Der mächtige Mythos der 49ers

Die Geschichte der San Francisco 49ers ist eng verbunden mit der Besitzer-Familie DeBartolo. Schwer affärenbeladen hat sie ihren Frieden gefunden, jetzt, wo der Club am Sonntag im Super Bowl XLVII gegen die Baltimore Ravens um die Krone im American Football spielt.

San Francisco 49ers head coach Jim Harbaugh (R) and his brother, Baltimore Ravens head coach John Harbaugh, appear at their joint press conference and stand next to the Vince Lombardi trophy ahead of the NFL's Super Bowl XLVII in New Orleans, Louisiana, F (Bild: Reuters/JIM YOUNG)

Die Geschichte der San Francisco 49ers ist eng verbunden mit der Besitzer-Familie DeBartolo. Schwer affärenbeladen hat sie ihren Frieden gefunden, jetzt, wo der Club am Sonntag im Super Bowl XLVII gegen die Baltimore Ravens um die Krone im American Football spielt. Eine Finale, in dem sich erstmals zwei Brüder als Trainer gegenüberstehen.

Als John Edward York am 12. Januar, beschwingt vom 45:31-Sieg der San Francisco 49ers über die Green Bay Packers im Playoff-Spiel der National Football League (NFL), den Candlestick Park verlassen hatte, galt sein erster Anruf – der «New York Times» zufolge – seinem Onkel. Der Präsident der 49ers, 32 Jahre jung und Sohn von Teambesitzerin Marie Denise DeBartolo York, lud Edward John DeBartolo jr. zum Match bei den Atlanta Falcons ein.

Erstmals live im SFR

Das Schweizer Fernsehen gibt sich die Ehre und überträgt das Endspiel um die Meisterschaft zwischen der National Football Conference (NFC) und der American Football Conference (AFC) erstmals live. Um 23.40 Uhr steigt SRF2 in die Übermittlung der Bilder des 47. Super Bowl ein. Kickoff in New Orleans ist um 0.30 Uhr. Wer die grosse Halbzeitshow mit Popstar Beyoncé sehen will – 111,3 Millionen TV-Zuschauer allein in Staaten sorgten 2012 für einen Rekordwert; 800 Millionen schauten weltweit zu – muss sich die Nacht um die Ohren schlagen.

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Dort wollten die Goldhelme aus San Francisco die letzte Hürde auf dem Weg zum Super Bowl in New Orleans nehmen. Und das, dachte sich Jed York, dürfe einfach nicht in Abwesenheit seines Onkels geschehen. Eddie DeBartolo nahm die Einladung an und erfreute sich am 28:24-Erfolg der 49ers.

Die Verbeugung des Neffen vor dem Ex-Besitzer war das letzte Puzzlestück zur Wiederherstellung des Familienfriedens. Eddie jr. war von 1977 bis 2000 stolzer Inhaber der 49ers gewesen. Wegen der Verwicklung in eine Bestechungsaffäre um einen Ex-Gouverneur von Louisiana musste er das Football-Team zähneknirschend seiner jüngeren Schwester Marie Denise vermachen. Es dauerte Jahre, bis die Geschwister wieder vertrauten Umgang pflegten.

Ein Plätzchen in den Ruhmeshallen

Eddie DeBartolo jr., nun 66 Jahre alt, hat seinen Frieden gemacht mit der Vergangenheit. 2009 fand sich für ihn sogar ein Ehrenplatz in der neu eröffneten Hall of Fame der 49ers, die nach seinem Vater Edward John DeBartolo Sr. benannt ist. Auch die Ruhmeshalle des American Football in Canton/Ohio dürfte bald ein Eckchen im Schrein der Unvergesslichen zu Ehren des kleinen, rundlichen Mannes aus dem nur eine Autostunde entfernten Youngstown freiräumen.

Dabei fällt sein Name eher selten, wenn die Geschichte der goldenen Jahre des Teams aus der Bay Area erzählt wird. Auf jedem Triptychon des 49ers-Kults spendenJoe Walsh, Joe Montana und Jerry Rice lächelnd ihren Segen. Doch es war Eddie jr. – der zuvor bestenfalls durch Kneipenschlägereien aufgefallene Sohn eines Selfmade-Milliardärs, der durch den Bau von Einkaufszentren ein Vermögen gemacht hatte –, der die Rezeptur fand, die aus einem Verliererteam die aufregendste Show im US-Sport machte.

1979 heuerte er Walsh an. Es brauchte nur ein viertelstündiges Gespräch, und DeBartolo bot dem Trainer des Collegeteams der unweit des 49ers-Trainingsgeländes gelegenen Universität Stanford einen Vertrag an. Das sollte er nie bereuen. Mit seinem passbetonten Angriffsspiel revolutionierte der neue Coach das Spielsystem in der NFL, und an 83. Stelle der Collegespieler-Zuteilung fand Walsh den schmächtigen Joe Montana.

Von zweifelhaftem Ruf

Der Rest ist Legende. «Joe Cool» wurde zu einem der besten Quarterbacks in der Geschichte des Spiels. Dank seiner Fähigkeiten – zu denen sich nach den ersten beiden Titeln die eines kongenialen Partners, des Ballfängers Jerry Rice, gesellten – gewannen die 49ers vier Meisterschaften. Eine fünfte kam im Januar 1995 hinzu. Da hatte Montana seine Karriere schon beendet, und Nachfolger Steve Young schrieb die Erfolgsgeschichte fort.

Eddie DeBartolo jr. trug auf seine Weise zum Mythos bei. Als ihm sein Vater das für 17 Millionen Dollar erworbene Football-Team vermachte, das heute auf einen Wert von 1,2 Milliarden geschätzt wird, galt er als verwöhntes Söhnchen eines Baulöwen von zweifelhaftem Ruf.

Edward John DeBartolo Sr. haftete der Ruch an, sich auf dem Weg nach oben mit der Mafia eingelassen zu haben. In Behördenakten finden sich Hinweise auf eine bedenkliche Nähe zu Unterweltgrössen bis hinauf zu Mobster-Finanzgenie Meyer Lansky.In den 50er Jahren erschütterten sechs Bombenanschläge Malls und Bürobauten des DeBartolo-Imperiums. Vater und Sohn waren leidenschaftliche Spieler mit exorbitanten Limits in den Casinos von Las Vegas.

Dem Mythos neues Leben einhauchen

Für die Spieler der 49ers um Montana war Eddie jr., der in seiner Loge keine Frauen duldete, weil er sie dort für zu mitteilsam hielt, ein Geschenk des Himmels. Sie badeten in Luxus, durften in seinem Privatjet reisen, wurden mit Geschenken überhäuft. Nach dem dritten Super-Bowl-Titel im Januar 1989 schmiss er in Youngstown ein Dinner für 750 Gäste, für das er diverse Küchenchefs einfliegen liess und 100 Models als Serviererinnen.

Das Trainingszentrum in Santa Clara liess der Teambesitzer so luxuriös aufmöbeln, dass die Spieler es Taj Mahal nannten. Nicht wenige Widersacher sollen die 49ers-Stars zu jener Zeit auf dem Spielfeld leise gefragt haben, ob nicht noch ein Job unterm Goldhelm frei sei.

Dem unrühmlichen Abgang von Eddie DeBartolo jr. folgten Jahre der Erfolglosigkeit. Dann kam Jed York auf die Idee, es wieder mit einem Trainer aus Stanford zu versuchen: Jim Harbaugh. Der holte einen wenig beachteten College-Quarterback. Er heisst Colin Kaepernick und war mal Leichtathlet. Er hat wenig gemein mit dem genialischen Passkünstler Joe Montana. Aber er kann am Sonntag einem mächtigen Mythos neues Leben einhauchen.

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