Christian Constantin ist dem legendären Karl Rappan dicht auf den Fersen

Als Präsident des FC Sion bestreitet Christian Constantin seinen achten Cupfinal. Die sieben zwischen 1995 und 2015 hat er allesamt gewonnen, es ist ein Rekord für einen Clubchef in der Schweiz. Jetzt will er dem legendären Schweizer Nationaltrainer Karl Rappan auf die nächste Stufe folgen.

FC Sion players celebrates with FC Sion president Christian Constantin, center with the trophy, on stage in front of their fans after they won the Swiss Cup final soccer match against FC Basel, in Sion, Switzerland, late Sunday, June 7, 2015. (KEYSTONE/Jean-Christophe Bott)

(Bild: Keystone/Jean-Christophe Bott)

Als Präsident des FC Sion bestreitet Christian Constantin seinen achten Cupfinal. Die sieben zwischen 1995 und 2015 hat er allesamt gewonnen, es ist ein Rekord für einen Clubchef in der Schweiz. Jetzt will er dem legendären Schweizer Nationaltrainer Karl Rappan auf die nächste Stufe folgen.

Christian Constantin mag Rekorde. Als geborener Wettkampftyp will der Präsident des FC Sion am Donnerstag in Genf gegen den FC Basel seiner persönlichen Trophäensammlung einen weiteren Cuptitel hinzufügen. In den Jahren zwischen dem ersten Titel 1995 gegen die Grasshoppers und dem letzten 2015 gegen den FC Basel ist Constantin zum Präsidenten mit den meisten Cupsiegen geworden. Der Walliser steht mit diesem Palmarès vor dem unvergessenen Edi Nägeli, der als Präsident des FC Zürich sechs Titel mit seiner ihm lieben Zigarre gefeiert hatte.

«Mit dem nächsten Cuptitel würde ich den Rekord von Karl Rappan mit acht Titeln egalisieren», sagt Constantin. Dass die beiden in unterschiedlichen Funktionen erfolgreich waren, ist für Constantin nicht wichtig. Er hat sich sein Palmarès als Präsident erarbeitet, der Erfinder des «Schweizer Riegels» als Trainer.

«Peter Zeidler war sich der Dimension eines Cupfinals im Wallis nicht bewusst»

Präsident Christian Constantin

Die Chancen für einen Trainer des FC Sion, die Marke des legendären Nationaltrainers Rappan zu erreichen, sind markant gesunken, seit Christian Constantin an der Spitze des Vereins steht. Die Kurve verläuft genau umgekehrt zum anhaltenden Erfolg des Präsidenten. Und der letzte, der die Erfahrung machte, war Peter Zeidler.

Constantin verordnet dem Deutschen eine Pause. Das kommunizierte der Verein am 25. April, 48 Stunden nach der Niederlage gegen Lausanne in der Super League. Der Tag ist nicht ohne Symbolik: Die Suspendierung wurde genau einen Monat vor dem Cupfinal gegen den FC Basel ausgesprochen. Noch nie lag in Sion weniger Zeit zwischen einem Trainerwechsel und dem Endspiel. «Mein Trainer war sich der Dimension eines Cupfinals im Wallis nicht bewusst», sagt Constantin.

Die Überraschung war gross für den Chefcoach, der mit seinem Team um den dritten Platz in der Super League spielte und sich für den Cupfinal qualifizierte. «Ich hätte diesen Final so gerne bestritten und ihn mit den Wallisern geteilt», sagt Zeidler.

Michel Decastel ist einzigartig

Sich gegen Xamax, Schaffhausen, Kriens und Luzern durchzusetzen, ist also im Wallis keine Garantie, dann auch im Final auf der Bank zu sitzen. Und Zeidler ist nicht der erste Trainer, der diese schmerzvolle Erfahrung macht. Auf der Liste stehen Namen wie Bernard Challandes, Umberto Barberis, Uli Stielike oder Christian Zermatten. Sie alle mussten im Verlaufe einer Saison gehen, an deren Ende die Sittener den Cup gewannen. Nur bei einem Cuptitel in Constantins Amtszeit war der Trainer von der ersten Runde bis zum Final der gleiche: Michel Decastel.



ZUM FUSSBALL CUPFINAL ZWISCHEN DEM FC BASEL UND DEM FC SION AM SONNTAG, 7. JUNI 2015, IM ST. JAKOB PARK IN BASEL STELLEN WIR IHNEN FOLGENDES BILDMATERIAL ZUR VERFUEGUNG - Alain Geiger mit dem Pokal, Torhueter Stephane Lehmann, Bundesraetin Ruth Dreifuss, Christian Constantin, Praesident des FC Sion, und weitere Spieler (v.l.n.r.) freuen sich am Pfingstmontag, 5. Juni 1995 ueber den Sieg des FC Sion beim Schweizer Fussball Cupfinal gegen GC im Stadion Wankdorf in Bern. Der FC Sion gewinnt den Final 4:2. (KEYSTONE/Str)

Christian Constantin (im beigen Mantel) und sein erster von bisher sieben Cupsiegen: Alain Geiger hält neben Torhüter Stephan Lehmann die Sandoz-Trophäe in die Höhe – nach einem 4:2-Sieg gegen GC im Wankdorf. (Bild: Keystone/STR)

1995 war der Neuenburger von Yverdon gekommen, um zum ersten Mal ein Traineramt in der Nationalliga A zu übernehmen. Decastel wurde Vizemeister und qualifizierte sich für den Cupfinal. «Ich erinnere mich, als wäre es gestern gewesen», sagt Decastel, inzwischen Trainer bei Xamax.

«Ich übernehme die Verantwortung für eine Niederlage»

Christian Constantin

«Christian hatte mir vor dem Final gesagt: ‹Wenn du den Titel holst, verlängere ich Deinen Vertrag. Wenn nicht, dann entlasse ich Dich.› Nach einer Stunde und dem Tor von Alain Gaspoz stand es 2:0 für Servette, es regnete in Strömen, das Terrain war furchtbar. Ich wechselte Dominique Herr aus, der die Welt nicht mehr verstand, denn der Schuldige für den Rückstand war er nicht. Ich brachte Mirandinha ins Spiel. Dann haben wir ein Tor erzielt, und ich wusste: Wir werden gewinnen. Ich weiss nicht warum, aber beim Stand von 1:2 übermannte mich eine unglaubliche Kraft, die mir sagte: ‹Wir packen das.›»

Und seine Mannschaft packte es tatsächlich. Sion gewann gegen Servette 3:2, Michel Decastel ging in eine weitere Saison, bis er im August darauf doch noch entlassen wurde. Zehn Monate später gewann Alberto Bigon den neunten Cuptitel mit Sion, im Elfmeterschiessen gegen Luzern.

Didier Tholot und Jean-Claude Donzé sind die einzigen Walliser Trainer mit zwei Cupsiegen

2015 stellte sich Didier Tholot in der Geschichte des FC Sion auf die gleiche Stufe mit Jean-Claude Donzé. Der Franzose und der Walliser mit jurassischen Wurzeln sind die einzigen Trainer, die mit dem FC Sion zweimal den Cup gewannen, wenngleich unter verschiedenen Umständen: Während Donzé über Jahre ununterbrochen Trainer war und die Trophäen 1982 und 1986 in die Höhe stemmte, übernahm Tholot das Team vor dem Final 2009, um 2015 den Halbfinal und den Final zu gewinnen. 2015 waren gleich drei Trainer für den Erfolg verantwortlich: Frédéric Chassot machte den Anfang, Admir Smajic den Mittelteil und Didier Tholot gewann schliesslich den 13. Titel für Sion.



ZUM FUSSBALL CUPFINAL ZWISCHEN DEM FC BASEL UND DEM FC SION AM SONNTAG, 7. JUNI 2015, IM ST. JAKOB PARK IN BASEL STELLEN WIR IHNEN FOLGENDES BILDMATERIAL ZUR VERFUEGUNG - FC Sion's players celebrate after winning the Swiss Cup final soccer match between BSC Young Boys and the FC Sion in the Stade de Suisse Wankdorf in Bern, Switzerland, Wednesday, May 20, 2009. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)

Didier Tholots erster Cupsieg: 2009 gewinnen die Sittener gegen die Berner Young Boys. (Bild: Keystone/PETER KLAUNZER)

All diese Statistiken müssen Sébastien Fournier Hoffnung geben. Der ehemalige Nationalspieler hat einen Monat vor dem Final die Herausforderung angenommen, gegen den FC Basel den 14. Titel zu gewinnen. Fournier sagt: «Ich empfinde das nicht als Wahnsinn. Es handelt sich vielmehr um eine Herzensangelegenheit für mich als Walliser, als Wahnsinn nehmen es vielleicht eher Aussenstehende wahr. Der FC Sion wird irgendwann einen Final verlieren. Das wird nicht die Niederlage von Fournier sein, oder von diesem oder jenem Spieler. Es wird die Niederlage für das Wallis sein, für einen ganzen Kanton.» 

Constantin greift einer Niederlage voraus

Und auch Christian Constantin greift einer Niederlage voraus: «Ich übernehme die Verantwortung für eine Niederlage», sagt der Präsident vor seinem achten Final. Trainer wie Präsident wissen, dass ihr Team von der Kraft eines Mythos profitieren wird, von diesen 13 Siegen in 13 Endspielen. Mit dieser Kraft wollen sie den 14. Titel in der «grössten Walliser Stadt» gewinnen: Der Legende nach ist Genf der Ort mit den meisten Exil-Wallisern, sozusagen der 14. Bezirk, der auf dem Kantonswappen mit den 13 Sternen nicht abgebildet ist.

Constantin ist überzeugt, dass sein Rekord von entlassenen Trainern – oder solchen im temporären Ruhestand – ihn nicht daran hindern können, den Rekord von Karl Rappan zu egalisieren. Schliesslich holte er sechs seiner sieben Cuptitel, nachdem er während der Saison den Trainer gewechselt hatte.

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Stéphane Fournier ist Sportredaktor bei der Walliser Zeitung «Le Nouvelliste». 2015 schrieb er für die TagesWoche vor dem 13. Cupfinal mit Sittener Beteiligung: «Der FC Sion und die Irrationalität des Cups – Geschichten eines Mythos».

* Erstmals seit Regeleinführung 1984 Entscheidung im Penaltyschiessen statt Wiederholungsspiel
** Erster Cupsieg eines unterklassigen Vereins seit 1925
Die 13 Endspiele des FC Sion im Schweizer Cup
Jahr Ort Begegnung Resultat
1965 Bern FC Sion–Servette FC 2:1
1974 Bern FC Sion–Neuchâtel Xamax 3:2
1980 Bern FC Sion–Young Boys 2:1
1982 Bern FC Sion–FC Basel 1:0
1986 Bern FC Sion–Servette FC 3:1
1991 Bern FC Sion–Young Boys 3:2
1995 Bern Grasshoppers–FC Sion 2:4
1996 Bern Servette FC––FC Sion 2:3
1997 Bern FC Luzern–FC Sion 4:5 n.P (3:3)*
2006 Bern Young Boys–FC Sion 3:5 n.P (1:1)**
2009 Bern Young Boys–FC Sion 2:3
2011 Basel Neuchâtel Xamax–FC Sion 0:2
2015 Basel FC Basel–FC Sion 0:3

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