Die Rückkehr nach Wimbledon

Federer habe bei der Auslosung für Wimbledon ein schweres Los erwischt, kommentierten die Medien vor einigen Tagen. Der Tennisprofi lässt sich davon nicht beunruhigen.

Roger Federer muss sich strecken. (Bild: Keystone/Gerry Penny)

Federer habe bei der Auslosung für Wimbledon ein schweres Los erwischt, kommentierten die Medien vor einigen Tagen. Der Tennisprofi lässt sich davon nicht beunruhigen.

Als am Freitagmorgen im All England Lawn Tennis Club die Lose für das Championat gezogen waren, erhob sich in den einschlägigen sozialen Netzwerken und in Branchenkreisen ein gewaltiges Rauschen – ein Aufbrausen von Ansichten, Meinungen und Vorhersagen.

Schnell war von einem Horror-Szenario für Roger Federer die Rede, von einem Turnier mit ungezählten Stolperfallen. Doch für einen Mann, dem vermeintlich Schlimmes drohte bei den Offenen Englischen Meisterschaften des Jahres 2013, zusammen in einer Hälfte mit den Herrschaften Andy Murray und Rafael Nadal, wirkte dieser Federer recht entspannt und gelassen am Vortag des Wettbewerbsstarts – völlig ruhig im Auge des Grand Slam-Sturms. Morgen Montag startet Federer gegen Victor Hanescu ins Turnier

«Ich habe hier schon alles erlebt. Schwere Auslosungen, schwere Wege zum Sieg. Die katastrophalsten Prognosen», sagte Federer, «wie sollte ich mich da noch aufregen. Ich bin gewohnt, die Dinge so zu nehmen, wie sie kommen.»

Federer lässt sich nicht beunruhigen

Aufgesetzt wirkt dieser Gleichmut keineswegs bei dem Mann, der Wimbledon in diesen modernen Tenniszeiten wie kein zweiter beherrscht hat und sieben Mal die Siegestrophäe auf dem ehrwürdigen Centre Court in die Höhe stemmen durfte – auch letztes Jahr, als die sogenannten Experten und Tennis-Sterndeuter keinen Penny auf eine Siegkampagne des Eidgenossen gesetzt hatten.

Mehr als anderswo noch im Wanderzirkus lässt Federer kalt, was ihm von Medien oder Fachleuten zugetraut wird und welche Erwartung auch die Kollegen von ihm haben – der inzwischen 31-jährige Professional hat stets gut daran getan, auf sich selbst zu hören, nur sich selbst zu vertrauen und in seinem eigenen Wimbledon-Rhythmus zu operieren.

Dazu gehört auch, erst einmal das Naheliegende zu erledigen und sich nicht mit Rivalen zu beschäftigen, die ihm erst in anderthalb Wochen begegnen könnten – ein Nadal also, der mögliche Viertelfinal-Gegner.

Federer hat viel mehr Spass daran, sich über die Rückkehr nach Wimbledon zu freuen – und damit an jene Stätte, an der vor zehn Jahren seine Karriere einen wegweisenden Impuls erhielt. Eine Beschleunigung durch den ersten Grand Slam-Triumph, eine Selbstvergewisserung, dass sich das ihm zugeschriebene Supertalent auch in grosse Siege verwandeln lässt.

«Es ist immer ein Gänsehaut-Moment, wenn man durchs Tor des All England Club geht»

«An diese Momente, an Wimbledon 2003, denke ich mit grosser Dankbarkeit zurück. Und damals ist auch diese besondere Beziehung zu Wimbledon entstanden», sagt Federer, «für mich ist es kein Turnier wie jedes andere in der Saison. Es ist immer ein Gänsehaut-Moment, wenn man wieder durchs Tor des All England Club geht. Das wird nie eine Selbstverständlichkeit sein, und zwar auch dann noch, wenn ich einmal kein Tennis mehr spiele.»

Genau so wenig trifft das auch auf die Turniereröffnung am Montag durch den Champion des Vorjahres zu, eben Roger Federer, Titel-Held 2012 gegen Lokalmatador Andy Murray. Der Rumäne Vistor Hanescu wird dann auf dem Centre Court sein Gegner sein, der erste in diesem aussergewöhnlichen Turnierjahr 2013.

Von den Zwängen und Pflichten im Tenniskosmos enthoben

Federer hat in Wimbledon schon betont, dass auf der Zielgeraden seiner denkwürdigen Karriere auch ein gewisser Spassfaktor wichtig für ihn geworden sei – dazu gehörten eine unkonventionellere Turnierplanung und auch gelegentlich längere Pausen vom Alltagsgeschäft der Tour.

So wird man ihn wohl mehr denn je als freischwebenden Künstler erleben, als Spieler, der sich den tausend kleinen Zwängen und Pflichten im Tenniskosmos verdientermassen enthoben sieht.

Die neue Lockerheit soll freilich nicht auf Kosten der Seriosität gehen, «ganz bestimmt nicht», sagt Federer, «ich möchte nur ganz einfach noch mehr das tun, von dem ich glaube, dass es gut für mich ist.» So wie er es in Wimbledon schon viele Erfolgsjahre getan hat.

 

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