Der Meister muss die Maschine noch einmal hochfahren

Das Rennen um Platz 1 ist gelaufen, aber im Abstiegskampf spielt der FC Basel heute Abend (20.30 Uhr) im Aarauer Brügglifeld so etwas wie das Zünglein an der Waage. Für Meistertrainer Paulo Sousa bedeutet das, seine Boys drei Tage nach einer gezügelten ersten Titelfeier zu animieren.

Basel, 17.05.2015.2015, Fussball Super League, FC Basel - BSC Young Boys, der FC Basel ist Schweizer Meister 2015, Marco Streller verpasst Trainer Paulo Sousa die obligate Champagnerdusche (Roman Aeschbach/EQ Images) (Bild: Roman Aeschbach/EQ Images)

Das Rennen um Platz 1 ist gelaufen, aber im Abstiegskampf spielt der FC Basel heute Abend (20.30 Uhr) im Aarauer Brügglifeld so etwas wie das Zünglein an der Waage. Für Meistertrainer Paulo Sousa bedeutet das, seine Boys drei Tage nach einer gezügelten ersten Titelfeier zu animieren. Er verspricht allen Respekt vor dieser Aufgabe.

Man hat am Sonntag Paulo Sousa für ein paar Momente aus sich herausgehen sehen, wie er etwa lange nach Abpfiff und dem ersten Jubeltrubel auf dem Rasen noch einmal aus der Senftube stürmte, mitsamt seinen Assistenten erst johlend in eine Fernseh-Liveschaltung mit Marco Streller platzte und dann mit den Greenkeepern fürs Gruppenfoto posierte. Denen dankte er höchstpersönlich für die Rasenbühne, die sie für jedes Heimspiel bereiten: «Denn ich bin sehr anspruchsvoll.» Nichts anderes hatte man von einem Akribiker wie Sousa angenommen.

In der Garderobe hat Sousa dann noch einen Getränkekübel über Taulant Xhaka ausgeleert, was als GAZ durchgeht, als Grösste Anzunehmende Zuneigung. Die wurde dem Cheftrainer, als er über dem Barfi auf den Balkon trat, von den Fans nicht ausdrücklich zuteil, dafür hat Sousa im Stadtcasino ein paar Leute herzlich umarmt, die von soviel Warmherzigkeit des doch immer auch ein bisschen streng und distanziert wirkenden Portugiesen verblüfft gewesen sein mögen.

Kabinen-Derwisch: Paulo Sousa macht bei der Meisterfeier kurzen Prozess mit Taulant Xhaka, rechts daneben Yoichiro Kaiktani. (Bild: instagram.com/fcbasel1893_offiziell/)

Nach der gewonnenen Meisterschaft «all die Gefühle zu teilen, mit der Stadt, den Fans, der Familie, der FCB-Familie», das war für Sousa jedoch wichtig in dieser «fantastischen Nacht».

Lange wurde sie für den Trainer nicht, jedenfalls ward er bald einmal nicht mehr gesehen, als die Mannschaft sich ins Kirschgarten-Quartier zur After-Party im Restaurant Noon verschoben hatte.

Pflichtaufgabe bei einem gebeutelten FC Aarau

Nehmen wir einmal an, dass Sousa sich am Morgen danach nicht mit Angeboten anderer Vereine beschäftigt hat, sondern mit dem nächsten Gegner. Denn nur drei Tage nach dem Moment des Triumphes wartet heute Abend (20.30 Uhr) in Aarau eine Pflichtaufgabe. Dort, wo vor 305 Tagen mit einem knappen, aber verdienten 2:1 die Dinge ihren Lauf genommen hatten.

Das Restprogramm im Abstiegskampf
FC Vaduz | 30 Punkte, Tordifferenz -29 FC Aarau | 24 Punkte, -31
Thun (a) Basel (h)
Grasshoppers (h) St. Gallen (a)
Young Boys (a) Thun (h)

Dass der FC Aarau zehn Monate später um den Erhalt der Liga würde bangen müssen, hatte man damals schon vermuten können, nun steckt er allerdings bis zur Halskrause im Abstiegsstrudel. Und da hätte ein nonchalanter Aufritt des alten und neuen Meisters aus Basel einen schalen Beigeschmack – ähnlich den drei Niederlagen en suite des FC Bayern München, der gerade den Unmut der Bundesliga zu spüren bekommt.

Der Katholik und das protestantische Arbeitsethos

Aber Sousa, der Katholik mit protestantischem Arbeitsethos, lässt erst gar keine Zweifel aufkommen, dass er nicht eine bis in die Haarspitzen motivierte Mannschaft aufs Brügglifeld schicken wird.

Wobei: Dass die Spannung bei seinen Spielern, jetzt, nachdem das Hauptziel geschafft wurde, ein wenig abfallen wird, hält Sousa für normal. Und er ist sich der schwierigen Situation des FC Aarau bewusst: «Sie haben wirklich nicht mehr viele Gelegenheiten, um die Liga zu halten und ich bin mir sicher, dass mein Kollege [Raimondo Ponte] und die Spieler versuchen werden, das Bestmögliche herauszuholen. Es wird an jeder Stelle des Platzes sehr intensiv werden, und darauf müssen wir vorbereitet sein.»

Sousa wird also versuchen, den Spielern eine seiner Kernüberzeugungen zu vermitteln: «Nicht nachlässig sein, nicht nachlassen. Es reicht nicht, was wir gestern erreicht haben, es kommt darauf an, was wir heute und morgen machen.»

Und: «Im Fussball der heutigen Zeit reicht es nicht, individuell besser zu sein. Wenn wir als Team unser Level nicht erreichen, unsere Qualitäten nicht abrufen, wenn die Spieler nicht die übliche Attitüde an den Tag legen, dann bekommen wir Probleme mit dem Gegner.» Soll heissen: Selbst mit diesem gebeutelten FC Aarau, der in der Rückrunde gerade mal eins von 15 Spielen gewonnen hat.

Suchy und Xhaka fehlen gesperrt

Sousa steht also eine interessante Motivationsaufgabe bevor, ganz anders als fünf Tage später, wenn es am Pfingstmontag in Thun tatsächlich um die Wurst geht. Sousa kündigt für Aarau an, dass es Wechsel in der Startelf geben wird. Schon allein deshalb, weil Marek Suchy und Taulant Xhaka gelb-gesperrt sind.



FC Basel's team cheers after the Super League championship match FC Basel against BSC Young Boys and after winning the championship at the St. Jakob-Park stadium in Basel, Switzerland, Sunday, May 17, 2015. (KEYSTONE/Georgios Kefalas)

Kandidaten für die interne Nachprüfung: Ahmed Hamoudi Mitte, lange Hose) und rechts daneben Albian Ajeti. (Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)

Weil ein Einsatz des angeschlagenen Luca Zuffi kaum forciert werden dürfte, wäre der Moment gekommen für einen Philipp Degen, für Behrang Safari, die beide am Sonntag auf der Bank sassen, für Ahmed Hamoudi oder Yoichiro Kakitani, die gegen YB vielsagend nicht einmal zum Aufgebot zählten.

Vielleicht bekommt auch Albian Ajeti Einsatzminuten, der nächste Saison zur Fraktion der Stürmer gehören wird, im Gegensatz zu seinem Bruder Arlind aus der Abteilung Torverhinderung, der unter Sousa aus allen Traktanden gefallen ist.

Eine interne Nachprüfung beim FCB

«Diejenigen, die nur wenig zum Einsatz gekommen sind, werden ihre Chance in den nächsten drei Spielen bekommen», sagt Sousa, «auch als Anerkennung dafür, wie sie in der täglichen Arbeit mitgezogen haben.»

Genau genommen ist es eine interne Nachprüfung, ein Casting im Wettbewerb: «Ich will sehen, wie sich diese Spieler in der Liga schlagen, damit wir unsere Entscheidungen treffen können, ob sie in der näheren Zukunft die richtigen für uns sind.»

Alle aus der zweiten Reihe auf einmal wird Sousa nicht bringen, sonst würde er seinem Versprechen zuwiderhandeln, der Bedeutung des Spiels für den Abstiegskampf gerecht werden zu wollen. «Es geht darum Respekt zu zeigen vor unserem Job, vor unserem Club, vor der Liga und dem Gegner. In jeder Hinsicht. Ich will von meinen Spielern eine gute Leistung sehen.»

Schonung für den Cupfinal gibt es nicht

Und Spieler mit Hinblick auf den Cupfinal zu schonen, das kommt für Sousa sowieso nicht in Frage: Die beste Vorbereitung und die beste Möglichkeit, Verletzungen zu vermeiden sei, die Intensität bis zum 7. Juni hoch zu halten. Und schwer verkatert werden seine Spieler in Aarau auch nicht aufkreuzen: In der Meisterfeiernacht von Sonntag auf Montag wurde im Noon bald einmal aufgestuhlt.

Übertrieben wurde die Party nicht, wie Tomas Vaclik schildert, «schliesslich haben wir noch vier Spiele, und wir müssen fokussiert bleiben, vor allem für den Cupfinal.» Und der FCB-Goalie will wieder das Double holen, so wie er es vergangenes Jahr mit Sparta Prag getan hat.

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