Einstimmig haben die Mitglieder des FC Basel Bernhard Heusler am Montagabend als Präsident bestätigt. Nach einem Jahr mit einem erneuten Umsatzrekord des Branchenführers im Schweizer Fussball nutzte Heusler die Generalversammlung, um seinen Standpunkt in der Fanpolitik zu untermauern.
Er hätte sich sonnen können. Im Glanz der imposanten Zahlen, die der Verein respektive die Aktiengesellschaft FC Basel 1893 der 120. Generalversammlung präsentierte. Im neuerlichen Rekordumsatz von 88 Millionen Franken, den das Fussballunternehmen im Jahr 2013 erwirtschaftet hat, und im auf 33 Millionen angewachsenen Eigenkapital. Oder auch in der wärmenden Vorstellung, dass die Profifussballer in den nächsten zwei Wochen die fünfte Meisterschaft en suite erreichen können. Etwas, was noch nie einem Schweizer Club gelungen ist.
«Wir erleben eine unglaubliche Phase in 120 Jahren FC Basel», sagte Bernhard Heusler, und er hätte das emotionale Bad auskosten können, das ihm im Congress Center bereitet wurde. Die 674 stimmberechtigten unter den 735 anwesenden Mitgliedern bestätigten den Präsidenten des FC Basel nicht nur einstimmig im Amt, sie spendeten ihm anschliessend auch stehend einen minutenlangen Applaus. Der war mindestens so anhaltend und herzlich, wie jener, als Mannschaft und Trainerstab nach einer halben Stunde frühzeitig aus der zunächst staubtrockenen Veranstaltung entlassen worden waren.
10’000 Mitglieder sind das nächste Projekt
Der FC Basel ist ein in jeder Hinsicht wohlgeformtes, stetig wachsendes Konstrukt mit traditionsreichem Hintergrund, in dem sich erfolgreich Profifussball betreiben lässt. An dem viele Emotionen hängen und in den viel hineininterpretiert wird. Er steht im «120. Altersjahr», wie Heusler das ausdrückt, nicht nur national in voller Blüte, er hat sich ausserdem auf europäischer Ebene ein Standing erarbeitet, oder, so Heusler, «tiefe Spuren hinterlassen».
Doch bei dieser Erkenntnis wollte es der Präsident nicht bewenden lassen. Als die Traktandenliste abgearbeitet war, als ein einziger Beschluss gefasst war, nämlich die Mitgliederzahl von derzeit 3400 mit einem Projekt mit dem Arbeitstitel «FC Basel 10’000» steigern zu wollen, setzte Bernhard Heusler zu einer Rede an, um seine Sicht der Sicherheitsdebatte und die Fans im Schweizer Fussball darzulegen.
Heuslers halbstündige Grundsatzrede
Dazu stand Heusler von seinem Platz am Vorstandstisch auf, und es wurde daraus eine mit elektronischen Hilfsmitteln untermalte 32-minütige Grundsatzrede tief aus dem Herzen eines Mannes, der sich seit vielen Jahren mit der Problematik auseinandersetzt, mit der Fankultur als gesellschaftlichem Phänomen. Und der aus Überzeugung nicht einstimmen will in den populistischen Mainstream, in die aktuelle Hysterie, in den Chor der einfachen Lösungen, und der nicht mitmachen will beim Schwarzer-Peter-Spiel nach den Vorkommnissen in Salzburg (mit FCB-Fans) im Cupfinal vom Ostermontag (mit FCZ-Fans) oder dem Besuch von GC-Fans jüngst in Basel.
Seine aktuelle Bestandsaufnahme lautet: Das Sicherheitsnetz, gespannt von allen Beteiligten von Clubs, Verband, Politik, Polizei bis Fans funktioniert nicht mehr. Sein Credo heisst unverändert: «Dialog ist kein Widerspruch zu Repression.»
Heusler räumte mit, wie er es nennt: «Scheinwahrheiten» auf, mit Beispielen aus anderen Ländern und Ligen, die in der Schweiz gerne als beispielgebende Lösungen zitiert werden und wo bei genauerem Hinsehen nichts gelöst ist oder die Probleme verlagert wurden. Er stellt eine Ohnmacht gegenüber dem Gewaltphänomen fest.
Der Appell in Richtung Muttenzerkurve
Heusler wehrt sich gegen Pauschalisierungen, er fühlt sich persönlich angegriffen, wenn ihm – und anderen Präsidenten Schweizer Clubs – ein «Kuschelkurs» mit sogenannten Problemfans unterstellt wird. Sein halbstündiger Vortrag war ein Werben für den Fussball, war ein Werben für vernünftige Ziele, er wehrte sich gegen eine öffentliche Stigmatisierung von Fussballfans, gegen Sippenhaft und gegen Denunziantentum.
Es war aber auch ein Appell an die eigenen Leute, an die Muttenzerkurve: «Fussballspiele sind für alle, sie sind ein grosses Gut, das es zu schützen gilt. Darauf werden wir noch mehr hinarbeiten. Auch die Leute in der Muttenzerkurve müssen begreifen, dass sie nicht wichtiger sind als die anderen, dass sie keine Sonderbehandlung geniessen. Sie sollen sich nicht elitär verhalten.» Heusler wünscht sich, das Publikum wieder als «stärkere Einheit zu spüren, als «eine Kraft hinter der Mannschaft», wie er das nennt. «Und wenn wir eine stärkere Vermischung im Stadion haben wollen, dann braucht es einen Schritt vom Kern der Muttenzerkurve auf die anderen Leute zu. Und nicht nur umgekehrt.»
«Stelle mich nicht hin und sage: Ich habe ein Patentrezept»
Zum Schluss, als er sich Luft gemacht hatte, verdeutlichte der FCB-Präsident noch einmal, dass für ihn Sicherheit sowohl Prävention als auch Repression bedeutet. «Wir sind auf der Watch-List der Uefa und beim nächsten Vorfall werden sie uns wieder abstrafen. Und ich werde mit allen Mitteln darauf hinarbeiten, dass es nicht passiert, aber ich stelle mich nicht hin und sage: Ich habe ein Patentrezept. Wir müssen hart schaffen, mit der Polizei, mit den Fans. Friedliche Spiele ohne jegliche Ereignisse werden wir nie hinbekommen. Wenn wir uns das zum Ziel setzen, werden wir immer scheitern.»
Der Beifall der Mitglieder für Heuslers Rede war so intensiv und anhaltend wie jener für die Mannschaft oder zu seiner Wiederwahl.
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