Der Präsident, die Wonne und die Wut

Allen Debatten und der Basel-Müdigkeit zum Trotz: Die Super League wird tatsächlich fortgesetzt. Zwischen dem erfolgreichen Ausflug nach Lissabon und dem Spitzenkampf am Sonntag gegen die Grasshoppers lässt FCB-Präsident Bernhard Heusler ein bisschen in seine Seelenlage blicken.

Sion, 18.10.2015, Fussball Super League - FC Sion - FC Basel, Trainer Urs Fischer (L) und Praesident Bernhard Heusler (R, Basel). (Marc Schumacher/EQ Images)

(Bild: Marc Schumacher/EQ Images)

Allen Debatten und der Basel-Müdigkeit zum Trotz: Die Super League wird tatsächlich fortgesetzt. Zwischen dem erfolgreichen Ausflug nach Lissabon und dem Spitzenkampf am Sonntag gegen die Grasshoppers lässt FCB-Präsident Bernhard Heusler ein bisschen in seine Seelenlage blicken.

So viel beinahe uneingeschränkte Wonne war Bernhard Heusler schon lange nicht mehr von der Nasenspitze abzulesen. Aus dem spätsommerlichen Lissabon ging es am Freitag mit dem Hochgefühl, in der Europa League wieder in der Spur zu sein, zurück ins kaum weniger spätsommerliche Basel, wo am Sonntag (16.00 Uhr) der Spitzenkampf in der Super League ansteht. 

Die Wundertüte der Saison

Wie die Grasshoppers sich zum ersten Verfolger des FC Basel aufgeschwungen haben, lässt sich auch mit einigen statistischen Quervergleichen erklären. » Zum Beitrag 

Der FCB-Präsident kann dem Anlass angesichts des monumentalen Vorsprungs in der Tabelle einigermassen gelassen entgegenblicken. Und verdoppelt wird seine Daseinsfreude durch die Zwischenbilanz auf europäischer Bühne: Das überaus solide, konzentriert herausgearbeitete 2:0 bei Os Belenenses bedeutet, im November bereits dreimal auf fremden Plätzen gewonnen zu haben (Posen, Florenz, Lissabon). «Das gab’s noch nie», merkt Heusler an und verbindet damit gleichzeitig eine Hoffnung: «Jetzt könnten wir mal souverän weiterkommen.»

So erhält das Gastspiel von Ex-Trainer Paulo Sousa mit der Fiorentina am 26. November im St.-Jakob-Park eine weitere Note der Vorfreude in Heuslers Augen: «Ich hoffe, dass die Leute sagen: Bei diesem Match will ich dabei sein. Schliesslich haben wir noch nie eine Europa-League-Gruppe gewonnen.»

«Die Wut hält uns alle wach»

Aber was bekommt der Präsident des FC Basel stattdessen zu hören? Die Meisterschaft sei langweilig, der Europacup-Auftritt glanzlos, der FCB zu kühl, zu effizient und damit zu überlegen, um den anderen noch ein Stück von der Torte zu lassen. «Für mich», entgegnet Heusler, «ist es gewaltig, dass wir zum ersten Mal in Portugal gewonnen haben. Natürlich war es kein Champagner-Fussball, aber die Mannschaft hat es gegen einen ultradefensiven Gegner hervorragend gemacht.»

Kurz bevor das Team am Freitagnachmittag nach einer Trainingseinheit in Lissabon wieder abhob, hob Heusler zu einer grundsätzlichen Betrachtung an: «Die Diskussion ist nichts Neues. Das sage ich intern zu denen, die finden, dass zu negativ über uns berichtet wird.» Und: «Die Wut darüber, dass die Leistungen nicht genügend geschätzt werden – das hält die Mannschaft, den Trainer, uns alle wach.»

Ergebenheitsadressen der Konkurrenz

Und es ist ja so: Obwohl der FCB 13 Punkte Vorsprung auf den Zweiten GC hat und 14 auf den eigentlichen Herausforderer YB, wird die Super League an diesem Wochenende tatsächlich unverändert fortgesetzt. Die Meisterschaft wird nicht vorzeitig abgebrochen oder im Türkyilmaz-Playoff-Modus zu Ende gespielt.



Basel�s players celebrate after Breel Embolo, center, scored their side's second goal during the Europa League group I soccer match between Belenenses and Basel at the Restelo stadium in Lisbon, Thursday, Nov. 5 2015. (AP Photo/Armando Franca)

Auch dank der frappanten Form von Breel Embolo (Zweiter von rechts) ist der FC Basel in der Europa League in der Spur zurück und in der Super League unangefochten. (Bild: Keystone/ARMANDO FRANCA)

Aber die Konkurrenz richtet Ergebenheitsadressen an den alten und designierten neuen Meister, die schon einiges über den inneren Zustand des Schweizerischen Clubwettbewerbs sagen. Die Frage lautet also nicht, ob der FCB seinen siebten Titel holt, sondern wann es so weit sein wird.

Das Kräftemessen mit den Grasshoppers bezeichnet Heusler als «eines der Sechs-Punkte-Spiele, das ganz entscheidend ist, wenn man Meister werden will». So aufregend wie das klingt, ist es natürlich nicht. Denn so oft verlieren kann der FCB nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre gar nicht, um den Vorsprung noch aus der Hand zu geben.

Heusler mit Eishockey-Vergleich

Und der FCB-Präsident bringt ja auch Verständnis dafür auf, dass jenseits der rotblauen Hemisphäre der Dauer-Dominator nicht die selbe Gefühlslage auslöst wie bei ihm selbst: «Wenn im Eishockey der SC Bern sechs Mal hintereinander Meister wäre, würde ich als Aussenstehender auch darauf warten, dass sie mal auf den Sack bekommen.»

Und Heusler wäre nicht FCB-Präsident, wenn er nicht auch den Mahner geben würde: «Wir müssen nur zwei blöde Niederlagen einziehen, ein paar Verletzte haben und vor einem Direktduell stehen.» Schon wäre es passiert, meint er damit. «Das predige ich seit Jahren. Meistens habe ich Recht behalten, und es ist oft genug noch eng geworden.»

Ausserdem sei es ja nicht so, dass der FCB durchmarschieren würde mit lauter 3:0, 4:0 und 5:0-Ergebnissen.

Die Moderation einer Überlegenheit

Es geht darum, man merkt es, den immensen Vorsprung zu moderieren. Und Urs Fischers Aufgabe erschöpft sich fast in der Aufgabe, im Drei-Tages-Rhythmus von Belastung und Regeneration die richtige Mischung auf den Aufstellungsbogen zu bringen.

Dass seine Mannschaft in Lissabon die Lehren aus dem Hinspiel gezogen und dem Gegner keine einzige echte Chance zugestanden hat, macht aus Fischer einen zufriedenen Trainer: «Wir sind geduldig gewesen, das sieht nicht immer attraktiv aus, aber am Ende ist Effizienz gefragt.»

Jankos Sperre als Chance für Ajeti

So sieht es danach aus, als ob Fischer verschmerzen könne, dass er ein paar verletzte Spieler (Delgado, Samuel, Degen) hat, fragliche für den Sonntagnachmittag (Gashi, Kakitani) und gesperrte (Janko, Aliji).



05.11.2015; Lissabon; Fussball Europa League - OS Belenenses - FC Basel; Trainer Urs Fischer (Basel) und Marc Janko (Basel) (Daniela Frutiger/freshfocus)

Der Trainer reicht seinem Goalgetter Hand: Us Fischer gewährt dem gesperrten Marc Janko (hier in Lissabon) Heimaturlaub. (Bild: Daniela Frutiger/freshfocus)

Marc Janko, der sich mit dem Siegtreffer in Vaduz zum Toptorjäger der Liga mit zehn Toren aufgeschwungen hat, sah im Fürstentum in der Schlussphase eine gelbe Karte für Meckern. Ein Schelm, wer eine Koinzidenz erkennen will zwischen der Sperre und einem freien Wochenende mit der Familie in seiner Heimatstadt Wien, ehe Janko mit dem Nationalteam in ein Trainingslager(!) vor dem Freundschafts-Länderspiel gegen die Schweiz (17. November in Wien) nach Spanien aufbricht.

Fischer hat jedenfalls zugestimmt, dass Janko von Lissabon ohne Umweg über Basel nach Wien fliegen durfte. Und es würde – auch angesichts der wenig dramatischen Ausgangslage vor dem Spitzenkampf – nicht wundern, wenn der FCB-Trainer nicht nur dem 20-jährigen Manual Akanji in der Innenverteidigung erneut Vorfahrt gibt, sondern auch einem noch jüngeren Novizen: Albian Ajeti.

Embolos frappante Form als Flügelspieler

«Darauf trainieren die Burschen hin», sagt Fischer, freut sich über die Ruhe, die Akanji bei seinem Europacup-Debüt in Lissabon ausstrahlte, und der 18-jährige Ajeti hat in den 385 Minuten, die er diese Saison in den drei Wettbewerben absolviert hat, immerhin vier Tore und vier Assist gesammelt (Meisterschaft: 1/2).

Mit Ajeti als Sturmspitze könnte Breel Embolo weiterhin seine frappante Form über die Flügel (bevorzugt rechts, wie man in Lissabon gesehen hat aber auch über links) ausspielen.

Desweiteren ist höchsten der an Aduktorenbeschwerden laborierende Birkir Bjarnason noch ein Wechselkandidat. Fraglich ist, ob Shkelzen Gashis Knöchelprellung schon wieder einen Einsatz zulässt. Alternativ steht Davide Callá zur Verfügung oder auch Jean-Paul Boëtius, der nach Verletzungspause vor dem dritten Anlauf beim FCB steht, allerdings erst eine Handvoll Trainingseinheiten absolviert hat.

Vorfreude über den Vorverkaufsstand

Obwohl er in der Meisterschaft bereits 37 von 42 möglichen Zählern geholt hat mit seiner Mannschaft, will Fischer die drei Punkte gegen GC, und zwar «unbedingt». Und zumindest in Basel wird Bernhard Heuslers Vorfreude noch geteilt: 28’200 Zuschauer kündigen nach Vorverkaufsstand am Freitagabend ihr Kommen an.

 

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