Die grössten Pleiten des Schweizer Fussballs

Erst Neuchâtel Xamax – jetzt wieder einmal Servette Genf. Misswirtschaft hat eine unschöne Tradition bei Schweizer Fussballclubs. Eine kleine Geschichte des Horrors aus der jüngeren Vergangenheit des Schweizer Fussballs.

Diego Maradona im Uefa-Cup-Spiel Wettingen gegen Napoli. (Bild: Keystone)

Erst Neuchâtel Xamax – jetzt wieder einmal Servette Genf. Misswirtschaft hat eine unschöne Tradition bei Schweizer Fussballclubs. Eine kleine Geschichte des Horrors aus der jüngeren Vergangenheit des Schweizer Fussballs.

FC Wettingen
1989 wirft der kleine FC Wettingen beinahe das grosse Napoli mit dem noch grösseren Diego Armando Maradona aus dem Uefa-Cup. Nur ein zweifelhafter Penalty-Entscheid für die Neapolitaner im Rückspiel verhindert die Sensation. 1993 endet das Märchen ziemlich abrupt mit der Auflösung des Vereins. Drei Millionen Franken Schulden sind aufgelaufen, der Club ist zahlungsunfähig. Andere Vereine, unter ihnen auch der FC Basel, bedienen sich am frei werdenden Personal und in Wettingen wird der FC Wettingen 93 gegründet. Heute spielt der Verein in der 2. Liga interregional.

FC Sion
Ein gewisser Christian Constantin hinterlässt 1998 dem FC Sion nach seinem Abgang als Präsident rund 15 Millionen Franken Schulden. Der Verein rettet sich via Nachlass-Stundung. Danach übernimmt Gilbert Kadji, ein Bierbrauer aus Kamerun, der in Sitten seine afrikanischen Talente an den Fussball in Europa gewöhnen und dann gewinnbringend weiterverkaufen will. Alle, die bei der Kombination kamerunischer Bierbrauer und Wallis die Stirn gerunzelt haben, erhalten Recht: Im Sommer 2002 muss Sion wegen Überschuldung in die Nationalliga B absteigen. Ein Jahr später wird der Club in die 1. Liga zwangsrelegiert. Aber jetzt schlägt die grosse Stunde von Constantin: Er erzwingt vor einem Zivilgericht die Teilnahme an der NLB. Heute halten der FC Sion und Constantin den Schweizer Fussball, den Internationalen Sportgerichtshof, die Uefa, die Fifa und diverse zivile Gerichte auf Trab.

Lausanne-Sport
Hier ist es mit Waldemar Kita ein Brillenhersteller aus Polen, der den Anfang vom Ende einläutet. Als er 2001 zurücktritt, ist es bereits zu spät. Wie Sion wird auch Lausanne-Sports im Sommer 2002 zwangsrelegiert. Hier sind es sechs Millionen Franken, die fehlen. Im Frühling 2003 sind davon noch zwei Millionen übrig – zuviel für den Club, der Ende Saison Konkurs geht. Die nächste Saison nimmt der Verein unter dem Namen Lausanne-Sport (man beachte das fehlende «S») in der 2. Liga interregional an den Start. In dieser Liga hat die U21 des Vorgängerclubs gespielt. Heute ist Lausanne dank des Lizenzentzugs von Xamax alle Abstiegssorgen in der Super League auf einen Schlag los.

FC Lugano
2002 ist das annus horribilis des Schweizer Fussballs. Im März steuert Helios Jermini sein Auto in den Luganersee. Der Präsident des FC Lugano begeht Selbstmord, weil er seiner Berufsbezeichnung «Treuhänder» untreu wird und 61 Millionen Franken veruntreut. Im Sommer 2002 wird der komplett verschuldete Fussballclub in die Nationalliga B relegiert. Im März 2003 meldet er Konkurs an und zieht sich aus dem Spielbetrieb zurück. Über 100 Millionen Franken an Verbindlichkeiten haben sich angehäuft. Im Sommer 2003 startet ein neu gegründeter Verein unter dem Namen AC Lugano dank der U21 des dahingeschiedenen FC Lugano in der 2. Liga interregional. 2004 folgt die Fusion mit Malcantone Agno, das in der NLB spielt. Seit Juni 2008 nennt sich der Club wieder FC Lugano. Seither versuchen die Tessiner, wieder in die höchste Liga aufzusteigen. Bislang erfolglos.

FC Luzern
Im Dezember 2001 drücken den FC Luzern Verbindlichkeiten von zwei Millionen Franken. Die Bilanz wird deponiert, ein Nachlass rettet den Verein, der danach schuldenfrei dasteht. Bestraft wird der Club für sein abenteuerliches Wirtschaften von der Liga nie. Heute ist der FCL in seinem neuen Stadion der letzte verbleibende Konkurrent des FCB im Rennen um den Meistertitel 2012.

FC Wil
Klangen bisher schon alle Geschichten abenteuerlich, dann geht es jetzt endgültig ab ins wilde Absurdistan. Im November 2002 wird Andreas Hafen verhaftet. Der Präsident des FC Wil hat als ehemaliger Vizedirektor der UBS 48 Millionen Franken veruntreut, rund zehn davon flossen in den Fussballclub. Hafens Nachfolger Roger Bigger sieht sich mit 3,25 Millionen Franken Schulden konfrontiert und zieht ukrainische Investoren an Land. Deren Gesicht ist Igor Belanow, ehemaliger Weltklassespieler aus der untergegangenen Sowjetunion. Die Aktiengesellschaft der Ukrainer ist 2004 so überschuldet, dass es zum Nachlass kommt. Bigger schafft es dabei, die Profimannschaft von der FC Wil AG zurück in den Club zu führen. Die Ukrainer klagen danach, sie seien übers Ohr gehauen worden. Der Verein steigt als Cupsieger in die Challenge League ab, wo er noch heute als gesunder Verein spielt.

Servette FC
Servette Genf ist im Februar 2004 eigentlich schon tot, als ihn Marc Roger zusammen mit der Geschäftsführung des damals brandneuen Stade de Genève und 4,4 Millionen Franken übernimmt. Einen symbolischen Franken bezahlt der französische Spielervermittler, der das Blaue vom Himmel verspricht und 21 Spieler verpflichtet. Darunter einen alternden Weltstar wie Christian Karambeu. Schon im Mai erhält Servette die Lizenz erst in zweiter Instanz – dank einer Bankgarantie des ehemaligen Real-Madrid-Präsidenten Lorenzo Sanz. Am 11. Januar 2005 wird die Bilanz deponiert, am 16. Februar wird der Konkurs rechtskräftig. Es hatten sich über elf Millionen Franken an Schulden angehäuft. Die Liga wird mit neun Teams zu Ende gespielt. Servette muss in der 1. Liga neu beginnen, Roger wird wegen ungetreuer Geschäftsführung verurteilt. Heute spielt Servette unter dem iranischen Präsidenten Majid Pishyar wieder in der Super League.

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