Damit die Kinder nicht mehr unbedingt nach draussen gehen müssen, um sich zu bewegen, entwickelten Erziehungsbehörden, Wissenschaftler und Ikea ein spezielles Wohn-und Spielzimmer für sie. Die Reaktionen schwankten zwischen Kritik und Spott. Das wollen die Erfinder nun ändern – mit neuen Fotos. Es sind Bilder zu einem Problem, das gerade jetzt wieder sehr aktuell ist.
Na, haben Sie vielleicht auch etwas zu viel gegessen in den vergangenen Tagen? Zu viel getrunken auch?
Kann passieren während der Festtage. Und dennoch stellt sich nun möglicherweise ein leichtes Unwohlsein ein. Und ein schlechtes Gewissen. Dagegen hilft nur noch rausgehen, an die frische Luft, joggen oder wenigstens ein bisschen spazieren, werden Sie denken.
Aber falsch! Um sich zu bewegen, muss man das Haus nicht mehr verlassen. Erwachsene können den Puls am Hometrainer hochjagen und für die Kinder und Jugendlichen gibt es neuerdings das Bewegungszimmer.
Die TagesWoche hat vor wenigen Wochen erstmals über diese Weltneuheit berichtet, die das Basler Erziehungsdepartement (ED) zusammen mit dem Institut für Sport und Sportwissenschaften der Universität Basel und Ikea entwickelt hat. Im Möbelhaus in Pratteln ist es denn auch vorgestellt worden, das Kinderzimmer, das so eingerichtet und angeordnet ist, dass die Kleinen fast so wie auf einem Spielplatz schaukeln, balancieren und klettern können.
«Wie Käfigtierhaltung»
Die Leserreaktionen auf unserem Bericht waren durchs Band eher kritisch, um es höflich auszudrücken. Vinzenz Reist zum Beispiel zog in seinem Kommentar den ziemlich vernichtenden Vergleich zur Käfigtierhaltung, während Andreas Diehthelm im Bewegungszimmer wenigstens noch etwas Positives entdeckt hat: es eigne sich perfekt als Fachnachtssujet. Ansonsten kritisierte auch er den «Spielgeräte-Einheitsramsch». Die Kinder würden heute nur noch an «EU-genormte und SUVA-konforme Spielgeräte» gelassen, die möglichst sicher seien – und auch entsprechend mickrig, schrieb er. Dabei bräuchten die Kleinsten vor allem «viel Platz» und auch mal «etwas Dreck», um glücklich zu sein. Und die etwas älteren «etwas Rundes zum Nachrennen».
Im Sportamt hatte man keine Freude an den Kommentaren – und führte sie unter anderem auf das Bild zurück, mit dem wir unsere Vorschau auf die Präsentation des Bewegungszimmers illustriert haben.
(Bild: Nils Fisch)
In der Legende haben wir noch darauf hingewiesen, dass dies das ideale Bewegungszimmer in der Vorstellung unserer Bildredaktion sei und warnten: «Vorsicht beim Nachbauen: Je nach Grösse des Kinderzimmers lassen sich Probleme nicht ganz ausschliessen.»
Die leichte Ironie sei wahrscheinlich nicht überall ganz angekommen, befürchten die Entwickler des Bewegungszimmers. Darum sei in der Leserschaft ein falsches Bild entstanden.
Um das zu korrigieren, liessen uns Sportamt und Ikea die Bilder des richtigen Bewegungszimmers zukommen.
Diese publizieren wir selbstverständlich gerne, auch wenn wir nicht ganz überzeugt sind, dass die Kritik nun vollständig verstummen wird.
Doch selbst wenn nicht, sind die Entwickler des Bewegungszimmers überzeugt von ihrem Werk. «Die Realität ist nun mal, dass viele Kinder gerade in einer Stadt wie Basel immer mehr Zeit daheim verbringen», wie Oliver Schwarz vom Sportamt im ED sagt. Dort würden sie dann vor dem Fernsehen oder am Computer sitzen: «Es sei denn, sie können ihren natürlichen Bewegungsdrang ausleben.» Im Bewegungszimmer, dem echten.