Die programmierte Pleite

Riesenslalom-Gott Ted Ligety ist der Überraschungs-Weltmeister im Super G – und die vier Schweizer fahren wie erwartet abgeschlagen hinterher. Was ins Bild passt: Silvan Zurbriggen, als Elfter noch der Beste, wurde nachträglich disqualifiziert.

Carlo Janka of Switzerland reacts in the finish area during the Men's Super-G race at the FIS Alpine World Ski Championships in Schladming, Austria, Wednesday, February 6, 2013. The Alpine Skiing World Championships in Schladming take place from 04 to 17 (Bild: Keystone/JEAN-CHRISTOPHE BOTT)

Riesenslalom-Gott Ted Ligety ist der Überraschungs-Weltmeister im Super G – und die vier Schweizer fahren wie erwartet abgeschlagen hinterher. Was ins Bild passt: Silvan Zurbriggen, als Elfter noch der Beste, wurde nachträglich disqualifiziert.

Es ist nicht so, dass es in irgendeiner Form unerwartet gekommen wäre. Und doch ist das Abschneiden der Schweizer Männer im WM-Super-G von Schladming eine herbe Enttäuschung. Eine weitere nach einem verkorksten Winter im Männer-Lager. Kein Exploit, kein Aufbäumen, nichts.

Am Donnerstag: Training

Das nächste WM-Rennen ist die Kombination der Frauen am Freitag (Abfahrt: 10.00 Uhr; Slalom: 14.00 Uhr). Im ersten Abfahrtstraining war die Österreicherin Regina Sterz die Schnellste, eine halbe Sekunde dahinter Dritte wurde Fränzi Aufdenblatten, die teamintern gegen Marianne Kaufmann-Abderhalden (27. Rang; 3,53 Sekunden zurück) um einen Startplatz fährt.

Das WM-Programm

Die Silbermedaille, die Lara Gut am Vortag zum Teamspirit und zur mentalen Aufrichtung beigesteuert hatte, entfaltete bei Carlo Janka, Didier Dèfago und Patrick Küng keine Wirkung. Sie landeten weit abgeschlagen im Hinterfeld. Ledglich Silvan Zurbriggen kommt mit Rang 11 auf eine Platzierung, die man allenfalls passabel nennen kann.

Und das in einer Disziplin, in der die Schweizer mit drei Siegern (Zurbriggen, Hangl, Cuche) auf Augenhöhe mit den Norwegern, Österreichern und US-Amerikanern sind.

Wie die Faust aufs Auge passt, dass Zurbriggen nachträglich disqualifiziert wurde. Bei der Materialprüfung wurde eine zu hohe Bindungsplatte festgestellt. Somit lautet das niederschmetternde Ergebnis, dass es kein Schweizer wenigstens unter die Top 15 geschafft hat und Küng als Achtzehnter, Janka als Fünfundzwanzigster sowie Dèfago noch einen Rang dahinter ein desolates Bild in der WM-Chronik abgeben werden.

Österreicher vom Podest geschubst

Erschütternder ist es eigentlich nur noch für die WM-Gastgeber, bei denen sich bereits leichte Nervosität breit macht. Die Österreicher warten auch nach dem zweiten Rennen auf eine Medaille. Das gab es für die erfolgsverwöhnte Skination zuletzt 1996 in der Sierra Nevada.

24‘000 Zuschauer an der Planai erlebten, wie Hannes Reichelt (0,55 Sekunden Rückstand auf den Sieger) und Matthias Mayer (0,95) von Bronzemdaillegewinner Aksel Lund Svindal noch vom Podest geschubst wurden. Statt Silber und Bronze blieben, wie die Österreicher sagen, nur «Blech» und «Leder».

«Vierter Platz bei der WM st halt bitter», sagte Hannes Reichelt. Die österreichische Speed-Abteilung fährt seit 2003 und Abfahrts-Gold für Michael Walchhofer einem Sieg hinterher.   

Einen Tag nach dem unter fragwürdigen Umständen duchgepeitschten Super G der Frauen waren die äusseren Bedingungen für die Männer in Ordnung. Auf einer schwer zu fahrenden Piste allerdings, bei schwierigen Schnee- und Sichtverhältnissen und einem selektiven Kurs mit vielen künstlichen Wellen und Übergängen.

Das kleine Wunder des Gauthier de Tessieres

So ist es kein Wunder, dass zwei eigentliche Riesenslalomspezialisten im Klassement ganz oben stehen. Die eine Überraschung war der Franzose Gauthier De Tessières, der das Wochenende noch frustriert daheim in Alpe d‘Huez verbracht hatte, erst im letzten Augenblick für den verletzten Johan Clarey ins Super-G-Aufgebot gerutscht war und unbeschwert zu Silber fuhr.

Ein achter Platz in dieser Disziplin war bisher die beste Platzierung des 31-jährigen Franzosen gewesen, der vor fünf Jahren das erste und einzige Mal auf ein Riesenslalom-Podest gefahren war. Dementsprechend gross war die Verblüffung bei dem Flachland-Franzosen aus Clermont-Ferrand: «Mein Trainer hat mir gesagt, es sei ein Hang für Riesenslalomfahrer. Und genau so war es. Das Schicksal hat es gut gemeint mit mir.»

Ted Ligety düpiert die Spezialisten

Wie so oft bei grossen Titelkämpfen räumte einer Gold ab, den niemand auf der Rechnung gehabt hatte. Auf einem von einem norwegischen Trainer gesetzten Kurs, der den technisch starken Fahrern in die Karten spielte, gewann der US-Amerikaner Ted Ligety. Er ist ein ausgewiesener Riesenslalom- und Slalomspezialist, der den Riesentorlauf mit vier Siegen in fünf Saisonrennen nach Belieben dominiert hat.

im Super G wies der 28-jährige Theodore Sharp Ligety bisher einen zweiten Weltcup-Platz aus, liess diesen Winter mit zwei vierten Plätzen in dieser Disziplin allerdings aufhorchen. Einen Tag nach der schweren Verletzung von Lindsey Vonn und dem Schock für das US-Team war Ligetys fehlerfreie Fahrt Balsam: «Awesome! Der Sieg kommt definitiv unerwartet», sagte der Ski-Akrobat aus Salt Lake City, «aber ich wusste, dass ich auf diesem Hang eine Chance habe. Ich habe versucht, nicht zu viel zu rutschen und auf Linie zu bleiben. Das war nicht leicht, aber der Schlüssel.»

Jansrud erleidet Kreuzbandriss

20 Hundertstel lag Ligety vor De Tessières, knapp gefolgt von Svindal, der nach 2009 sein zweites WM-Bronze holte und damit die Familienbilanz dieser Titelkämpfe anreicherte: Seine Lebensgefährtin Julia Mancuso hatte am Dienstag Platz 3 bei den Frauen belegt. Für den grossen Favoriten (drei Siege in vier Super-G) kommt nun die Abfahrt, wo er mit einem fünften WM-Gold in der ewigen WM-Bestenliste an Pirmin Zurbriggen und Marc Girardelli vorbei- und mit Ingemar Stenmark gleichziehen kann.

Das norwegische Speed-Team wurde in Schladming dezimiert: Kjetil Jansrud erlitt bei seinem Sturz einen Kreuzbandriss im linken Knie. Er ist das zweite prominente Opfer dieser Weltmeisterschaft.

Die Ergebnisliste

Die Disziplin Super G wird bei Weltmeisterschaften seit 1987 ausgefahren
Super G der Männer an der WM seit 1987
Jahr Ort Gold Silber Bronze
1987 Crans-Montana/Sui Pirmin Zurbriggen/Sui Marc Girardelli/Lux Markus Wasmeier/Ger
1989 Vail/USA Martin Hangl/Sui Pirmin Zurbriggen/Sui Tomaz Cizman/Jug
1991 Saalbach-Hinterklemm/Aut Stephan Eberharter/Aut Kjetil Andre Aamodt/Nor Franck Piccard/Fra
1993 Morioka Shizukuishi/Jap aus Witterungsgründen ersatzlos gestrichen
1996 Sierra Nevada/Spa Atle Skaardal/Nor Patrik Jaerbyn/Swe Kjetil Andre Aamodt/Nor
1997 Sestriere/Ita Atle Skaardal/Nor Lasse Kjus/Nor Günther Mader/Aut
1999 Vail/Beaver Creek/USA Lasse Kjus/Nor und
Hermann Maier/Aut
Hans Knauss/Aut
2001 St. Anton/Aut Daron Rahlves/USA Stephan Eberharter/Aut Hermann Maier/Aut
2003 St. Moritz/Sui Stephan Eberharter/Aut Bode Miller/USA Hermann Maier/Aut
2005 Bormio/Ita Bode Miller/USA Michael Walchhofer/Aut Benjamin Raich/Aut
2007 Are/Nor Patrick Staudacher/Ita Fritz Strobl/Aut Bruno Kernen/Sui
2009 Val d‘Isère/Fra Didier Cuche/Sui Peter Fill/Ita Aksel Lund Svindal/Nor
2011 Garmisch-Partenkirchen/Ger Christof Innerhofer/Ita Hannes Reichelt/Aut Ivica Kostelic/Kro
2013 Schladming/Aut Ted Ligety/USA Gauthier De Tessières/Fra Aksel Lund Svindal/Nor

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