Wenn am 2. Dezember 2011 die zwei wohl besten Boxerinnen der Welt aufeinander treffen, dann haben auch drei Baslerinnen alles getan, damit der Kampf hält, was er verspricht. Um für ihren WM-Kampf gegen Holly Holm vorbereitet zu sein, ist die französische K.o.-Königin Anne Sophie Mathis für zehn Runden Sparring nach Basel gekommen.
Der Titel ist unbescheiden, wie das beim Boxen ja ab und zu mal der Fall ist. «World Dominance», so heisst der Kampf, der am 2. Dezember in Albuquerque steigt. Aber wie es sich mit der Weltherrschaft halt so verhält: Meist muss ein kleiner Umweg in Kauf genommen werden. Anne-Sophie Mathis führt der Weg zum grossen Duell mit der Amerikanerin Holly Holm vorbei an den süssen Verlockungen der Herbstmesse, rein in den Keller des Boxclubs Basel. Hier, wo sich der Prattler Arnold „the Cobra“ Gjergjai eben für seinen ersten Profikampf im Ausland bereit gemacht hat, boxt sie über zehn Runden, um in Form zu kommen.
Wenn Mathis in den Ring steigt, ist das häufig mit Schmerzen für ihre Gegnerin verbunden. Von 26 Kämpfen hat sie zwar einen verloren. Aber das war 1995 und darf somit als verjährt gelten. Seither hat die Französin 24 Kämpfe gewonnen – 21 davon vorzeitig durch K.o. Für die drei Baslerinnen, die ihr an diesem Donnerstag Abend gegenüber treten werden, steht also ausser Frage, was mehr Nervenkitzel bringt: ein Ticket für die «Rocket»-Bahn auf dem Kasernenareal oder der Gang zum Sparring gegen Mathis.
Die 34-Jährige hat in Europa alles aus dem Ring geboxt, was sich ihr in den Weg gestellt hat. Jetzt bleibt nichts anderes als der Gang in die USA. Nach Albuquerque, New Mexico, in die Heimatstadt von Holly «The Preachers Daughter» Holm. Die hat ihrerseits in Amerika geschlagen, wer sich vor ihre Fäuste getraut hat, und seit 2004 ganze 22 von 23 Kämpfen gewonnen, bei einem Unentschieden. Zusammengezählt haben die beiden Frauen bereits 15 WM-Kämpfe gewonnen.
Ums Geld geht’s nicht
Doch obwohl das Duell der beiden Profiboxerinnen im Weltergewicht nichts anderes als logisch scheint: Einfach sei es nicht gewesen, den Kampf zu organisieren, sagt Mathis. Aber weil sie unbedingt bis zu ihrem Karrierenende gegen die Besten der Welt geboxt haben möchte, hat sie auf einiges verzichtet: «Ich werde sehr schlecht bezahlt für so einen Kampf.» 10’000 Dollar verdient sie, wenn sie den Kampf gewinnt: «Aber wenn ich Boxprofi wäre, um Geld zu verdienen, dann hätte ich längst aufgehört.»
Im Basler Boxkeller hat sie aber eben erst angefangen. Mathis boxt zehnmal zwei Minuten. Ihre Sparringspartnerinnen teilen sich die zehn Runden zu dritt. Nadia «la Bol» Barriga, Tina «der Pfeil» Asmussen und Sandra «the Silence» Brügger – eine nach der anderen tritt in den Ring, um Mathis zu fordern. Ihre Gemeinsamkeit: Sie sind alle Rechtsauslegerinnen, genau wie Holm. Und die sind ausserhalb des Boxclubs Basel rar. «In Frankreich haben wir gar niemanden, der gegen mich Sparring machen kann oder will», sagt Mathis. Also lohnt es sich für sie, drei Stunden von Nancy nach Basel zu fahren, hier zehn Runden zu boxen – und nach getaner Arbeit wieder zurückzufahren.
Vor allem Brügger kann ihr genau das bieten, was sie will: «Sandra ist klein, schnell und boxt technisch stark.» Die perfekte Vorbereitung auf Holm, die im Ring eine Tänzerin ist und von 30 Siegen nur 9 durch K.o. herbeigeführt hat. Mathis dagegen lebt von ihrem Dampfhammer, sie ist die Königin des Knock-out. Aber sie weiss auch: «Wenn ich einfach dastehe und wie ein Ochse zuschlage, während sie mir ausweicht, sieht das eher lächerlich aus. Also muss ich gut vorbereitet sein.»
Die ersten paar Runden in Basel sind für Mathis eher ein Einwärmen. Danach aber geht sie immer wieder so heftig zur Sache, dass die Beobachter froh sind, dass das Sparring mit Kopfschutz durchgeführt wird. Wobei auch der nicht immer hilft. Das weiss Brügger nur zu gut, bei ihrem letzten Training gegen Mathis, damals in Nancy, brach ihr die Französin die Nase.
Dieses Mal geht ohne Verletzungen zu Ende. Nach zehn Runden ist Mathis zünftig ins Schwitzen gekommen und lässt den Abend am Speedball ausklingen. Für sie ist der Kampf in den USA auch die Chance, sich einen Namen jenseits des Atlantiks zu machen. Ihr Handicap: Sie spricht kein Englisch. Aber die Sprache, die im Boxen am besten verstanden wird, ist sowieso die der Fäuste.
Weltmeisterin Anne-Sophie Mathis (weisses T-Shirt) im Sparring gegen die Schweizermeisterin Sandra «the Silence» Brügger.