Der FC Basel, der Manchester-Moment und die spanische Hürde

Ein Trainer, der nicht in den Schlaf findet, ein Sportdirektor, der an die eine, letzte Chance glaubt und eine Mannschaft, die einen der grossen, einprägsamen Momente der Basler Europacupgeschichte schafft – der FCB am Tag nach dem Weiterkommen gegen Saint-Etienne und vor der nächsten Aufgabe in den Achtelfinals. Gegen den FC Sevilla darf er wieder einmal in die klare Aussenseiterrolle schlüpfen.

25.02.2016; Basel; Fussball Europa League Sechzentelfinal - FC Basel - AS Saint Etienne; Trainer Urs Fischer (Basel) (Daniela Frutiger/freshfocus)

(Bild: Daniela Frutiger/freshfocus)

Ein Trainer, der nicht in den Schlaf findet, ein Sportdirektor, der an die eine, letzte Chance glaubt und eine Mannschaft, die einen der grossen, einprägsamen Momente der Basler Europacupgeschichte schafft – der FCB am Tag nach dem Weiterkommen gegen Saint-Etienne und vor der nächsten Aufgabe in den Achtelfinals. Gegen den FC Sevilla darf er wieder einmal in die klare Aussenseiterrolle schlüpfen.

Um halb drei ist Urs Fischer in der Nacht von Donnerstag auf Freitag ins Bett gefallen. Aber Schlaf hat der Trainer des FC Basel keinen gefunden. Nicht nach diesem Abend im St.-Jakob-Park. Nicht nach diesem Spiel. Nicht einschlafen zu können am Ende eines Fussballtages, «das passiert mir eigentlich nicht oft», erzählt der 50-Jährige, «vielleicht war ich zu aufgewühlt.» Er weiss es nicht.

» Der FC Basel empfängt in den Achtelfinals der Europa League am 10. März im St.-Jakob-Park den Titelveteidiger FC Sevilla. Das Rückspiel findet am 17. März statt. Dazu der Bericht zur Auslosung und eine erste Einschätzung aus und über den FC Sevilla

Dabei ist die Erklärung doch so einfach: Hinter Trainer, Spielern, den Offiziellen und den Fans liegt einer dieser Abende, die den Europacup so speziell machen; ein nervenaufreibendes, packendes und zum Schluss atemberaubendes Duell. Und Fischer war so frei, am Tag danach festzuhalten, dass die AS St-Etienne in diesem Rückspiel mehr Spielkultur an den Tag gelegt habe als seine eigene Mannschaft. Die wiederum in Frankreich trotz der Niederlage die bessere Figur abgegeben hatte.

Eine Mannschaft am Anschlag

Was den Unterschied im Rückspiel und in den 127 Sekunden zwischen dem Ausgleich und dem Basler Siegtreffer ausmachte, hat Fischer unter anderem an der Körpersprache seiner Spieler erkannt: Wie Tomas Vaclik, der so grandios gehalten hatte bis dahin und unglücklich ausgerutscht war beim Ausgleich, den Ball aus dem Tornetz holte, zur Mitte warf und signalisierte: Es geht weiter.

Die ersten Minuten nach einem Tor – egal wann es fällt und egal, ob es ein eigener Treffer oder Gegentreffer ist – können nach Fischers Ansicht entscheidend für den weiteren Spielverlauf sein. Es gelte, die Konzentration aufrecht und die Emotionen im Griff zu halten. Das war es auch, was Fischers Kollege Christophe Galtier als Makel der AS St-Etienne erkannt hat.

«Nicht-Aufgeben kann man nicht trainieren, da hilft es, wenn man Spieler hat, die solche Erlebnisse schon einmal gehabt haben», so Fischer, «und wenn es um Erfahrung geht, haben wir im Vergleich mit St-Etienne leicht die Nase vorne.» Wobei er einräumt: «Das im Nachhinein zu sagen, ist einfach.» Denn Fischer hatte auch gesehen: «Unsere Mannschaft war am Anschlag.»

«Eine Chance bekommen wir noch»

Georg Heitz ging es natürlich nicht gross anders zwischen der 89. und 91. Minute. Wie immer hatte der Sportdirektor im Joggeli seinen Platz auf der Medientribüne neben dem alten journalistischen Fahrensmann Willi Erzberger eingenommen. Und wie immer hatte der schon kurz nach der Pause geunkt: «Wir kriegen noch einen.» Als es dann soweit war, triumphierte Erzberger: «Ich habs ja gesagt.» Worauf Heitz, eher ein bisschen aus Trotz in die allgemeine Konsternation hinein entgegnete: «Eine Chance bekommen wir noch.»

Diese kam tatsächlich und daraus haben Michael Lang und Doppel-Torschütze Luca Zuffi einen der einprägsamsten Augenblicke der Basler Europacup-Geschichte gemacht. Quasi eine Art Manchester-Moment in Anlehnung an das unglaubliche Comeback der United im Champions-League-Final 1999 im Camp Nou gegen Bayern München.

Die Aussenseiterrolle gegen den FC Sevilla

Wie auch immer: Mitten in Fischers Nachbetrachtungen während der freitäglichen Medienrunde platzte die Nachricht vom FC Sevilla als nächstem Gegner. «Vielleicht eines der schwiergisten Lose», findet Fischer, «die zwei Titel hintereinander in der Europa League sprechen für sich.» Das 45’000 Zuschauer fassende Stadion des FC Sevilla, wo am 17. März das Rückspiel steigen wird, kennt Fischer aus eigener Anschauung. Während eines Trainingslagers in Spanien vor einigen Jahren erlebte er die «einmalige Ambiance» des Estadio Ramón Sánchez Pizjuán, aber nicht nur das: «Es ist auch ein eindrücklicher Fussball, der dort geboten wird.»

Das Achtelfinal-Tableau der Europa League:

Die Erinnerung an den letzten spanischen Gegner ist noch frisch. Ebenso an ein erstaunliches 3:0 im Frühjahr 2014 gegen den FC Valencia in einem Geisterspiel im Joggeli. Mit zwei Toren von Matias Delgado. Aber auch an den Untergang im Rückspiel, das 0:5 im Mestalla nach Verlängerung und das Aus im Viertelfinal. Eine Runde später scheiterte Valencia am FC Sevilla.

Und dieses Sevilla als vierfacher Gewinner der Europa League (2006 und ’07 sowie 2014 und ’15) tritt dem FC Basel nun als schier übermächtiger Gegner entgegen. «Wahnsinnig schwierig», empfindet Georg Heitz dieses Los, «denn nach einem problematischen Saisonstart sind die Spanier schön auf Betriebstemperatur gekommen.» Somit steht für Heitz fest: «Für einmal, das darf man auch mal sagen, sind wir klarer Aussenseiter.»

Wobei: War das bei den jüngsten Europa-League-Kampagnen nicht auch so? Als 2013 die K.o.-Runde mit Dnipro Dnipropetrowsk begann (2:0, 1:1), mit dem noch stärker eingestuften Zenit St. Petersburg weiterging (2:0, 0:1), über die denkwürdigen Tottenham-Duelle führte (2:2, 6:3 n.P.) und erst Chelsea im Halbfinal Endstation war (1:2, 1:3)? Und im Jahr darauf wieder bis in den April hinein europäisch gespielt wurde?

Roger Federers Traum vom Final

Immerhin eine Erkenntnis hat Urs Fischer auf dem aktuellen Weg von seiner Mannschaft gewonnen: «Sie gibt nicht auf.» Und mit diesem Glauben an sich selbst wird er sie auch in die beiden Sevilla-Spiele schicken. Von mehr will man beim FC Basel natürlich nichts wissen, auch wenn die Social-Media-Abteilung da ein bisschen forscher ist:

 

Frank und frei träumen dürfen dafür andere. Der berühmteste FCB-Fans hat das am Freitag so fomuliert:

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