und das nach einer Saison, die fast ununterbrochen für grössere und kleinere Aufregungen gesorgt hat. Ein rasender Stürmer, Champions-League-Triumphe, eine spektakuläre Greenpeace-Aktion im St.-Jakob-Park, der 20-Millionen-Transfer von Mohamed Salah zu Chelsea, Wurfgegenstände in Salzburg, eine harsche Uefa-Sanktion, ein Geisterspiel, der erneute Einzug in den Viertelfinal der Europa League und das monumentale Aus in Valencia. Da blieb kaum Zeit zum Durchatmen.
Des Präsidenten Kritik an den Fans und an den Medien
Am Ende dieser Saison also und unter dem Eindruck der Ereignisse von Aarau, dem Überfall von Basler Hooligans auf Aarauer Fans im Stadion, just im Moment des sportlichen Triumphs und vor den Augen der TV-Fussballnation, ergriff Bernhard Heusler am Sonntag das Mikrofon. Wieder vor den Kameras des Schweizer Fernsehens. Bis dahin hatte er der FC Basel noch nicht ausführlicher Stellung bezogen zu den hässlichen Szenen im Brügglifeld.
Dafür tat das der Präsident auf dem Spielfeld in einem Kreis von Spielern und Mitarbeitern umso deutlicher. Er bat um drei Minuten Zeit und darum, auf Beifall zu verzichten. Seine Rede war eine sehr emotionale, seine Stimme sehr laut und die Botschaft deutlich: «Wir wollen das nicht.» Dabei wandte er sich in Richtung Muttenzerkurve, richtete seine Worte an die FCB-Fans («Euch, die das Spiel und den Fussball missbrauchen für Gewalt») und auch an die Medien und jene, die einfache Lösungen für das Gewaltproblem im Sport propagieren («die auf genau solche Ereignisse warten, die nichts anderes tun, als solche Ereignisse herbeizuschreiben und herbeizusehnen und hinterher heuchlerisch und populistisch alle in einen Topf schmeissen»).
Heusler will der Segmentierung der Fans im Stadion begegnen
An die offiziell mitgeteilten 32’412 Zuschauer im St.-Jakob-Park appellierte er mit den Worten, dass die Einheit zwischen Publikum und Mannschaft das Geheimnis des Erfolgs sei, und mit einer markigen Kampfansage schloss er: «Wir lassen uns von Gewalttätern und Populisten nicht stoppen auf der Jagd nach dem sechsten Titel.» Die Worte erhielten Resonanz: Im tosenden Applaus endete Heuslers Rede.
Später erläuterte der FCB-Präsident das unübliche Vorgehen: Er sei nach Aarau zum Schluss gekommen, nicht via Medien und Interviews Stellung zu beziehen, sondern diese direkte Ansprache zu wählen. Das Ziel sei, sich einerseits zu distanzieren, und andererseits der Segmentierung im Publikum zu begegen. Ein Ansatz, den er jüngst schon bei der Generalversammlung des FC Basel in einem grundsätzlichen Referat gewählt hatte.
Muttenzerkurve: «Wir haben versagt»
Um den St.-Jakob-Park herum waren vor dem Spiel von der Muttenzerkurve Blätter aufgehängt worden, in der auch die organisierten Fans Stellung nahmen zu den Ausschreitungen in Aarau. «Es ist uns nicht gelungen, die Geschehnisse zu verhindern. Wir haben diesbezüglich versagt», heisst es. Dass Fans um die Meisterfreude betrogen wurden, sei unentschuldbar.
Und die Kurve kündigt an: «Wir haben nach drei Tagen noch keine Lösung, aber wir werden die Sommerpause dazu nutzen, das Ereignis innerhalb der Fanszene aufzuarbeiten und unsere Lehren daraus zu ziehen.»
«Wir alle waren am Donnerstag Zeitzeugen davon, als der FC Basel in Aarau Meister geworden ist und zum ersten Mal fünf Titel hintereinander gewonnen hat. Im gleichen Moment, als der Schlusspfiff des Schiedsrichters diesen historischen Moment besiegelt hat, hat es eine kleine Gruppe wichtiger gefunden, eine noch kleinere Gruppe von Aarauern anzugreifen, statt mit unseren Spielern diesen Meistertitel zu feiern.
Wir wollen das nicht, im Namen von allen, die für den FC Basel schaffen, im Namen der ersten Mannschaft angeführt von Marco Streller, wollen wir das nicht. (Beifall)
Euch (an die Muttenzerkurve gewandt), die das Spiel und den Fussball missbrauchen für Gewalt, aber auch allen, die auf genau solche Ereignisse warten, die nichts anderes tun, als solche Ereignisse herbeizuschreiben und herbeizusehnen und hinterher heuchlerisch und populistisch alle in einen Topf schmeissen und den Fussball als schuldig erklären, euch sage ich: Ich bin nicht euer Feind, ich bin nicht euer Gegner, euer Feind, euer Gegner ist heute mit 32’000 Menschen vertreten in diesem Stadion.
Wir bleiben eine Einheit und werden daran arbeiten. Denn die Einheit zwischen diesen 32’000 und der Mannschaft ist das Geheimnis, und wir lassen uns nicht stoppen auf der Jagd nach dem sechsten Titel in Serie. Wir lassen uns nicht stoppen (tosender Applaus).
Wir lassen uns von Gewalttätern und Populisten auch nicht stoppen auf dem Weg durch Europa, wo wir eine wunderbare Visitenkarte abgegeben haben für den Schweizer Fussball und Basel. Wir lassen uns nicht stoppen, auf dem Barfi zu feiern, in dieser Stadt, die wir so sehr lieben wie den FC Basel.»
«Wir haben diesbezüglich versagt» – die Muttenzerkurve nimmt Stellung nach den Ausschreitungen vom Donnerstag in Aarau auf