Am Samstag weiht das Frauenboxteam Basel sein eigenes Trainingslokal ein. Es feiert einen neuen Namen, ein neues Logo und bietet ab sofort auch Kurse an.
Es blendet. Das frische Weiss der Wände leuchtet, LED-Röhren erhellen den kahlen Raum. Nur ein paar schwarze Boxsäcke hängen von der Decke. Seile pfeifen durch die Luft, Schuhe treffen im Takt auf den grauen Linoleumboden. Es ist Montag, 18 Uhr, fünf Boxerinnen wärmen sich beim Seilspringen auf.
Hier geht am Samstag für das Frauenboxteam Basel ein Traum in Erfüllung: Es kann seinen eigenen Trainingsraum eröffnen. Das Team besteht aus zehn jungen Frauen, die früher alle Mitglied beim Boxclub Basel waren. Nachdem sie 2013 dort ausgetreten sind, haben sie ihren eigenen Verein gegründet. Bald darauf schlossen sie sich beim Boxring Basel an, dem sie bis heute angehören.
Seilspringen zum Aufwärmen. Hier noch ohne Helm und Handschuh. (Bild: Alexander Preobrajenski)
Fitness-Boxen – auch für Männer
Fast alle von ihnen sind Wettkampf-Boxerinnen. Das ist ungewöhnlich. In den meisten Vereinen boxt die Mehrheit für die Fitness und nur ein kleiner Teil steigt wirklich in den Ring. Beim Frauenboxteam Basel ist das genau umgekehrt.
Im neuen Trainingslokal wollen die Frauen aber zukünftig nicht nur selbst trainieren, sondern auch Kurse im Fitness-Boxen anbieten – jeden Mittwoch um halb acht. Da sich dieses Angebot auch an Männer richten und auch ein männlicher Trainer dabei sein wird, ändert sich der Name: Aus dem Frauenboxteam wird Boxteam Basel, das neue Logo wird bei der Eröffnung enthüllt. Die Wettkämpferinnen unter ihnen werden jedoch weiterhin unter dem Namen Frauenboxteam auftreten.
Trainieren in der Mittagspause
Der neue Standort befindet sich in einem Hinterhof an der Mülhauserstrasse im St. Johann. «Das hier war früher eine Bruchbude», sagt Nadja Barriga, 30 Jahre alt, seit acht Jahren Boxerin. Im Oktober hat das Team angefangen, den Raum auf eigene Faust zu renovieren – wenn die Frauen nicht gerade mit Trainieren beschäftigt waren.
Denn einige trainieren zweimal am Tag. Zum Beispiel Barriga: Morgens vor der Arbeit und abends noch einmal. Dazwischen arbeitet sie für das Staatssekretariat für Migration. Die Doppelbürgerin (Schweiz/Bolivien) ist klein, zierlich und hat ihr dunkles Haar zu zwei Zöpfen geflochten.
Augenkontakt halten ist wichtig: Barriga beim Trainingskampf mit ihrer Gegnerin. (Bild: Alexander Preobrajenski)
Es ist die Intensität, die für sie das Boxen ausmacht. Die Anstrengung, die man auf sich nimmt. «Man muss enorm trainiert sein», sagt auch Sara-Joy Rae, 33 Jahre, gross, blond und langhaarig. Die Tochter einer Schweizerin und eines Jamaikaners arbeitet als Staats- und Jugendanwältin – und trainiert in der Mittagspause. Barriga und Rae boxen längst nicht nur in der Schweiz, sondern unter anderem auch für die Nationalteams ihres zweiten Heimatlandes. Als Nächstes wollen sie sich für die Panamerikanischen Spiele im Juli in Kanada qualifizieren.
Krankenschwester mit Zahnschutz
Sandra Brügger kneift ihre blauen Augen zusammen. Beinahe böse blickt sie unter ihrem Helm hervor. Sie fixiert einen Punkt in der Luft – ihren imaginären Gegner – und schlägt wuchtig zu. Der grüne Zahnschutz leuchtet aus dem halb geöffneten Mund.
Brügger arbeitet als Krankenschwester und macht gerade eine Massageausbildung. Doch wie die 32-Jährige selbst sagt: Erst kommt das Boxen, dann der Beruf. «Ich kann mir ein Leben ohne Boxen nicht mehr vorstellen.»
Brügger boxt seit elf Jahren und ist somit die Erfahrenste im Team. Sie holte bereits etlichen Schweizer Meistertitel und gar eine Silbermedaille an den Europameisterschaften 2007. Ihr grosser Wunschtraum: die Teilnahme an den Olympischen Spielen im Sommer 2016 in Rio de Janeiro. Sie versuchte es bereits 2012, als die Frauen erstmals olympisch boxen durften, doch reichte es ihr damals nicht für die Qualifikation.
Respekt der Männer
Populär wurde Frauenboxen bereits in den 1990er-Jahren, wobei die erste Meisterschaft für Frauen 2001 in den USA stattfand. Das Frauenboxteam Basel fühlt sich jedenfalls auch von der Männerwelt akzeptiert. Mehr noch: «Gerade als Wettkämpferinnen ernten Frauen oft einen besonderen Respekt von den Männern», findet Barriga. Bei der Technik gebe es kaum Unterschiede. Ausser der Schlagkraft, die sei bei den Männern grösser, aber auch die Verletzungsgefahr sei höher, weil Männer keine Helme tragen.
Nicht nur Boxerinnen sondern auch Freundinnnen: Die Gruppe kennt sich seit vielen Jahren. (Bild: Alexander Preobrajenski)
Mit einem leisen Okay schliesst die Trainerin Dijana Bogdanovic die Session. Das Team hat eineinhalb Stunden ohne richtige Pause durchtrainiert. Die Haare kleben unter dem Helm, die Gruppe setzt sich zum Dehnen in einen Kreis.
Sie diskutieren über Techniken beim Sparring, eine Art Trainingskampf. Wie muss ich richtig kontern? Wie nah gehe ich an die Gegnerin ran? Wie halte ich den Augenkontakt? Es ist leicht zu erkennen, dass der Sport zum Lebensinhalt der Boxerinnen geworden ist – und die Gruppe zusammengeschweisst hat. «Ohne die Gruppe würde ein wichtiger Teil fehlen», sind sich alle einig. Eine neue Heimat haben sie jetzt gefunden.
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Eröffnung: 24. Januar, ab 16 Uhr, Mülhauserstrasse 48, 4056 Basel. Mehr Infos: frauenboxteam-basel.ch