Vor dem Rückspiel des Achtelfinals der Europa League zwischen Red Bull Salzburg und dem FC Basel stichelt Salzburgs Trainer Roger Schmidt in Richtung FCB. Die Basler ihrerseits wollen den Respekt ablegen, der sie im Hinspiel am gepflegten Spielaufbau gehindert hat.
Natürlich würde das in Salzburg niemand zugeben. Aber Beobachter aus dem restlichen Österreich, wo Red Bull allerdings auch nicht sonderlich beliebt ist, sind sich sicher: Die Bullen sind ziemlich erschrocken, als sich ihnen im Achtelfinalhinspiel der Europa League mit dem FC Basel plötzlich jemand entgegenstellte, der auf ihr aggressives Auftreten genauso giftig reagiert hat und einfach dagegenhielt.
Beim FC Basel kommt Captain Marco Streller zurück in die Mannschaft, der das Hinspiel verletzt verpasst hatte. Dafür fehlt der beste Mann aus dem Hinspiel, Geoffroy Serey Die, mit einer Gelbsperre. Matias Delgado ist mit einer Zerrung zuhause geblieben, dafür sind die zuletzt verletzten Mittelfeldspieler Marcelo Diaz und Taulant Xhaka seit Montag wieder im Training.
Das sind sich die Salzburger nämlich nicht gewohnt. In der letzten Runde der Europa League glaubte Ajax Amsterdam fälschlicherweise, sich bloss mit technischer Überlegenheit durchsetzen zu können – und wurde mit dem Gesamtscore von 1:6 vom Platz gefegt.
Und in der österreichischen Liga, da traut sich sowieso keiner was zu gegen diese Salzburger. Wenn da ein Team in die Red Bull Arena reist, dann nur in der Hoffnung, mit möglichst wenig Gegentreffern zu verlieren. Dann gucken die Salzburger einmal grimmig, schenken den Gegnern trotzdem viele Tore ein – und gut ist.
Der Vorteil kann schnell zum Nachteil werden
Es mag für Red Bull vor dem Rückspiel gegen den FCB also von Vorteil sein, dass der Meistertitel bei 27 Punkten Vorsprung und noch neun zu spielenden Runden bereits so gut wie sicher feststeht. Weil so alle Kräfte und die ganze Konzentration in die Europa League fliessen können. Es ist aber genauso sehr ein Nachteil, dass in der Bundesliga kein Team der Wucht der Bullen gewachsen ist. Widerstand, den sind sie sich einfach nicht gewohnt.
Das zumindest gibt Rechtsverteidiger Florian Klein zu, wenn er am Tag vor der Partie in Salzburg über das Hinspiel in Basel sagt: «Sie haben uns aus dem Spiel gebracht, indem sie sehr kampfbetont gespielt haben.»
Trotzdem – irgendwelche Selbstzweifel haben keinen Platz in der öffentlichen Darstellung von Red Bull. Also versucht es Trainer Roger Schmidt sogar mit einer kleinen Stichelei in Richtung der Basler, als er danach gefragt wird, ob es ihn nachdenklich stimme, dass sein Team in Basel erstmals seit 61 Pflichtspielen kein Tor erzielt hatte: «Ein 0:0 bei einer Mannschaft, die Champions League gespielt hat, das ist nicht so schlecht. Ich würde mir eher Sorgen machen, wenn ich als Heimteam so gespielt hätte wie der FC Basel.»
3,4 Tore erzielt Salzburg im Schnitt pro Spiel
Womit Schmidt ganz schnell bei den unterschiedlichen Mentalitäten dieser beiden Gegner gelandet ist. Die Salzburger suchen konsequent den Weg nach vorne. Das macht in dieser Saison 184 Tore in 43 Pflichtspielen – 3,4 im Schnitt. «Ich glaube, wir zeigen einen äusserst unterhaltsamen Fussball», sagt Schmidt dazu.
Sein Antipode Murat Yakin dagegen liebt es, seine Mannschaft auf den Stil des Gegners einzustellen, um dessen Angriffszüge möglichst zu durchschauen und zu blockieren. Macht 77 Tore in 42 Pflichtspielen – 1,8 im Schnitt.
Dabei sind Schmidt und Yakin in ihrer Auffassung von Fussball wahrscheinlich gar nicht so weit voneinander entfernt. Beide wollen, dass ihre Mannschaft nach Ballgewinn möglichst schnell in die Offensive umschaltet, um die Unordnung des Gegners auszunützen. Nur steht Schmidts Mannschaft bei diesem Unterfangen fast dreissig Meter höher, da wird schon mal der gegnerische Torwart beim Spielaufbau attackiert.
Wer zieht welche Rückschlüsse?
Interessant wird sein, welche Schlüsse die beiden Mannschaften aus dem ersten Aufeinandertreffen gezogen haben. Schmidt jedenfalls verspricht «neue Ideen für das Rückspiel». Wobei auch bloss die Tatsache helfen könnte, dass sich Stürmer Alan wieder im Training zurückgemeldet hat.
Der Brasilianer ist die zweite Hälfte des kongenialen Salzburger Sturms, den er zusammen mit dem Spanier Jonatan Soriano bildet. In Basel war Soriano mit der Manndeckung durch Gaston Sauro nicht zurecht gekommen. Möglich, dass er mit Alan an seiner Seite wieder etwas lebhafter wirkt. Immerhin haben die beiden gemeinsam elf Tore in der laufenden Europa League erzielt.
Die Basler Lust auf den flachen Pass
Und bei den Baslern scheint sich in der Mannschaft die Erkenntnis durchgesetzt zu haben, dass das famose Salzburger Pressing gar nicht so schlimm ist, wie im Vorfeld befürchtet. Captain Marco Streller, im Hinspiel noch verletzt, und Mittelfeldstratege Fabian Frei sind sich jedenfalls einig, dass in der Bullen Arena vermehrt der flache Ball gespielt werden soll.
Das würde die Chance darauf erhöhen, in jene Räume vorzustossen, die das Salzburger Pressing in der österreichischen Defensive offen lässt. Und es geht mit dem Risiko einher, den Ball auch mal in der Gefahrenzone zu verlieren.
Ein 0:0, da sind sich die beiden Trainer jedenfalls einig, wird es am Donnerstagabend in Salzburg nicht geben. Beide haben bislang darauf verzichtet, ein Elfmeterschiessen einzustudieren.