Die kleine Charmeoffensive des Paulo Manuel Carvalho Sousa

Der FC Basel und Paulo Sousa – da haben sich offensichtlich zwei aufeinander eingelassen, die sich gegenseitig etwas abverlangen wollen. Beobachtungen und Stellungnahmen vom ersten Tag des Portugiesen als Cheftrainer des FCB.

«Die Fans sollen die Tage bis zum nächsten Spiel zählen» – Paulo Sousa und ein Versprechen für attraktiven Fussball mit dem FC Basel. (Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)

Der FC Basel und Paulo Sousa – da haben sich offensichtlich zwei aufeinander eingelassen, die sich gegenseitig etwas abverlangen wollen. Beobachtungen und Stellungnahmen vom ersten Tag des Portugiesen als Cheftrainer des FCB.

Es ist eine mutige Personalentscheidung, die der FC Basel mit Paulo Sousa als neuem Cheftrainer getroffen hat. Ein Mann mit grossem Leistungsausweis als Spieler und mit einem ersten Meisterstück, das er als Trainer in Israel abgeliefert hat. Ein Portugiese, der von Maccabi Tel Aviv drei Assistenten mitbringt, einen Landsmann und zwei Spanier, und ein Trainer nach 15 Jahren und den Tagen des Guy Mathez, der nicht Deutsch spricht.

50 Journalisten sind ein grosser Auflauf, als Sousa am Montag auf dem Podium des Mediencenters zwischen Präsident Bernhard Heusler und Sportdirektor Georg Heitz Platz nimmt. Und es dauert nicht lange, bis seine Sprachkenntnisse zur Sprache kommen. Man kann festhalten: Ausser Deutsch scheint er quasi alles zu sprechen oder zu verstehen.

Wie Sousa das schildert, deutet schon an, welcher Schalk und Selbstironie in ihm steckt: «Ich spreche – zwar nicht perfekt –, aber mehr oder weniger gut Portugiesisch, dazu verstehe ich in Italienisch, Spanisch und Französisch fast alles, ich kann in diesen Sprachen auch kommunizieren und dazu in Englisch.» Deutsch sind ihm nach eineinhalb Jahren in Dortmund, wo er von Mitte 1996 bis Ende ’97 spielte und die Champions League gewann, nur einige wenige Worte geblieben.

«In ein paar Monaten werde ich Deutsch sprechen. Das ist ein Versprechen» – Paulo Sousa, neuer, multilingualer Trainer des FC Basel.

«In ein paar Monaten werde ich Deutsch sprechen. Das ist ein Versprechen» – Paulo Sousa, neuer, multilingualer Trainer des FC Basel. (Bild: Keystone) (Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)

Deutsch – das ist für den FC Basel kein ausschlaggebendes Kriterium gewesen. «Wir reden im Fussball eine internationale Sprache», findet Bernhard Heusler, «eine zeitlang wurde in der Kabine nur Englisch gesprochen, das hat sich gewandelt, je nach Spielern, die wir hatten. Seit Christian Gross hatten wir keinen Trainer mehr, der so viele Sprachen beherrscht wie Paulo Sousa. Das ist auch eine Chance.»

Der grosse Sehnsucht der Radio- und Internetreporter nach ein paar Brocken Deutsch fürs Publikum konnte und wollte Paulo Sousa am Montag nicht erfüllen. Heusler ist klar: «Es wird für den einen oder anderen eine Herausforderung sein, auch für Paulo Sousa.» Und der FCB-Präsident ist sich sicher: «Er wird in relativ kurzer Zeit soviel Deutsch können wie es nötig ist.» Der Trainer bekräftigt das: «Ich bin mir sicher, dass ich in ein paar Monaten Deutsch sprechen werde. Das ist mein Versprechen.»

Die Forderungen des Neuen

Paulo Manuel Carvalho Sousa, der aus Viseu im Nordosten Portugals stammt, wo sein Vater eine Autoreparaturwerkstätte betreibt, ist ein Mann mit Ausstrahlung. Ein smarter Typ, der am 30. August 44 Jahre alt wird, und den es auf seinen bisherigen fünf Stationen als Profitrainer nicht lange gehalten hat. Mal aus freien Stücken, mal, weil er gefeuert wurde.

Die jeweils kurze Verweildauer hat bei den Entscheidungsträgern des FC Basel keine Rolle gespielt. «Als Trainer braucht man Persönlichkeit und eine Aura», sagt Georg Heitz, «und bei einem Club wie dem FC Basel brauchen Spieler, die zum Teil schon viel erreicht haben, einen Trainer, zu dem sie auch ein bisschen hochschauen können. Das ist wichtig, darf man aber auch nicht überbewerten. Wir reden vom Trainer Paulo Sousa und nicht vom Spieler. Uns haben die klaren Ideen überzeugt, seine Planungen. Die ersten Sitzungen mit ihm sind ziemlich ins Detail gegangen, mit vielen Anforderungen infrastruktureller Art, von denen wir mal schauen müssen, ob wir sie alle erfüllen können.»

«Als Trainer habe ich mich auf die Spieler einzulassen. Ich arbeite für sie» – Paulo Sousa bei seiner Präsentation als neuer Trainer des FC Basel.

«Wir haben uns bei Maccabi erkundigt, ob wir direkt mit Paulo Sousa reden können. Das ist eine Frage des Anstands. es hat sich herausgestellt, dass Paulo Sousa diesen Sommer unter gewissen Bedingungen grundsätzlich ablösefrei wechseln kann. Deshalb wollten wir möglichst bald unseren Fuss reinstellen», so Heusler.

Am 19. Mai, dem Tag nach der Meisterfeier in Basel, waren sich die FCB-Verantwortlichen einig, dass sie auf die Karte Sousa setzen und nicht Gespräche mit einer Reihe anderer Kandidaten führen wollen. «Uns war klar: Ganz Tel Aviv steht Kopf. Paulo Sousa ist dort Meister geworden, und ich bin genug Mensch, um nachvollziehen zu können,was das in einem Trainer auslöst, die Wertschätzung, die er in einem solchen Moment erhält. Wir wissen seit Christian Gross, was es für einen Club bedeutet, wenn ein erfolgreicher Trainer umworben wird. Ich habe das mit Thorsten Fink erlebt. Das ist keine einfache Situation für einen Trainer und den Club.»

Paulo Sousa, das spürten Heusler und Heitz in den Gesprächen, war bereit, nach Basel zu kommen. «Am Ende ist es ein inneres Gefühl, das einem sagt: Das stimmt jetzt», sagt Heusler, und: «Aber man ist immer unsicher. Gerade bei Personalentscheidungen.» Die relativ lange Laufdauer des Dreijahresvertrag, ein Papier «ohne jegliche Klauseln, Bedingungen oder Ausstiegsformalitäten» (Heusler) sieht der FCB-Prsäsident als «Ausdruck des Vertrauens».

«Trainer klauen Ideen immer von anderen Trainern»

Dieser Mann des Vertrauens sitzt am Montag im Mediencenter des St.-Jakob-Park, während unten im Stadion schwere Baugeräte lärmen. Die Rasenfläche ist verschwunden, der Unterbau wird generalüberholt, die Bühne, auf der Paulo Sousa vom Saisonstart am 19. Juli an das Kommando haben wird. «Ich fühle mich hier in Basel fast wie zuhause», sagt Sousa mit sonorer Stimme, einem Englisch mit hartem Akzent und mit Hinweis auf die drei Spiele, die er in knapp anderthalb Jahren mit Videoton und Maccabi hier bestritten – und allesamt verloren hat.

Er gibt ein paar Bonmots zum Besten («Von wem ich beeinflusst bin? Fabio Capello hat mal gesagt: Wir Trainer klauen Ideen immer von anderen Trainern»), immer wieder lacht er charmant, manchmal auch, wenn er seinen eigenen Worten nachlauscht. Etwa, als er von seiner Familie erzählt, seiner Frau, die in Lissabon lebt und die ihn mit den Hunden nach Basel begleiten wird. Oder von seiner Tochter, die in England studiert: «Sie spielt nicht Fussball, aber sie kann Deutsch. Sie wird mir ein bisschen beibringen können.»

«Ich arbeite für die Spieler»

Damit kein falscher Eindruck entsteht: Über Fussball wurde auch gesprochen. «Zuallererst», sagt Sousa, «passe ich mich den Spielern an, die ich im Kader habe. Ich versuche die Persönlichkeit der Spieler zu verstehen und ihre Fähigkeiten. Und ich bin sicher, dass ich die individuelle Leistungsfähigkeit der Spieler innerhalb des Kollektivs optimieren kann.»

«Das Interesse des FC Basel an mir ist eine grosse Anerkennung» – Paulo Sousa.

«Das Interesse des FC Basel an mir ist eine grosse Anerkennung» – Paulo Sousa. (Bild: Keystone) (Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)

Seine Vorstellung von «attraktivem, positivem Fussball» beschreibt Sousa so: «Ich will einen Fussball, der viele Emotionen weitergibt an die Fans, vor allem an jene, die den Fussball lieben. Meine Mannschaft soll von der ersten bis zur letzten Minute die Hauptrolle spielen auf dem Platz. Wenn wir den Ball nicht haben, wollen wir ein Team mit hoher Aggressivität sein, um den Gegner zu Fehlern zu zwingen und um sicherzustellen, dass wir jederzeit das Spiel kontrollieren. Manchmal gelingt das, manchmal nur phasenweise, aber dieses zu erreichen, wird die Basis unserer täglichen Arbeit sein, das soll unsere Mentalität ausmachen.»

«Unsere Fans sollen sich begeistern an dem, was wir produzieren, und die Tage bis zum nächsten Spiel zählen.»

Der Trainer, der sich als «Mann voller Überzeugungen» beschreibt, als «positiven Mensch», sagt so schöne Sätze wie: «Es ist der richtige Club, mit den richtigen Leuten und mit richtigen Projekt – das habe ich gespürt.» Oder: «Als Trainer muss man sich stets auf die Qualitäten der Spieler konzentrieren und darauf, diese weiterentwickeln und zu maximieren. Mit der Art, wie wir sie integrieren, mit unserem Training, wie wir sie führen und beeinflussen im Fussball und im Leben. Das ist mein Hauptaugenmerk. Als Trainer habe ich mich auf meine Spieler einzulassen, ich arbeite für sie. Sie sollen fröhlich zum Training kommen, sie sollen das Gefühl haben, Fortschritte zu machen, und sie sollen Freude daran haben zu spielen.

«Wir wollen dafür sorgen, dass uns Streller noch lange erhalten bleibt»

Das werden die FCB-Spieler gerne vernehmen. Marco Streller zum Beispiel, der es mit Murat Yakin nicht immer einfach hatte. Über den Captain im Spätherbst der Karriere sagt der neue Trainer: «Über ihn muss man keine grossen Worte verlieren. Er ist ein Spieler mit grosser Erfahrung und grossen Fähigkeiten, und wir wollen dafür sorgen, dass er uns noch eine lange Zeit erhalten bleibt und uns hilft, gute Resultate zu erzielen – und gute Resultate sind auch gut für mich.»

Sagts und lacht. Und nebst dem Versprechen mit dem Deutschlernen kann man einen weiteren Satz Paulo Sousas bei seiner ersten kleinen Charmeoffensive in Basel als Verheissung begreifen: «Mein Hauptziel ist es, eine Verbindung herzustellen zwischen den Spielern, zwischen der Mannschaft und dem Publikum. Unsere Fans sollen sich an dem begeistern, was wir für sie produzieren, und sie sollen die Tage zählen bis zum nächsten Spiel.»

Trainingsstart am Mittwoch, 18. Juni

Mitten während der WM in Brasilien geht beim FC Basel das Training am Mittwoch, 18. Juni wieder los. Saisonstart der Super League ist gerade einmal eine Woche nach dem WM-Final am 18./19. Juli. Als Vorbereitungsdaten gibt es ein Testspiel, dass der FCB am 3. Juli in Innsbruck abgemacht hat.
Anschliessend geht es wie in den vergangenen Jahren auch in ein Trainingscamp in Rottach-Egern am Tegernsee. Gut möglich ist, dass der FCB in der Startphase der Liga unter der Woche Testspiele verabreden wird, da der Schweizer Meister in diesem Jahr ohne Qualifikationsumweg in der Champions League dabei ist.
Am 29. August erfährt der FCB (erstmals in Topf 2 gesetzt) seine Gruppengegner; erster Spieltag ist der 17./18. September.

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