Dario Cologna auf Formsuche in Davos

Nach dem ernüchternden Weltcup-Auftakt in Skandinavien steht das Schweizer Langlauf-Aushängeschild beim Heimrennen unter Erfolgsdruck – auch von sich selber.

Switzerland's Dario Cologna reacts during the flower ceremony after the men's 50 km classic mass start competition at the 2015 Nordic World Skiing Championships in Falun, Sweden, pictured on Sunday, March 1, 2015. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)

(Bild: Keystone/PETER KLAUNZER)

Nach dem ernüchternden Weltcup-Auftakt in Skandinavien steht das Schweizer Langlauf-Aushängeschild beim Heimrennen unter Erfolgsdruck – auch von sich selber.

Von Rätseln spricht Dario Cologna – Rätsel, was die Resultate betrifft und Rätsel über die Art seiner Auftritte beim Saisonauftakt in Skandinavien. Der 29-Jährige, seines Zeichens dreifacher Olympiasieger, Weltmeister, dreifacher Gesamtweltcup-Gewinner und Tour-de-Ski-Sieger sieht sich bereits arg in der Defensive. Das vor der Saison deklarierte Hauptziel, der Gewinn der Weltcup-Wertung, scheint nach erst fünf Rennen schier aussichtslos.

Der Dominator der vergangenen beiden Saisons, der Norweger Martin Sundby, legte mit seinem Traumstart bereits eine Punktedifferenz von 374 Punkten zwischen sich und den ambitionierten Bündner. 92:466 Punkte lautet die Gegenüberstellung. 

Die Form wäre eigentlich da

Sundbys perfekter Einstieg ist das eine, Colognas zwiespältiger das andere. Nach dem dritten Rang im Distanzrennen vom vorletzten Wochenende folgte die Ernüchterung. Einen 27. Platz sollte er erklären, in einem Skiathlon mit Ski- und Disziplinwechsel, die ganz grosse Stärke Colognas, wie man meinte. Das rief und ruft nach Erklärungen. Doch Cologna kann keine liefern, auch nicht bald eine Woche nach besagtem Rennen. «Ich rätsle noch immer», sagt er, «das war eines meiner schlechtesten Rennen auf diesem Level.»

Er vermutet, dass verschieden Faktoren dazu beitrugen: seine physische und daraus folgend auch die psychische Verfassung. Seine Form, die er vor dem Saisonauftakt als besser als in den Vorjahren bezeichnet hatte, nicht ausspielen kann. Ausschlaggebend dafür hätte die Rückreise zwischen den beiden ersten Weltcup-Destinationen in die Schweiz sein können. Zu kräfteraubend, zu stressig.

Dem aber hält der routinierte Athlet entgegen, dass er mit dieser Disposition schon ausgezeichnete Erfahrungen gemacht hat. Unbestritten ist, dass Material, Ski- und Wachswahl nicht optimal passten. Sich darauf herauszureden ist aber nicht Colognas Art. «Dies war nicht allein matchentscheidend», sagt Cologna.

Sundby unantastbar

«Vorwärtsschauen, nicht zu viel überlegen», nimmt sich der erfolgreichste Schweizer Langläufer der Geschichte für das 30-km-Skatingrennen von diesem Samstag (14 Uhr) und den Sprint vom Sonntag vor. Nervös sei er nicht eigentlich, aber bis in die letzte Faser gewillt, für die Korrektur zu sorgen. Ein Sieg in Davos ist einer der wenigen Erfolge, der im Palamres des Ausnahmekönners noch fehlt. Vom Siegen spricht er indes nicht, nennt vielmehr die Absicht, «eine rassige Trendwende herbeizuführen».

Staunen und Bewunderung empfindet er gegenüber den Leistungen Sundbys: «Martin startete schon verschiedentlich hervorragend in eine Saison, aber diese Souveränität, diese Konstanz sah ich noch nie.» Einen weiteren Schritt habe er gemacht, alles passe bei ihm zusammen.

Über verschiedenen Kanäle drangen schon Ende Sommer Meldungen durch, dass er in den Intervall-Trainings jeweils eine Klasse für sich dargestellt hätte – und das in einem norwegischen Team, das die bisherigen Rennen in noch kaum gesehener Überlegenheit prägte. Derart prägend erwartet hatte ihn Cologna dennoch nicht.

Eine diffuse Situation

Zum Saisonstart in Rücklage geraten ist Cologna in früheren Jahren auch schon. Im Gegensatz zu heute aber gab es früher Gründe dafür. 2009 etwa, der Olympiawinter oder letztes Jahr. Im Gegensatz zum aktuellen Sommer und Herbst musste er damals Rückschläge hinzunehmen: ein Muskelfaserriss vor sechs Jahren, der fatale Sturz im Dezember 2013, ein Trainingsrückstand nach der nacholympischen Operation vor zwölf Monaten. «Die Situation ist deshalb nun etwas diffus», sagt Cologna.

Für Irritation und gleichzeitig aber auch Hoffnung sorgt der dritte Rang bei der Mini-Tour. «Der zeigt, dass nicht alles falsch gewesen sein konnte», so Cologna. Gelingt die von ihm gewünschte starke Reaktion dürften zumindest die Rätsel und Zweifel beiseite gerückt sein. Eine Korrektur in der Weltcup-Wertung aber scheint beinahe schon aussichtslos – es sei denn, der zuletzt stets unantastbare Sundby falle in ein Formtief.

Nächster Artikel