Wenn die jüngste sportliche Erfolgsgeschichte der Bundesliga international ähnlich imposant wäre wie die jüngsten Zahlen der Deutschen Fussball Liga (DFL), wäre alles in bester Ordnung. So aber mutete der Unterschied am Tag der Präsentation des DFL-Reports 2018 über die wirtschaftliche Entwicklung der ersten und zweiten Liga in der Saison 2016/17 umso grösser an.
Während am Donnerstagabend RB Leipzig und Borussia Dortmund, die deutschen Absteiger aus der Champions League, in den Sechzehntelfinals der Europa League das Beste aus ihrer zweiten Chance zu machen und somit die Abwesenheit weiterer deutscher Klubs in dieser Konkurrenz zu überspielen versuchen, präsentierte die DFL am Donnerstagmittag in Frankfurt eine Fortsetzungsgeschichte der Superlative.
Dabei wurde eine neue «Schallmauer» zur neuen Referenzgrösse für weitere Steigerungsraten: 4,01 Milliarden Euro, so hoch waren im abgeschlossenen Geschäftsjahr die Gesamterlöse in der ersten und zweiten Bundesliga. Die Umsatzsteigerung im deutschen Lizenzfussball von 4,2 Prozent gegenüber der Spielzeit 2015/16 errechnet sich aus den Rekordbeträgen von 3,375 Milliarden Euro für die Bundesliga und 635,2 Millionen Euro für die zweite Bundesliga, die inzwischen so viel umsetzt wie die zweiten Ligen in Spanien und Italien zusammen.
Schon steht die nächste Rekordmarke im Raum
Die Auflistung der einzelnen Einnahmepositionen spiegelte das ökonomisch ungebrochene Hoch der Bundesliga, die aus der Vermarktung der nationalen Medienrechte ihrer Spiele 960,6 Millionen Euro kassierte, aus der Werbung 854 Millionen, aus Transfererlösen 581,7 Millionen, aus Spieltagseinnahmen 503,8 Millionen Euro, aus sonstigen Erträgen 283,1 Millionen und aus dem leicht rückläufigen Merchandisinggeschäft 191,8 Millionen Euro.
Es regnet weiter Geld – wie die englische Premier League ihre neuen TV-Verträge versilbert
Diese Zahlen werden im kommenden Jahr voraussichtlich aufs Neue getoppt – insbesondere, weil seit dieser Spielzeit der neue Fernsehvierjahresvertrag mit jährlichen Zuwendungen von 1,5 Milliarden statt der bisher durchschnittlich per annum gezahlten 628 Millionen Euro in Kraft ist. Weitere signifikante Steigerungsraten sind auf dem Sektor Sponsoring und Werbung zu erwarten wie auch bei den nach oben schiessenden Transfereinnahmen.
Das Eigenkapital wächst auf 1,3 Milliarden Euro
«In der Summe ist die Liga gesund», sagt DFL-Geschäftsführer Christian Seifert und verweist auch auf andere Parameter, die diese Behauptung stützen. So hätten 25 der 36 deutschen Profiklubs nach Steuern schwarze Zahlen geschrieben und alle 18 Vereine der Bundesliga beim Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen ein Plus erwirtschaftet.
Die bescheidene Schweiz mit dem Krösus FCB
Die Swiss Football League (SFL) weist die Umsätze ihrer 20 Klubs in der Super und Challenge League nicht im Jahresbericht aus. Die NZZ geht davon aus, dass die zehn erstklassigen Klubs zusammen zwischen 220 und 240 Millionen Franken erwirtschaften. Das sind vergleichsweise bescheidene Zahlen, wobei 2016 allein der FC Basel einen Rekordumsatz von 132 Millionen Franken erzielte – und seine Zahlen auch detailiert in seinem Geschäftsbericht kommuniziert.
Insgesamt erwirtschafteten die 18 Erstligaklubs nach Steuern einen Gewinn von 150 Millionen Euro, den zweithöchsten der Ligageschichte, nur übertroffen von den 206 Millionen Euro, die in der vorigen Saison auf der Habenseite standen.
An Ausgaben standen den Einnahmen in der Bundesliga 3,2 Milliarden Euro gegenüber, ein Zuwachs von 6,2 Prozent, der sich auch aus der gesicherten Erkenntnis neuer Mehreinnahmen aus den neuen Medienverträgen speiste. Insgesamt spiegelt sich im neuen DFL-Report die ökonomische Vernunft der Bundesliga, die über ein Rekordeigenkapital von 1,311 Milliarden Euro verfügt und damit auf eine neue Höchstquote von 40,9 Prozent kommt.
Der ungebrochene Boom bei der im dreizehnten Jahr nacheinander Rekorde produzierenden Bundesliga hat auch zu steuerlichen Abgaben wie nie zuvor geführt – in Höhe von 1,17 Milliarden Euro. Die Anzahl der durch den Profifussball Beschäftigten wuchs auf die Rekordziffer von 54’275 an.
Die Champions-League-Plätze sind in Gefahr
«In den kommenden Jahren wird sich allein die Bundesliga den vier Milliarden nähern», lautet Seiferts konservative Umsatzprognose. Sein Fazit der wirtschaftlichen Lage der Liga, die nur von der englischen Premier League übertroffen wird: «Unter allen europäischen Topligen haben die 18 Bundesligaklubs sehr gute Voraussetzungen.»
Bleibt die Frage, was sie daraus machen. Eine Saison wie diese, die die deutsche Paradeliga in der Hitliste der erfolgreichsten europäischen Spielklassen zurückgeworfen hat, darf sie sich nicht noch einmal erlauben, will sie dem Risiko entgehen, von vier Champions-League-Teilnehmern auf zwei zurückgestutzt zu werden.
Und so mahnt Seifert alle, die es angeht, noch mehr Fantasie und Anstrengungen in die Qualitätssicherung und Verbesserung des Fussball-Standorts Deutschland zu investieren. Ginge es in der Bundesliga am Ende nur noch um den zweiten CL-Teilnehmer neben dem Dauermeister FC Bayern München, prognostiziert der CEO der Liga, «hätte das einen tiefgreifenden Einfluss auf den Wettbewerb in der Bundesliga». Ein sportliches Tief könnte eines Tages auch dazu führen, dass das wirtschaftliche Hoch der Bundesliga gefährdet wäre.