Die Erwartungen erfüllt – nicht mehr, aber auch nicht weniger

Murray gegen Federer ist ausgefallen, aber Basel hat seinen alternativen Wunschfinal: Am Sonntag (14.00 Uhr, SF2 live) stehen sich in der St. Jakobshalle Juan Martin Del Potro und Titelverteidiger Roger Federer gegenüber, der seinen sechsten Sieg bei den Swiss Indoors anstrebt.

Erwartungen erfüllt: Roger Federer steht in seinem neunten Final bei der Swiss Indoors. (Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)

Murray gegen Federer ist ausgefallen, aber Basel hat seinen alternativen Wunschfinal: Am Sonntag (14.00 Uhr, SF2 live) stehen sich in der St. Jakobshalle Juan Martin Del Potro und Titelverteidiger Roger Federer gegenüber, der seinen sechsten Sieg bei den Swiss Indoors anstrebt.

Basel gegen Strasbourg – das wäre im Fussball so etwas wie ein Derby, aber einen solchen Charakter kennen Auseinandersetzungen im Tennis nicht. Unter den 9200 Zuschauern in der St. Jakobshalle waren nur ein paar versprengte Zuschauer aus dem Elsass – zumindest, was akustisch wahrzunehmen war.

Und das Kräftemessen in diesem Halbfinal der Swiss Indoors war eine weitgehend eindeutige Angelegenheit. Paul-Henri Mathieu hielt im ersten Satz bei eigenem Aufschlag mit, hatte aber keine Mittel, um den Lokalmatadoren in Bedrängnis zu bringen. Das war auch nicht erwartet worden von dem 30-Jährigen, der Weltnummer 101, dessen bestes Ranking Platz 12 im Jahr 2008 war und dessen letzter von vier Turniersiegen auf 2007 in Gstaad zurückgeht.

Spannung kommt keine auf, auch bei Del Potro nicht

Federer gegen Del Potro in 2012:
Sechs Spiele, sechs Siege

Australian Open, Viertelfinal: 6:4, 6:3, 6:2
Rotterdam, Final: 6:1, 6:4
Dubai, Halbfinal: 7:6 (5), 7:6 (6)
Indian Wells, Viertelfinal: 6:3, 6:2
French Open, Viertelfinal: 3:6, 6:7 (4), 6:2, 6:0, 6:3
Olympisches Tennisturnier, Halbfinal: 3:6, 7:6 (5), 19:17
Die Gesamtbilanz

Swiss Indoors
Das Tableau
Der Spielplan für Sonntag
Die Matchstatistik Federer-Mathieu

Für Basel und Roger Federer war es so etwas wie eine Selbstverständlichkeit, den Wunschfinal nicht von Mathieu platzen zu lassen. Froh sei er, sagte Federer nach dem 86-minütigen Match, dass er die Erwartungen erfüllt habe, die Zuschauer zufriedengestellt mit dem Finaleinzug. So ist es eben: Alles andere wäre eine Enttäuschung gewesen.

Federer übte sich auf dem Court in Geduld, brachte seinen Service, von dem er im Turnierverlauf lediglich ein Aufschlagspiel abgab, souverän über die Runde, und schaffte nach 40 Minuten das erste Break zum 6:5, eingeleitet von einem herrlich antizipierten Winner am Netz.

Der Rest war Formsache. Federer brauchte nur eine 58-Prozent-Quote beim ersten Aufschlag, zehn Asse und vier Breakbälle, von denen er zwei ummünzte. Spannung kam in der Halle nie auf, ebenso wenig wie bei Del Potros vorgängigem 6:2, 6:2 gegen Richard Gasquet. Mathieu darf sich immerhin darüber freuen, dass er nach einem mühsamen Jahr mit Verletzungen im neuen Ranking etwa 40 Ranglistenplätze gutmachen wird dank seiner herausragenden Basler Woche.

Federers Bilanz gegen Del Potro: 13-2

So kommt es am Sonntag also zum Endspiel zwischen dem Mann ganz oben im Tableau und dem von ganz unten: Turnier-Nummer 1 gegen Nummer 2, Weltranglisten-Nummer 1 gegen Nummer 8. Ein Duell, das es seit 2007 und einem Sieg Federers in Wimbledon bereits 15 Mal gab und aus dem der Schweizer 13 Mal als Sieger hervorging.

Das letzte Aufeinandertreffen, ebenfalls auf dem Gras von London, war das spektakulärste, war jener epische Olympia-Halbfinal, den Federer im dritten Satz im 36. Spiel mit 19:17 für sich entschied und damit die Silbermedaille auf sicher hatte. «Es war», sagte Federer gestern in Basel, «vielleicht einer der grössten Siege meiner Karriere.»

Die Bedeutung wird der Final der Swiss Indoors nicht erlangen können, egal, wie hart, wie spannend, wie aufreibend der Gang am Sonntag werden wird. Federer richtet sich jedoch auf heftige Gegenwehr des baumlangen Argentiniers ein. Zumal es den nach allein sechs Niederlagen gegen Federer im Verlauf dieser Saison nach Revanche dürsten dürfte. «Ich muss darauf gefasst sein, dass er sein bestes Tennis spielen wird, dass es kein Sprint, sondern ein Marathon wird», sagt Federer.

Die Lichtfigur will das Scheinwerferlicht in der St. Jakobshalle am Sonntag, wie er sagt: geniessen. Zum neunten Mal in seiner Heimatstadt im Final zu stehen, die Möglichkeit, zum sechsten Mal den Titel Mal jene Halle als Sieger zu verlassen, in der er einst als Balljunge Handlangerdienste verrichtete – das findet Federer nach wie vor «unglaublich».

Del Potro, das lässt dessen Formkurve in Basel vermuten, wird Federer nicht viel Gelegenheit geben zum Geniessen – sondern seinen Gegenüber leiden lassen wollen.

Roger Federers Finalteilnahmen an den Swiss Indoors

2000 Thomas Enqvist (Schweden) Roger Federer 6:2, 4:6, 7:6, 1:6, 6:1
2001 Tim Henman (Grossbritannien) Roger Federer 6:3, 6:4, 6:2
2006 Roger Federer Fernando Gonzalez (Chile) 6:3, 6:2, 7:6
2007 Roger Federer Jarkko Nieminen (Finnland) 6:3, 6:4
2008 Roger Federer David Nalbandian (Argentinien) 6:3, 6:4
2009 Novak Djokovic (Serbien) Roger Federer 6:4, 4:6, 6:2
2010 Roger Federer Novak Djokovic (Serbien) 6:4, 3:6, 6:1
2011 Roger Federer Kei Nishikori (Japan) 6:1, 6:3
2012 Roger Federer Juan Martin Del Potro (Arg)  

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