Das 1:0 des FCB gegen Luzern macht Vogel Appetit auf mehr

Mit seinem sechsten Saisontor in der 70. Minute hat Marco Streller den Spitzenkampf der Super League gegen den FC Luzern entschieden. Titelverteidiger FC Basel, das steht schon vor der letzten Runde des Jahres in Neuenburg fest, überwintert nach dem 1:0 (0:0) auf Platz 1 – ein Gefühl, das die Basler seit 2007/08 nicht mehr kannten.

Der entscheidende Schuss: Marco Streller nimmt Xherdan Shaqiris Eckballhereingabe volley und trifft zum 1:0. (Bild: Keystone, Georgios Kefalas)

Mit seinem sechsten Saisontor in der 70. Minute hat Marco Streller den Spitzenkampf der Super League gegen den FC Luzern entschieden. Titelverteidiger FC Basel, das steht schon vor der letzten Runde des Jahres in Neuenburg fest, überwintert nach dem 1:0 (0:0) auf Platz 1 – ein Gefühl, das die Basler seit 2007/08 nicht mehr kannten.

Einer war sauer nach dem Gipfeltreffen der Super League, und zwar richtig. Murat Yakin ging erst verbal auf den Unparteiischen los und dann auf das Basler Publikum. «Ein Spitzenspiel und wir bekommen einen solchen Schiedsrichter», echauffierte sich der Trainer des FC Luzern. Ein ausgebliebener Penaltypfiff regte ihn auf, was durchaus berechtigt war, nachdem Joo Ho Park in der 13. Minute Adrian Winter im Strafraum zu Fall gebracht hatte.

Als dann gepfiffen wurde im St.-Jakob-Park, war es auch nicht recht: Die Pfiffe, die seinen Bruder Hakan bei dessen Auswechslung in der 72. Minute begleiteten, bezeichnete Murat Yakin als «absolut niveaulos». Das Münchensteiner Brüderpaar, das unbestritten seine grossen Verdienste an den goldenen Jahren des FCB zu Beginn der 2000er Jahre hat, war tief getroffen. «Ich bin sehr irritiert», so Murat Yakin, «Hakan hat in Basel Wertschätzung verdient.»

Es gab auch ein paar Leute, die in die Hände klatschten, als Hakan Yakin vom Feld ging, und die damit zeigten, dass sie über etliche Eskapaden hinwegsehen können, die sich der jüngere der Yakin-Brüder nun eben auch geleistet hat, als er noch das Trikot der Rotblauen trug. Einen warmen Applaus wird sich Hakan Yakin nächsten Sonntag abholen, wenn er letztmals für den FC Luzern aufläuft und sich verabschiedet von der Super-League-Bühne, um in Bellinzona den Vorruhestand vorzubereiten.

Eine gute Halbzeit der Luzerner

Bis dahin wird auch Murat Yakin einen Umgang mit seinem persönlichen Frust gefunden haben, damit, dass die Luzerner nun sechs Punkte hinter den Baslern zurückliegen. Dass Yakin am Samstag in Basel eine beleidigte Leberwurst gab, hatte natürlich nicht nur mit der verletzten Familienseele zu tun, sondern mit einem Spielverlauf, der ihn nicht freuen konnte: Auf eine gute, wenn nicht für Luzerner Verhältnisse sogar sehr gute erste Halbzeit folgte eine zweite, in der Yakins Team markant nachliess und die Basler dank ihrer Kaltschnäuzigkeit einmal mehr das bessere Ende für sich behielten.

Und so fanden die beiden Trainer inhaltlich bei ihrem Fazit nicht zueinander. «Ich gratuliere meiner Mannschaft zur ersten Halbzeit. Wir haben absolut unverdient verloren», meckerte Murat Yakin. «Ich gebe Murat Recht, was die erste Halbzeit betrifft», sagte Heiko Vogel, «nach der Pause waren wir besser und haben verdient gewonnen.»

Manchester im Hinterkopf

Das Gipfeltreffen des Tabellenersten und des Tabellenzweiten erfüllte hochgesteckte Erwartungen nicht ganz, höchstens diejenigen der Trainer, die ein Taktieren vorhergesehen hatten und ein Geduldsspiel. Beim FCB konnten ein paar Spieler nicht kaschieren, dass am Ende eines anstrengenden Halbjahres die Frische nicht mehr auf Knopfdruck abzurufen ist. Schon gar nicht vier Tage vor dem einsamen Höhepunkt, dem Entscheidungsspiel in der Champions League gegen Manchester United (Mittwoch, 20.45 Uhr). «Das war im Hinterkopf, das kann man nicht abschalten, wir sind ja alles auch nur Menschen», plädierte Marco Streller für Nachsicht, «es war keine spielerische Glanzleistung von uns, aber wir haben gewonnen – und das zählt.»

Der Captain hatte einen wesentlichen Anteil daran. Er traf, als man in einer an Strafraumszenen armen Begegnung schon nachzuschlagen begann, wann der FCB in seinem Stadion zum letzten Mal ein torloses Spiel abgeliefert hatte. Es war ein 0:0 gegen die Grasshoppers am 15. Februar 2009, damals noch unter Christian Gross.

Strellers sechstes Tor in der Meisterschaft entscheid den Match in der 70. Minute, und es war eines der schönen Sorte, eine Volleyabnahme mit links auf einen Cornerball von Xherdan Shaqiri. «Das ist Basel», stellte Luzern-Goalie David Zibung fest, «auch wenn es ihnen nicht so gut läuft, sind sie in der Lage, den entscheidenden Stich zu setzen.» Innenverteidiger Tomislav Puljic wird sich von seinem Trainer noch etwas anhören, denn es war schleierhaft, warum er den ihm zugeordneten Streller so frei zum Abschluss kommen liess. «Es fuchst, dass wir mit leeren Händen dastehen», so Zibung, «es war ein dummes Gegentor, aber wir müssen uns an der eigenen Nase packen, dass es nicht zu einem Punkt gereicht hat.»

Massimo Colombas Reflex

Die Luzerner machten es im ersten Durchgang geschickt (Zibung: «Wir haben immer einen Plan, den der Trainer unter der Woche akribisch vorbereitet»), sie schwärmten in Ballbesitz mutig aus und zogen sich in der Defensive zu einem Fünfer-Riegel in der hintersten Reihe zusammen. Zu einer nennenswerten Chance kam der FCB nicht, was für ein Super-League-Heimspiel ungewöhnlich genug ist. Andererseits hatten auch die Gäste nur zwei: Hakan Yakins Freistoss parierte die Sommer-Vertretung Massimo Colomba gut (10.) und einen Kopfball von Daniel Gygax prächtig (16.). Mehr brachten die Innerschweizer aus ihren vielen ruhenden Bällen aber auch nicht zustande; nach dem Seitenwechsel verebbte ihr Offensivspiel quasi gänzlich.

Murat Yakins These, die Partie hätte anders ausgesehen, wäre der Penaltypfiff in der 13. Minute erfolgt, hielt sein Kollege Vogel entgegen, er habe ein Luzerner Handspiel gesehen, bevor es zur Strafraumszene kam. «Also Unentschieden», in den Augen von Vogel, ein Urteil, das Murat Yakin wenigstens mit einer Prise Humor beantwortete: «Ein Unentschieden hätte ich genommen.»

Unerwähnt blieb, dass Marco Strellers aberkanntes Tor kurz vor dem 1:0 wohl doch nicht aus strafbarer Abseitsposition erzielt wurde. Und Hakan Yakin hatte Glück, dass es Schiedsrichter Alain Bieri bei Gelb bewenden liess, als er gegen den am Boden liegenden Philipp Degen nachtrat. Aber das hatte am Abend der enttäuschten Hoffnungen keinen Platz bei den Yakins.

Vogels Appetit auf mehr

Der ältere der beiden wird eines schönen Tages unweigerlich wieder zu einem Trainerkandidaten beim FC Basel werden. Dann wird man über diesen kalten Dezemberabend 2011 hinwegsehen. Die Gegenwart beim FCB heisst Heiko Vogel, und der hat nun im sechsten Meisterschaftsspiel unter seiner Regie den sechsten Sieg eingefahren – vier davon mit dem minimalsten Ergebnis von 1:0. «Da steckt auch eine Kunst dahinter», bemerkte Vogel trocken. Unheimlich wird dem FCB-Trainer seine Erfolgsserie nicht, ganz im Gegenteil: «Es macht Appetit auf mehr.»

Nachschlag kann sich seine Mannschaft am Mittwoch gegen Manchester holen. Vier Tage danach beschliesst dann der nicht zu unterschätzende Gang an den Neuenburger See das Fussballjahr. Dann werden David Abraham und Alex Frei – er wurde für ein überflüssiges Reklamieren verwarnt – gelb-gesperrt fehlen. Aber dafür sind zwei Spieler zurück, denen am Samstag von den Fans ein herzlicher Empfang bereitet wurde: Valentin Stocker und Philipp Degen.

So oder so wird der FC Basel als Tabellenführer ins neue Jahre gehen. Das hat es seit der Saison 2007/2008 –  damals mit einem Sechs-Punkte-Vorsprung vor dem FC Zürich – nicht mehr gegeben.

 

Super League, 17. Runde

FC Basel–FC Luzern        1:0 (0:0)
Lausanne-Sport–Xamax  1:3 (0:2)
Grasshoppers–FC Thun   1:0 (0:0)
Servette–FC Zürich         0:1 (0:1)
Young Boys–FC Sion       1:1 (1:1)

Die Tabelle

  1. FC Basel 17 11 4   2 37:16 37
  2. FC Luzern 17   9 4   4 24:13 31
  3. FC Sion 17   9 3   5 25:16 30
  4. Young Boys 17   7 5   5 25:16 26
  5. Xamax 17   7 4   6 23:20 25
  6. FC Thun 17   6 4   7 20:20 22
  7. Servette 17   6 3   8 23:28 21
  8. FC Zürich 17   6 2   9 25:25 20
  9. Grasshoppers 17   6 1 10 18:34 19
10. Lausanne 17   2 2 13 14:43   8

Die 18. Runde:
Samstag, 10. Dezember, 17.45 Uhr: Thun–Young Boys, FC Zürich–Sion. Sonntag, 11. Dezember, 16.00 Uhr: Lausanne–Grasshoppers, Luzern–Servette, Xamax–FC Basel.

FC Basel–FC Luzern 1:0 (0:0)

Stadion: St.-Jakob-Park.
Zuschauer: 31’081.
Schiedsrichter: Bieri.

Tor:
70. Streller 1:0 (Volleyschuss auf Eckball Shaqiri).

Verwarnungen für Basel:
32. Cabral (Unsportlichkeit),
64. Alex Frei (Reklamieren, im nächsten Spiel gesperrt),
82. Abraham (Foul, im nächsten Spiel gesperrt),
87. Dragovic (Foul).

Verwarnungen für Luzern:
32. Gygax (Unsportlichkeit),
61. Hakan Yakin (Unsportlichkeit),
68. Stahel (Foul).

FC Basel (4-4-2):
Colomba;
Steinhöfer, Abraham, Dragovic, Park (57. P. Degen);
Shaqiri, Cabral, G. Xhaka (84. Chipperfield), F. Frei (74. Stocker);
A. Frei, Streller

Ersatzbank: Herzog (Tor), P. Degen, Kovac, Stocker, Chipperfield, Zoua, Pak.

Bemerkungen: FCB ohne Huggel, T. Xhaka, Yapi, Voser (verletzt), Sommer, Kusunga (gesperrt). – Philipp Degen nach Einwechslung Rechtsverteidiger, Steinhöfer wechselt nach links.

FC Luzern (3-4-3):
Zibung;
Stahel, Puljic, Sarr;
Thiesson (60. Ferreira), Kukeli, Hochstrasser, Lustenberger;
Gygax (78. Siegrist), Yakin (72. Hyka), Winter.

Ersatzbank: Wüthrich (Tor), Hyka, Ferreira, Wiss, Siegrist, Bühler, Kryeziu.

Bemerkungen: Luzern ohne Renggli, Sorgic, Bento, Ianu (verletzt).

Unsere Vorschau finden Sie hier.

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