«Bissoguet» – Josef Zindel tritt beim FC Basel kürzer

Die Signale seines Körper sagen ihm: kürzertreten. Nach zwölf Jahren als Kommunikationschef des FC Basel wirkt Josef Zindel künftig nur noch im Hintergrund.

29.05.2013 Fussball Herren Super League Saison 2012/2013 Stade de Suissse BSC Young Boys - FC Basel Bild zeigt Basels neue Medienchefin Andrea Roth (I) daneben der abtretende Josef Zindel Foto (c) Anton Geisser (Bild: ANTONGEISSER)

Die Signale seines Körper sagen ihm: kürzertreten. Nach zwölf Jahren als Kommunikationschef des FC Basel wirkt Josef Zindel künftig nur noch im Hintergrund.

Heute geht es um einen, der nach zwölf Jahren beim FC Basel in den Hintergrund tritt.

Heute …

– so begann Josef Zindel zwölf Jahre lang seine Editorials im Matchprogramm des FCB. Über dreihundert Mal kam er auf diese Weise darum herum, eine Schlagzeile finden zu müssen, was die nachfolgenden Zeilen auf Seite 3 aber nicht weniger lesenswert machte, manche gar waren kleine Preziosen.

Aus dem St. Galler Rheintal stammend, hat der gelernte Sortimentsbuchhändler Zindel 14 Jahre lang für die «Basler Zeitung» geschrieben, in Zeiten auch, als der Verein klamm und froh war, dass die örtliche Zeitung ein paar Franken für ihren Namen auf der Trikotbrust zahlte. Der Auftrag der Chefredaktion lautete: den FCB mit einer kritischen Solidarität zu begleiten. «Mir hat mal einer erzählt», sagt Zindel, «wie er vom Match fluchend nach Hause gegangen sei, er die BaZ gelesen habe – und es ihm dann wieder besser ging.» Es war Bernhard Heusler, heute FCB-Präsident.

Der Herzinfarkt im Büro

Später gehörte Zindel der Chefredaktion des längst verblichenen «Sport» an, war Sportchef bei Radio DRS und sanierte gerade den Buchverlag der «Basler Zeitung», als René C. Jäggis Avancen fruchteten und Zindel 2001 mit einem 50-Prozent-Mandat beim FCB einstieg. Was Zindel im Rückblick den schönsten Moment beim FCB nennt – Chris Suttons Schuss am Tor vorbei und der Einzug Basels in die Champions League 2002 –, folgte wenig später ein einschneidender Moment. Alle Risikofaktoren ignorierend, erlitt Zindel im Büro einen Herzinfarkt.

Ein Tor hat er nicht gemacht für den FCB, aber er war da, wenn es darauf ankam.

Seither raucht er nicht mehr, das immerhin. Dafür hatte er bald eine Präsidentin, die ihn schon mal vormittags in Rage entliess und nach der Mittagspause wieder einstellte.
Josef Zindel konnte Journalisten auf den Wecker gehen, abweisend vor allem auf Auswärtige und Neuankömmlinge wirken, in der Mixed Zone nach dem Spiel Nervosität erzeugen, wo keine war. Er selbst schreibt das einem verbesserungswürdigen Charakterzug zu: seiner aufbrausenden, impulsiven Art. Zur Gelassenheit seines Vorbildes, dem langjährigen Sprecher der Basler Polizei, Klaus Mannhart, hat es Josef Zindel bis zum Schluss seiner Tätigkeit nicht ganz gebracht. Aber: Wer von Zindel schroff angefahren wurde, durfte in der Regel auch damit rechnen, gleich darauf professionell bedient zu werden.

Als «heimlicher Star des FCB» wurde er jetzt, da er aus dem Rampenlicht tritt, beschrieben. Was Unfug ist. Das kitzelt selbst die Eitelkeit eines Josef Zindel nicht. Er hat kein Tor für den FCB geschossen oder verhindert, nicht einmal eine vernünftige Vorlage gespielt, aber er war stets wertvoll für den Club, wenn es darauf ankam. Wenn er Trainer coachte und Spieler vor den Fallen der Medienwelt warnte. Wenn es galt, unpopuläre Personalentscheide zu kommunizieren. Wenn es ans Eingemachte ging.

«Liebevolle Ironie» ist Zindels Sache…

Wie 2006, nach dem schwarzen Samstag im Mai, als festgestellt wurde, wie riesig die Kluft zwischen Club und Fans war. Den Ruck, der damals durch den FCB ging, den Prozess zu dem, was heute als «Basler Weg» beschrieben wird, hat Josef Zindel nicht nur als Stimme seines Arbeitgebers begleitet. Sondern er hat sich aus tiefer Überzeugung für eine differenzierte Betrachtung von Fussball, Fans und Gewalt stark gemacht.

Die Fans in der Kurve haben ihm im letzten Spiel gegen St. Gallen ein kleines Transparent gewidmet. «Zündel zind emol». Eine Aufforderung, die bei Josef Zindel wahrscheinlich unter jene «liebevolle Ironie» fällt, die er so schätzt und die er seit 15 Jahren gemeinsam mit Ueli Ackermann in klassisches, politisches Nummernkabarett umsetzt. Eine Leidenschaft, für die er nun wieder etwas mehr Zeit und vor allem Musse finden wird.

…und langsamer Qualitätsjournalismus

Böte man ihm heute noch einmal einen Zeitungsjob an, empfände sich Josef Zindel als «denkbar schlechtesten Mann dafür». Es sei denn: «Jemand bekennt sich zu einem langsamen Qualitätsjournalismus. Einen, der auf Primeurs pfeift, einen, der das Ziel hat, zu informieren, zu unterhalten und zu kommentieren.»

Neue Medienchefin wird Andrea Roth, eine 29-jährige Kommunikationswissenschaftlerin, und ihr Vorgänger sieht die Aufgabe in guten Händen: «Sie wird sich glänzend zurechtfinden im Haifischbecken Männerfussball.» Ganz geht Josef Zindel dem FCB nicht verloren, er wird beratend und als Ferienvertretung zur Verfügung stehen und weiterhin das clubeigene Magazin «Rotblau» redigieren. Aber er tritt von der öffentlichen Bühne ab. Mit 60 Jahren gehorcht er Körper und Geist, die ihm – «bissoguet» – empfohlen haben, kürzerzutreten.

Eine Stunde Zindel und Jenny

In Radio SRF1 wurde am 26. Mai eine Sendung der Reihe «Persönlich» aus dem Basler Tabourettli ausgestrahlt: SRF-Gastgeberin Katharina Kilchenmann im Gespräch mit Matthyas Jenny, Inhaber der Bachletten Buchhandlung, und Josef Zindel. Hörenswert. (cok)

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 07.06.13

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