Das Ende einer Transfersperre, die vor allem die Kinder trifft

Drei Jahre ist es her, seit der FC Barcelona wegen verbotener Transfers von Minderjährigen angeklagt wurde. Im August 2015 wurde schliesslich eine Transfersperre verhängt. Am 4. Januar läuft sie aus. Sie hat nicht in erster Linie den Club, sondern die jüngsten Spieler getroffen.

Die Sanktionen der Fifa haben die Nachwuchskicker härter getroffen als den FC Barcelona.

(Bild: Nils Fisch)

Drei Jahre ist es her, seit der FC Barcelona wegen verbotener Transfers von Minderjährigen angeklagt wurde. Im August 2015 wurde schliesslich eine Transfersperre verhängt. Am 4. Januar läuft sie aus. Sie hat nicht in erster Linie den Club, sondern die jüngsten Spieler getroffen.

Am 6. Januar wird Lee Seung-woo volljährig. Er wird frei sein. Vor dem Gesetz und noch wichtiger: vor der Fifa. Lee wird Fussball spielen für den FC Barcelona.

Lee, genannt der «koreanische Messi», war vor drei Jahren der Auslöser einer Anzeige beim internationalen Fussball-Weltverband wegen Verstössen gegen das Transferverbots für Minderjährige durch den katalanischen Spitzenclub. Die Fifa ermittelte und bestrafte Barça wegen unerlaubter Verpflichtung Jugendlicher in neun Fällen mit einem Einschreibeverbot neuer Spieler für zwei Transferperioden. Nach der Aufschiebung durch einen letztlich abgelehnten Einspruch der Katalanen trat es Anfang 2015 in Kraft. Am 4. Januar läuft es aus.

Das Verhältnis zwischen Weltverband und Club-Weltmeister bleibt jedoch angespannt. Weil Barça im Sommer trotz der Sanktion für insgesamt 50 Millionen Euro die Profis Arda Turan (Atlético Madrid) und Aleix Vidal (Sevilla) verpflichtete und sie sogar in den Trainingsalltag integrierte, zog die Fifa die Schrauben im August weiter an.



epa05082991 FC Barcelona's players (top, R-L) Uruguayan Luis Suarez, Argentinian Lionel Messi and Brazilian Neymar Jr, joke with their teammate, Spanish defender Gerard Pique (bottom), during a team's training session at Joan Gamper Sports City in Barcelona, northeastern Spain, 29 December 2015. FC Barcelona will face Real Betis in a Spanish Primera Division soccer match the upcoming 30 December. EPA/Quique Garcia

Bei den Profis ist die Stimmung weiterhin gut. Sie wurden von den Sanktionen der Fifa wenig beeinträchtigt und sind erfolgreich. (Bild: QUIQUE GARCIA)

Sie verbot den ausländischen Jugendlichen nicht nur für Barcelona aufzulaufen, sondern auch dort zu trainieren und im Vereinsinternat La Masia zu wohnen. Lee, der mit 13 Jahren gekommen war, hielt sich zuletzt beim koreanischen Zweitligisten Suwon City fit.

Junioren standen auf der Strasse

Der Superstar in Spe soll künftig wie der bereits seit März volljährige Seung-Ho Paik für Barças zweite Mannschaft spielen. Die beiden Koreaner gehören damit zu nur drei Betroffenen, welche die Zwangsräumungen in La Masia überstanden. Weniger Glück hatten vor allem die Jüngeren.

Der 16-jährige Patrice Sousia etwa stand buchstäblich auf der Strasse, als er das Internat verlassen musste. In seine Heimat Kamerun, aus der er vor vier Jahren mit Unterstützung der Stiftung von Ex-Star Samuel Eto’o aufgebrochen war, wollte er nicht zurückkehren. Schliesslich kam er bei der Familie eines Kollegen aus jenem Team unter, für das er selbst nicht mehr spielen darf.

Geradezu absurd liest sich der Fall von Ben Lederman, einem 15-jährigen Kalifornier, der Zeit seines jungen Lebens so sehnsüchtig vom FC Barcelona träumte, dass er sein Kaninchen Messi nannte. 2011 bekam der talentierte Mittelfeldler tatsächlich eine Einladung in die Masia. Die Familie zögerte nicht und siedelte nach Barcelona um.

Der Vater, ein Broker, war flexibel, man integrierte sich schnell. Dann kam die Fifa-Strafe, und da die Verbotsliste selbst Fälle umfasst, in der die Familie wegen der Fussballkarriere des Kindes mitzieht, musste Ben zurück in die USA. Er trainiert jetzt an der Verbandsakademie in Florida. Der Rest der Ledermans blieb in Barcelona, wo der ältere Bruder bald Abitur macht. Die Fifa hat eine Familie getrennt.

Auch andere Clubs fürchten ähnliche Strafen

Beabsichtigt ist eigentlich das Gegenteil. Die höheren Motive werden dem Weltverband in diesem Fall nicht abgesprochen, denn natürlich gibt es Missstände. Im globalisierten Transfergeschäft rastern Scouts den Markt bereits nach Kindern, vor allem aus Südamerika und Afrika gibt es einen Exodus begabter Nachwuchsspieler, von denen es aber längst nicht alle zur erhofften Karriere bringen – sie leben danach mittellos in einem fremden Land oder kehren gescheitert in eine fremde Heimat zurück.



epa05081435 Catalonian defender Marc Bartra (L) fights for the ball with striker Aritz Aduriz (R) of Basque Country during the friendly match between the regional teams of Catalonia and Basque Country played at Camp Nou stadium in Barcelona, Catalonia, Spain, 26 December 2015. EPA/ALBERTO ESTEVEZ

Weihnachtsprogramm für die Gegner der Fifa: Am 26. Dezember spielten im Camp Nou die inoffiziellen Nationalteams von Katalonien und dem Baskenland gegeneinander. (Bild: ALBERTO ESTEVEZ)

Was lag da näher, als ein Exempel zu statuieren und welches Exempel mochte sich besser eignen als der Vorzeigeclub Barcelona? Der Abschreckungseffekt immerhin ist eingetreten. In Spanien etwa haben Vereine wie Real oder Atlético Madrid in ihren Jugendabteilungen ebenfalls «aufgeräumt», fürchten aber trotzdem weiterhin eine ähnliche Strafe.

In Barcelona hat die Sanktion freilich weniger den Verein als Ganzen getroffen, der just in diesem Jahr fünf Titel gewann, als die Jugendlichen, ihre Träume und ihre Ausbildung, die in La Masia auch neben dem Fussball hohes Ansehen geniesst. Kollateralschäden der noblen Mission gegen Menschenhandel?

Genehmigungen für den katalanischen Nachwuchs

Bei Barça waren sie natürlich anderer Meinung. «Alles ist so übertrieben und ungerecht», klagte Präsident Josep Maria Bartomeu. Aufgrund der verschärften Frontlinie mit der Fifa nahm sein Verein zuletzt vorsichtshalber sogar elf Spieler zur Seite, die nicht auf der beanstandeten Liste standen, aber etwa in früherem Kindesalter mit den Eltern eingewandert waren.

Ähnliche Rechtsunsicherheit plagte seit dem Urteil auch Kataloniens Fussball an der Basis. Der Regionalverband unternahm extensive Einzelfallprüfungen mit bis zu 22 verlangten Dokumenten, bevor er ausländischen Kindern einen Spielerausweis ausstellte.

Schätzungsweise 3000 Jugendliche blieben in Katalonien zwischenzeitlich ohne Fussball, ehe ein Gesetz Ende Oktober verfügte, dass jedem Spieler mit mindestens zwei Jahren Aufenthaltszeit im Land eine provisorische Genehmigung ausgestellt bekommen soll. Inzwischen sollen laut «El País» nur noch 400 bis 500 Kinder spanienweit wegen der Folgen des Fifa-Urteils nicht spielen dürfen.

Unterdessen hatte Barça bei seiner lang ersehnten Rückkehr auf den Transfermarkt wenig Fortüne. Vergangene Woche gab der Verein die Verpflichtung des Mittelfeldspielers Sergi Guardiola für die krisengeplagte zweite Mannschaft bekannt. Dann tauchten ein paar alte Tweets des 24-jährigen Mallorquiners auf, in denen er seine Liebe zu Real Madrid schwörte sowie Katalonien und Lionel Messi beleidigte. Noch am selben Abend löste der Verein den Vertrag wieder auf.

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