Sie ist immer noch dabei, auch im Achtelfinale: Sabrina Jaquet. Mit ihren 29 Jahren hat die Neuenburgerin den Lauf ihrer Karriere. Sie selbst sagt dazu: «Ich hoffe, es wird noch besser!»
Mit einem deutlichen Zwei-Satz-Sieg gegen die Estin Getter Saar hat sich Sabrina Jaquet erstmals für das Achtelfinale der Badminton Swiss Open in Basel qualifiziert und ist damit die einzige verbliebene Schweizer Teilnehmerin im Turnier. Das verdankt die mehrfache Schweizer Meisterin zum einen der guten Auslosung, vor allem aber ihrer sportlichen Entwicklung seit den Olympischen Spielen in Rio.
Auch bei Olympia hätte für Sabrina Jaquet mehr drin sein können, denn die Auslosung hatte ihr eine rein europäische Gruppe beschert und keine der übermächtig erscheinenden Asiatinnen. Doch die Neuenburgerin verlor beide Spiele, weil sie «nicht fokussiert genug» war, wie ihre eigene Analyse ergab. Danach hat sie ihren Rhythmus gesucht, ihr fehlte das Selbstvertrauen. «Ich habe mir vorgenommen, wieder mehr Spass zu haben und ein bisschen entspannter zu sein», erzählt Jaquet. Im September kehrte sie auf die Turnierbühne zurück und konnte bereits im Oktober einen grossen Erfolg feiern. Bei den Swiss International gewann sie ihren ersten internationalen Titel gegen Yi Ling Ling aus Malaysia.
«Das Ziel ist immer, die Asiatinnen zu schlagen.»
Danach hatte Jaquet geradezu einen Lauf. Bei den Scottish Open verlor die 29-Jährige erst im Finale, bei den Italian Open holte sie ihren nächsten Titel. Und auch in diesem Jahr hatte sie schon gute Ergebnisse. Bei den German Open gewann sie kürzlich einen Satz gegen die Japanerin Akanae Yamaguchi, zum ersten Mal gegen eine Spielerin aus den Top 10. «Das Ziel ist immer, die Asiatinnen zu schlagen, die alle gut sind», sagt Jaquet, «ich kann immer besser mithalten, die sind nicht mehr so weit weg.»
Jaquet ist aktuell die Nummer 38 der Weltrangliste. Steckt sie gerade in der besten Phase ihrer Karriere? Das möchte sie so nicht bestätigen. «Ich hoffe, es kommt noch besser!» Fitness, Taktik und Mentalität würden jetzt stimmen. «Ich habe davor auch schon jahrelang mentales Training gemacht, aber plötzlich ist es so, als wäre ein Knopf aufgegangen.»
Grossen Anteil daran habe Nationaltrainer John Dinesen, der seit zweieinhalb Jahren im Amt ist. «Er denkt sehr professionell, durch ihn habe ich noch fokussierter trainiert.» Die Trainingsbedingungen für die Schweizer Nationalspieler hätten sich durch den Dänen insgesamt verbessert, so dass niemand ins Ausland gehen müsse, um sich weiter zu verbessern. «Für mich ist das jetzt sowieso zu spät, dass hätte ich mit 20 machen müssen, aber da war ich noch nicht so professionell», sagt Jaquet. Dass sie keine Konkurrentin im eigenen Land hat, die sie auch im Training fordert, vermisst sie nicht. «Ich trainiere auch viel mit den Männern.»
Grosse Träume, schmales Budget
Im Badminton ist Jaquet eine Spätstarterin. Sie hat erst mit zwölf Jahren beim BC La Chaux-de-Fonds mit dem Sport begonnen. Und aufs Einzel hat sich Jaquet erst mit 23 Jahren spezialisiert. Davor trainierte sie vor allem Damendoppel und Mixed. Sie wechselte die Disziplin, weil sie dadurch eine grössere Chance auf eine Olympia-Qualifikation sah. Der Plan ging auf. Zwei Mal war sie bei Olympia, 2012 in London und 2016 Rio. Sie hält es nicht für ausgeschlossen, dass sie 2020 in Tokio noch einmal dabei ist.
Eine noch grössere Motivation wäre allerdings eine Weltmeisterschaft 2019 im eigenen Land. Deshalb fiebert Jaquet der Entscheidung am Samstag entgegen, ob Basel den Zuschlag vom Weltverband erhält. «Dann würde ich sicher bis 2019 weiter spielen, und für den Schweizer Badminton Verband wäre das natürlich auch toll, das könnte unserer Sportart einen Schub geben.»
» Gewinnen Sie hier Tickets für das Finalwochenende – viel Erfolg!
Während Badminton in den asiatischen Ländern teilweise einen Stellenwert hat wie Fussball in Europa und die Topstars Millionengehälter kassieren, müssen die Schweizer Spitzenspieler gut kalkulieren, um ihr Leben als Profis zu finanzieren. Bei Jaquet ist es eine Mischung aus Fördergeldern vom Verband und vom Kanton, einem Ausrüstervertrag und Unterstützung von Sponsoren. Über viele Jahre hat sie ausserdem Fördergelder über Swiss Olympic bekommen. Die sind inzwischen aber weggefallen, weil ihr die entsprechenden Ergebnisse bei Welt- und Europameisterschaften oder Olympia fehlen.
«Ich geniesse das Leben auf der Tour. Mein Alltag ist nicht so schlecht.»
Vielleicht wird sich das Ende April ändern. Dann startet Jaquet bei der Europameisterschaft in Dänemark. «Eine Medaille wäre ein Traum», sagt die 29-Jährige. An einem guten Tag könne sie jede Europäerin schlagen – «ausser eine», fügt sie lächelnd hinzu. Sie meint die Spanierin Carolina Marin, Nummer zwei der Welt, Olympiasiegerin, Welt- und Europameisterin. Die 23-Jährige ist die einzige Europäerin unter den Top 20 der Welt. «Ein Riesentalent, das früh sehr gut unterstützt wurde», sagt Jaquet. «Das zeigt, dass es auch in Europa möglich ist.»
Manchmal bereut Jaquet deshalb, dass sie nicht schon früher mehr gemacht habe. Neid auf die erfolgreichen Konkurrentinnen, die mit ihrem Sport ein Vielfaches verdienen, kennt sie trotzdem nicht: «Badminton ist meine grosse Leidenschaft, und ich geniesse das Leben auf der Tour. Mein Alltag ist nicht so schlecht.»
Am heutigen Donnerstagabend (ca. 18.45 Uhr) wird sie bei den Swiss Open in Basel versuchen, mal wieder eine Asiatin zu schlagen. Allerdings ist die an Nummer drei gesetzte Chinesin Chen Yufei eine schwierige Aufgabe. «Ich werde Vollgas geben», verspricht Jaquet. Sie würde natürlich gerne in Basel im Viertelfinale stehen. Und so viel ist gewiss: Die Zuschauer wird sie auf ihrer Seite haben.
» Update vom Freitagmorgen: Jaquet ist im Achtelfinale gegen die Chinesin Chen Yufei ausgeschieden, hat sich beim 16:21 und 16:21 aber gut geschlagen.
Basel, St. Jakobshalle vom 14. bis 19. März 2017
Website des Turniers | Facebook
Eintritt frei am Dienstag, 14. und Mittwoch, 15. März
Informationen zu den Tickets | Ticketcorner