Am Schluss des dreitägigen Basler Topvolley-Turniers obsiegen die Frauen des Molina Osasco mit 3:2 gegen Voléro Zürich. 36’500 Zuschauer sahen die elf Spiele in der St. Jakobshalle. Dabei erfährt das Turnier unter den neuen Veranstaltern der Eventcourt AG seine technologische Revolution.
Im fünften Satz des Finalspiels sind alle Blicke auf Stav Jacobi und seine Equipe Voléro Zürich gerichtet. Jacobi hat nicht nur sein Team kurz vor den Sieg eines weltweiten Spitzenturniers geführt, er hat das Topvolley Basel selbst in seiner 26. Fassung erneuert.
Der Durchschnittswert von 3100 Zuschauern pro Spiel bestätigt den Rang des Topvolley Basel als bestbesuchter Volleyball-Event der Schweiz – mit einer entsprechend euphorischen Hallenatmosphäre. Im Finale trafen sich das de facto Heimteam Voléro Zürich und Molino Osasco, nachdem sie sich gegen die internationalen Spitzenteams RC Cannes, Galatasaray Daikin Istanbul, Zarechie Odintsovo und Partizan Vizura Belgrad durchgesetzt hatten. Unter dem neuen Veranstalter des Turniers – die Eventcourt AG – erfährt das 26. Topvolley seine technologische Revolution.
Die Visionen des Stav Jacobi
«Wir wollen den Charakter des Topvolley behalten und den Weg weitergehen, den Christian Socin eingeschlagen hat», sagt die neue Topvolley-Projektleiterin Erika Herzig. Der Veranstalterwechsel vom Topvolley-Gründungsvater Christian Socin zur Eventcourt AG unter Voléro Zürichs Präsident Stav Jacobi brachte einige Neuerungen mit sich. Allen voran eine Annäherung an die Reglemente des Weltverbands «Fédération International de Volleyball» (FIVB).
Die Änderungen fallen bereits beim Eintritt in die Halle auf: ein neues Layout der Zuschauertribüne mit einer strikteren Trennung vom Spielfeld, mehr Sicherheitskräfte, um die neuen Durchgänge zu bewachen, und neue LED-Tafeln, um Werbung und Spieldetails auszustrahlen.
«Wir gehen keine Kompromisse ein», sagt Jacobi: «In diesem Format kann man auch Weltmeisterschaften spielen. In dem Sinne erfüllen wir alle reglementierten Anforderungen, die der Weltverband stellt. Früher war das nicht der Fall.»
Der Ausbau des Turniers hat allerdings seinen Preis, der sich bei einem Gratis-Event nur schwer ausgleichen lässt. Eine der Bewältigungsstrategien spürten die Zuschauer bereits bei der Eingangskontrolle: Der bisherigen Picknick-Atmosphäre in den Zuschauerrängen wurde ein Riegel geschoben. Damit erhoffen sich die Veranstalter, die Umsätze des Turniers durch Essensverkäufe zu erhöhen.
Die St. Jakobshalle als Versuchslabor
Dieses Jahr wurden die sozialen Medien nicht nur zu Werbezwecken instrumentalisiert; sie begründeten ein eigenes Spektakel für sich. So konnten Hallenbesucher ihre Gesichter via den aufgestellten «Selfie-Cams» über die Halle projizieren lassen. Gleichzeitig wurden die neuesten Twitter-, Facebook- und Instagram-Beiträge der Turnierteilnehmerinnen auf der Website des Topvolley aktualisiert, seien es etwa Selfies im Reisebus oder Bilder des Pausenkaffees.
Die Technologisierung des Turniers erhielt allerdings auch raffiniertere Züge. Weil es sich bei den jährlichen Spitzenkämpfen allesamt um Freundschaftsspiele handelt, zeigen sich die Organisatoren umso offener, sich für die Pilotprojekte der FIVB zur Verfügung zu stellen. «Wir sind froh, dass Topvolley Basel einer der ersten Standorte dieser Neuerungen ist, welche die Volleyball-Welt noch viele Jahre beschäftigen werden», erzählt Jacobi.
Dieses Jahr etwa wurde erstmals das Challenge-System eingeführt: Pro Spiel durfte jedes Team bei zwei mutmasslich falschen Abpfiffen einen Videobeweis des «Hawkeye Video Check Systems» verlangen, wie das aus dem Tennis schon bekannt ist. Ein weiteres Novum stellte die Live-Übertragung der Spielanalyse auf ein Tablet des Trainers dar. Dadurch soll er seine Spielermanövrierung rechnergestützt optimieren.
Im Tennis schon lange im Einsatz, im Volleyball eine Neuerung: das Hawkeye-System. (Bild: Melanie Duchene)
Die elektronischen Innovationen haben dabei noch lange nicht ihre Grenzen erreicht. Für die nächste Turnierausgabe prophezeit Topvolley-Pressesprecher Markus Foerster etwa den Probeeinsatz eines LED-Netzes, über das weitere Werbung flimmert. Gewisse Innovationen schätzt der ehemalige Nationaltrainer allerdings nicht gleichermassen. Gerade das Coaching-Tablet erachtet Foerster als Fremdkörper im Volleyball: «Ein Coach sollte eigentlich auf das Spielfeld schauen. Entweder man sieht was los ist oder nicht.»
Krimi um Platz 3
Nach drei Tagen und elf Spitzenspielen mussten sich Partizan Vizura Belgrad mit dem sechsten und Zarechie Odintsovo mit dem fünften Platz abfinden. Ein Highlight boten die Vorjahressiegerinnen des RC Cannes gegen Galatasaray Daikin Istanbul im Spiel um den dritten Rang. Nachdem sie die ersten zwei Sätze deutlich verloren hatten, konnten sie die nächsten drei Sätze zu ihren Gunsten wenden und gewannen mit 3:2 (18:25, 17:25, 25:13, 25:12, 15:11). Im Final mass sich schliesslich die hauptsächlich osteuropäische Volleyball-Elite des Voléro Zürich mit den Brasilianerinnen von Molico Osasco.
Ein Spiel um Bronze, vor allem aber ein Krimi: Galatasaray Istanbul gegen RC Cannes. In Aktion am Netz Galatasarays Nadia Centoni. (Bild: EQ Images/Melanie Duchene)
An der FIVB-Club-Weltmeisterschaft 2014 setzten sich die Brasilianerinnen von Molico Osasco mit 3:2 knapp gegen Voléro durch. Dafür wurde Molico Osasco am Topvolley 2014 mit 3:0 von den Frauen des Voléro Zürich vom Platz gefegt. Das Spiel verfügte damit über Revanche-Charakter. Die wiederholten Applausumfragen des Hallensprechers bestätigten den Status der Zürcherinnen als Gewinner der Schweizer Herzen.
Tränen in den Augen der Zuschauer
Das vermochte allerdings nichts am knappen Ringen um Punkte und Sätze zu ändern – und noch viel weniger am Ergebnis. Dabei musste sich Courtney Thompson, Voléros Passeuse und internationale Starspielerin schlechthin, bereits im zweiten Satz wegen eines Kopftreffers auf der Spielbank erholen.
Voleros Courtney Thompson musste nach einem Kopftreffer verarztet werden. (Bild: EQ Images/Melanie Duchene)
Im fünften Satz waren die zwei Teams bis zum 10:10-Ergebnis fast gleichwertig. Als Voléro Zürich nach einem Leistungseinbruch mit 10:14 zurücklag, sass das Publikum kollektiv auf der Stuhlkante. Die Brasilianerinnen holten darauf den letzten entscheidenden Punkt, worauf der Hallensprecher die stille Enttäuschung der Voléro-Anhängerschaft so kommentierte: «Ich sehe Tränen in den Augen!»
Telegramme – Final
Volero Zürich – Molico / Nestlé 2:3 (22:25, 25:19, 24:26, 25:18, 11:15)
St. Jakobshalle, Basel. – 4500 Zuschauer. – SR: Labasta (CZE) / Rodriguez (ESP). – Spieldauer: 127 Minuten.
Volero: Mammadova (5 Punkte), Kupriianova, Rykhliuk (35), Rabadzhieva (17), Ninkovic (15), Thompson, Popovic (L); Grbac (1), Unternährer, Sanchez, Hartong.
Molico: Adeniza Silva (11 Punkte), Diana Xavier (3), Carcaces (14), Thaisa Menezes (19), Ivna Nascimento (20), Almeida (8), Brait (L); Steinbrecher (2), Souza, Filomeno, Dani Lins.
Schlussrangliste
1. Molico/Nestlé (BRA)
2. Volero Zürich (SUI)
3. RC Cannes (FRA)
4. Galatasaray Daikin Istanbul (TUR)
5. Zarechie Odintsovo (RUS)
6. Partizan Vizura Beograd (SRB)
Individuelle Auszeichnungen
Die Beste der Besten: Molicos Thaisa Menezes ist zur besten Spielerin gewählt worden. (Bild: Melanie Duchene)
MVP: Thaisa Menezes (Molico/Nestlé)
Best Scorer: Olesia Rykhliuk (Volero Zürich)
Best Blocker: Victoria Ravva (RC Cannes)
Best Receiver: Sanja Bursac (RC Cannes)
Best Libero: Camila Brait (Molico/Nestlé)
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Berichte zu den einzelnen Spielen auf topvolley.ch.